Fußball:In der Premier League sind die Trainer die Stars

Premier League - Chelsea v Wolverhampton Wanderers

Zugang im großen Trainertheater der Premier League: Thomas Tuchel.

(Foto: Pool via REUTERS)

In England kommt es zu einer interessanten Rollenverschiebung: Coaches wie Jürgen Klopp und Thomas Tuchel stehen immer mehr im Fokus, ihre Spieler sind nun nurmehr die Sternchen.

Kommentar von Klaus Hoeltzenbein

Als Felix Magath noch beim FC Bayern war, vertrat er die These, dass die Autorität der Trainer unbedingt gestärkt werden müsse. Und dazu gebe es nur einen Weg: Sie sollten besser verdienen als der Teuerste ihrer teuren Stars. Jetzt, mehr als ein turbo-kapitalistisches Jahrzehnt später, würde sich Magath, 67, beim Inselfußball wie im Paradies fühlen, denn auch er hätte Teil einer explosiven Entwicklung sein können. Er war nur einfach zu früh dort: Er war ein Pionier, der erste deutsche Trainer in der Premier League, doch er coachte den ruhmreichen FC Fulham 2014 in den Abstieg.

Für einen wie den knorrigen Magath hätten sie ganz sicher noch eine Rolle frei in der größten Seifenoper des Weltsports, die immer mehr Fahrt aufnimmt. Die Stars sind in der Premier League heute die Trainer, die Spieler sind nur noch die Sternchen, die nach deren Pfeife tanzen. Magaths Charakterprofil dürfte dennoch kaum zu kopieren sein, als Felix, der Quälix, könnte er in der neuen Cyberwelt nach altdeutscher Sitte noch einmal seine Medizinbälle aus dem Schrank rollen lassen. Und wenn der Quälix dann auch wieder auf dem Rad unterwegs wäre, wie damals in Fulham, wäre der Kontrast geschärft zu einem wie Jose Mourinho, diesem George-Clooney-Adepten, der London gerne mal im Jaguar Coupe oder im Bentley durchkreuzt.

In all der Hektik wurde in Chelsea die Etikette gewahrt

Mourinho ist selbsternannt "The Special One" in dieser Serie. Jürgen Klopp nahm 2015 diesen Ball auf. Als er beim FC Liverpool andockte, reizte er den Platzhirsch allein dadurch, dass er sich als "The Normal One" einführte. Am Donnerstag enttäuschten die beiden die Erwartungen ihres Publikums, als sie in Tottenham mit Handschlag auseinandergingen, ohne ein einziges vergiftetes Wort zu hinterlassen. Was sicher daran lag, dass Klopp dort 3:1 und endlich wieder mal gewonnen hat. Auf der Insel gilt Klopp als Prinz Charming, aber auch als schlechter, zähnefletschender Verlierer, sobald es nicht in seinem Sinne läuft.

Klopp und Mourinho hatten ein sicheres Gespür dafür, dass dies nicht ihre Woche war. Auch nicht jene von Pep Guardiola oder Carlo Ancelotti. Beide sind derzeit in Nebenrollen geparkt, weil sie sich weiter im Norden, in Manchester und beim Liverpooler Fußballverein FC Everton, leise und unaufgeregt dem fachlichen Fortschritt widmen. Alle Aufmerksamkeit gehörte einem Quereinsteiger, der in Windeseile vom FC Chelsea installiert worden war. Am Montag wurde der hauseigene Ziehsohn Frank Lampard entlassen; am Dienstag Thomas Tuchel eingeflogen, den sie bei Paris Saint-Germain rausgeworfen hatten - an Heiligabend. Und am Mittwoch schon coachte der Deutsche dieses unspektakuläre Nullnull gegen Wolverhampton. "Stillos", nannte nicht nur Michel Owen das Prozedere, Englands Alt-Internationale sind auf den Barrikaden und solidarisieren sich mit Lampard. An Tuchel übermittelten sie die Warnung, dass am Hofe der Marina noch kein Trainer alt geworden sei.

Doch die Etikette wurde in all der Hektik gewahrt, es gab ein nettes Schreiben, gezeichnet von Marina und Roman. Roman Abramowitsch ist Oligarch und Eigentümer des FC Chelsea; Marina Granovskaia, die in Englands Trainer-Saga als "Zarin" und "Iron Lady" in einer Hauptrolle wirkt, ist lange schon seine Statthalterin im Klub. Einst habe die Eiserne, so heißt es, in Moskau Musik und Tanz studiert. Dem beim Volke beliebten Lampard wünschten Marina und Roman zum Abschied nur das Beste: Frank bleibe auf ewig eine Ikone des Vereins und sei allzeit herzlichst willkommen.

Auch Felix Magath hat jüngst einen Trainer geschasst. Er hat heute einen tollen Titel, der absolut Premier-League-tauglich wäre, er darf sich "Head of Flyeralarm Global Soccer" nennen, aber es ist halt Würzburg, zweite Liga, Tabellenende. Auf die Frage, warum es zum Rauswurf kam, zischte Magath: "Der Trainer kann weiter in Ruhe arbeiten - nur halt woanders. Wo ist das Problem?"

Vielleicht hätte er doch noch etwas länger in London aushalten sollen. Von der Lady hätte er lernen können, wie man mit ausgesuchter Höflichkeit entlässt.

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