TTBL:Werbung in eigener Sache

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"Ich bin tief beeindruckt von dieser Leistung": Bastian Steger legte an Position eins den Grundstein zum Sieg über Grenzau. (Foto: Joerg Niebergall/imago)

Zum 3:1-Sieg des Tischtennis-Erstligisten Bad Königshofen kommen deutlich weniger Zuschauer als früher in die Halle. Manager Albert glaubt, dass viel getan werden müsse für eine Rückkehr der Fans - und fängt gleich mal an damit.

Von Andreas Liebmann

Vor Jahren schon hatte sich Andreas Albert vom Gegenteil überzeugt, ansonsten müsste sich der Manager des Tischtennis-Erstligisten TSV Bad Königshofen nun große Sorgen machen. Es stellt sich ja seit der Corona-Pandemie überall die Frage: Werden jene Zuschauer, die während der Lockdowns und danach ausgesperrt waren von den Sportstätten, bald wieder so zahlreich und selbstverständlich die Hallen und Stadien aufsuchen wie früher? Oder haben sie in dieser Zeit etwa bemerkt, wie praktisch es sein kann, seinen Lieblingssport als Livestream ins eigene Wohnzimmer zu holen?

Die Tischtennis-Bundesliga (TTBL) hat es schon lange zur Pflicht erhoben, dass jedes ihrer Mitglieder seine Heimspiele im Internet überträgt, doch Alberts Klub hatte das sogar schon vor seinem TTBL-Aufstieg im Jahr 2017 so gehandhabt, aus freien Stücken: Als erster Zweitligist streamten die Unterfranken ihre Spiele. Durchaus ein Wagnis: "Wir hatten die Sorge, dass uns das in der Halle Zuschauer kosten könnte", gab Albert später zu, "aber das Gegenteil war der Fall." Es gab eine Wechselwirkung. Die Streams halfen dabei, Fans zu finden, die dann auch in die Halle wollten.

Und deshalb ist es auch gar kein großes Problem, dass der umtriebige Manager höchstselbst am vergangenen Sonntag gemeinsam mit Hans Steger die Partie gegen Grenzau an den Mikrofonen begleitete. Zum zweiten Mal in der Vereinsgeschichte war das Duo für die eigentlich vorgesehenen Kommentatoren eingesprungen, und den beiden zuzuhören, könnte tatsächlich ein guter Grund dafür sein, an einem Spieltag lieber mal daheimzubleiben und dort den Live-Kommentaren zu lauschen.

3:1 gewann Bad Königshofen, das sollte man vorausschicken, es waren enorm wichtige Punkte in der so ausgeglichenen Liga, in der der TSV nun mit einer Bilanz von 6:6 solide im Mittelfeld steht. Steger und Albert jedenfalls machen keine große Show als TV-Aushilfen, sie geraten nicht völlig aus dem Häuschen, obwohl sie in ihren Herzen natürlich befangen sind. Und schon gar nicht spielen sie Waldorf und Statler, die Nörgel-Opas vom Muppet-Show-Balkon. Eigentlich sind sie sehr unaufgeregt. Das Lohnende an ihnen: Hans Steger ist als Vater des Routiniers Bastian Steger schon immer auch dessen Trainer gewesen, ob in offizieller Mission oder eben kraft seiner Vaterrolle. Und Albert kennt das Königshöfer Eigengewächs Kilian Ort, 25, dessen ganzes Leben lang, er hat schon mit Orts Vater Josef gemeinsam in der Jugend gespielt. Mehr Insider-Wissen geht kaum.

Und so sprach also Albert, der Manager, während sich Kilian Ort beim Stand von 6:3 und 1:0-Satzführung gegen Wu Jiaji gerade für seinen Aufschlag positionierte, ganz locker folgende Worte: "Dreimal darfst du raten: Was kommt jetzt?" Und gab die Antwort selbst: "Rückhand - schnell!" Und Kilian Ort setzte tatsächlich einen schnellen Rückhand-Überraschungsaufschlag an die Grundlinie, der seinen Gegner weit mehr verblüffte als Albert. "Ich kenne den Kilian von klein auf", fügte Albert an Steger gerichtet hinzu, "ich fühle mit ihm ähnlich wie du mit deinem Sohn."

Nach dem Sieg gegen Patrick Baum ist Hans Steger "tief beeindruckt" von der Leistung seines Sohnes Bastian

Bastian Steger hatte an Position eins den Grundstein gelegt zum Sieg, gegen den aus Frankreich nach Grenzau zurückgekehrten Patrick Baum. 7:11, 11:8, 5:11, 11:7, 11:9 setzte er sich durch, im zweiten Satz hatte er bereits 5:8 zurückgelegen. Es sei schön, Baum wieder in Deutschland spielen zu sehen, befand Albert, der die Partie als "Werbung für unseren Sport" einstufte. Und Hans Steger betonte, wie gut sich beide kennen, die ehemaligen Doppelpartner und Kollegen im Nationalteam. Baum, 34, war mal Junioren-Weltmeister und gewann fünf Europameistertitel mit dem DTTB-Team, einen mehr als der sechs Jahre ältere Steger. Im Einzel holte er zweimal EM-Silber. Es hatte dann also durchaus etwas zu bedeuten, als Hans Steger nach dem knappen Sieg seines Sohnes sagte, er habe eigentlich Patrick Baum favorisiert. "Ich bin tief beeindruckt von dieser Leistung."

Grenzau glich dann aus, weil Cristian Pletea für die Gäste nach 1:2-Satzrückstand etwas abgebrühter war als Bad Königshofens 19-jähriger Zugang Maksim Grebnev. Trotzdem habe der Russe das Publikum begeistert mit seinem Kampfgeist und "Wahnsinnsballwechseln", lobte Albert, während Pletea viel versuchte, um den Teenager aus dem Rhythmus zu bringen, und sich so am Ende auch mit den Fans anlegte.

Knapp 300 Zuschauer waren gekommen, viel weniger als früher. Albert ist fest davon überzeugt, dass man die Fans erst wieder gewinnen und umwerben müsse, "wir müssen sie abholen, ihnen auch die Angst nehmen. Sie müssen die Bilder aus der Halle sehen, um zu wissen, dass es sicher ist", sagte er, "viele wissen gar nicht, dass jetzt wieder tausend kommen dürften".

Bastian Steger setzte gegen Grenzau den Schlusspunkt mit einem Sieg in drei umkämpften Sätzen gegen Pletea, zuvor hatte Ort den 26-jährigen Wu, einen gebürtigen Chinesen, der für die Dominikanische Republik antritt, mit 11:4, 11:3, 11:6 förmlich überrollt. Kurz vor dem vorhergesagten Aufschlag hatte Ort Wu auf spektakuläre Art ausplatziert. Die Fans in der Halle johlten; die daheim hörten Albert rufen: "Sagenhaft! Das war die Rückhand seines Vaters Josef Ort - der schlägt die genauso."

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