TSV 1860 München:Verdammt, sie trifft nicht

SG Sonnenhof Grossaspach v TSV 1860 Muenchen - 3. Liga

An Sascha Mölders lag es nicht. Er war engagiert beim 0:1 gegen Münster.

(Foto: Christian Kaspar-Bartke/Getty)

Die Mannschaft des TSV 1860 spielt gegen Preußen Münster so inkonsequent, als glaube sie, es gehe um nichts mehr.

Von Philipp Schneider

Wer zu spät kommt, kann sich nur noch erkundigen. Wo denn die skandalumtosten investorenkritischen T-Shirts wohl zu erhalten wären? Och, sagt der freundliche Mann, der einem gerade den Flyer in die Hand gedrückt hat mit der Aufschrift "Sechzig im Sechzger". Die Shirts seien schnell weg gewesen. Es habe ja nur 100 Exemplare gegeben und diese seien auch noch verschenkt worden. "Nach 60 Sekunden war keins mehr zu bekommen." Wenn Sechzig-Fans die Zahl 60 in den Mund nehmen, ist stets Skepsis angeraten. Echte Löwen machen gerne alles mögliche, um sich der Zahl anzunähern. Ein Fußballspiel wird aus ihrer Sicht dann nicht um 19 Uhr angepfiffen, sondern um 18.60 Uhr. Und in manchen Kneipen bestellen Löwen exakt sechs Bier, weil sie wissen, dass der Kellner dann 18,60 Euro kassieren möchte.

Die Shirts mit der Aufschrift "Verdammt, ich lieb' dich" auf einem Sechzig-Wappen - und "ich lieb' dich nicht" auf einem durchgestrichenen Gesicht von Investor Hasan Ismaik, über die vor der Partie gegen Preußen Münster viel diskutiert worden war, waren vor dem Anpfiff in jedem Fall vergriffen. Dafür fand die Kampagne rund um den Liedtext des Barden Matthias Reim ihre Fortsetzung auf neuen Plakaten, die nun im Sechzgerstadion hochgehalten wurden: "Verdammt, ich brauch' dich nicht" stand nun also als gesangstechnisch schlüssige Fortschreibung neben dem durchgestrichenen Gesicht des Investoren-Aufsichtsrats Saki Stimoniaris, der sich zuletzt vergeblich um das Amt als Löwenpräsident beworben hatte.

Warum all dies relevant ist?

Weil sich bei 1860 der Sport traditionell nicht von der Politik trennen lässt. Weil sich manche Sportler von den Politikern gestört fühlen. "Gerade in der ersten Halbzeit, wo die Mannschaft Unterstützung braucht, wird hier wieder alles andere gesungen", sagte Trainer Daniel Bierofka im Bayerischen Fernsehen, "es ist einfach momentan nicht gut, was hier passiert, es ist viel zu viel Politik." Und weil ja nach der trostlosen Vorstellung von Bierofkas Mannschaft beim 0:1 gegen Münster am Samstag an der einen oder anderen Stelle schon wieder Rufe nach kostspieligen Verstärkungen laut werden, die im Sommer mithilfe von Geldern des Investors getätigt werden sollen - was das Präsidium um Robert Reisinger bislang an äußerst strenge Bedingungen knüpft.

Bierofka saß nach dieser Partie auf einem Stuhl im kleinen Presseraum. Und während Münsters Trainer Marco Antwerpen gerade darüber referierte, wie glücklich er sei über das Ergebnis, das nach einem Eckball von Martin Kobylanski zustande gekommen war, den Rene Klingenburg in der 30. Minute ins Tor umgelenkt hatte, starrte Bierofka geradeaus. Aus drei Gründen war er offensichtlich nicht gerade erheitert über die Partie, die sich vor seinen Augen zugetragen hatte. Es war erstens schon die zweite Niederlage in Serie nach dem 0:1 gegen Großaspach in der Vorwoche. Zweitens hätte seine Mannschaft in der 76. Minute einen Elfmeter erhalten müssen, nachdem ein Kopfball von Herbert Paul gegen den erhobenen Arm von Münsters Sandrino Braun gesprungen war. "Das war ein klarer Handelfmeter, da ist der Arm da, wo er nichts zu suchen hat, da hab' ich schon ganz andere Elfmeter gesehen, das ist ein ganz klarer Elfmeter, fertig", sagte Bierofka. Drittens hatte seine Mannschaft gespielt wie ein Team, das glaubt, dass es in dieser Drittliga-Saison nicht mehr um viel geht.

Das sagt Bierofka zwar nicht, aber es klang an in seiner Kritik, er könne "dieselbe Platte wie nach dem Spiel in Großaspach auflegen". Die Platte spielte folgendes Lied: "Wir sind vorne viel zu inkonsequent. Wir müssen mal ein Tor schießen. Es ist mir scheißegal, wie der Ball reingeht. Da muss ich den Jungs schon ein bisschen in den Arsch treten. Ich muss den Ball so schießen, dass er auch reingeht." Sieben Punkte Vorsprung auf die Abstiegsplätze hat Sechzig bei fünf ausstehenden Partien. Es kann doch noch mal eng werden.

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