TSV 1860 München:Explosives Gemisch

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Die letzte sportliche Darbietung in einem einseitigen Spiel: An Sechzigs Torwart Marco Hiller fliegt Maximilian Wolframs Schuss zum 4:0 vorbei. (Foto: Matthias Koch/imago)

Nach dem 0:4 des TSV 1860 München beim Drittliga-Finale in Jena nutzt Geschäftsführer Günther Gorenzel die öffentliche Bühne für einen finsteren Ausblick auf die kommende Saison.

Von Philipp Schneider

Über dieses Spiel, das letzte einer Drittliga-Saison, die sich 38 Partien lang gezogen hat, müssten nicht viele Worte verloren werden. Auch gegen Carl Zeiss Jena darf ein Klub mal 0:4 verlieren, wenn er dort mit dem letzten Aufgebot antritt, einer aus der Not geborenen Truppe, für die es zudem sportlich um nichts mehr geht. Daniel Bierofka, Trainer des TSV 1860 München, schickte am Samstag Weeger, Weber, Mauersberger, Köppel, Ziereis und Böhnlein für Paul, Belkahia, Wein, Lorenz, Kindsvater und Mölders auf den Rasen. Aber diese Spieler, das sagte Sport-Geschäftsführer Günther Gorenzel, seien mit der Situation "psychisch überfordert" gewesen. "Wie wir die Tore bekommen haben, hat nichts mit taktischen Dingen zu tun. Die Spieler waren nicht in der Lage, sich zu fokussieren." Er dachte da vor allem an die überaus hässlichen Begleitumstände dieses Spiels.

Die Meldungen, für die einige Chaoten im Münchner Block sorgten, waren in der Tat besorgniserregender als jene, die die Fußballer hervorbrachten. Sie zündeten Pyrotechnik und Bengalos, zudem beschossen sich Vermummte aus beiden Blöcken mit Feuerwerkskörpern. Schon im Vorfeld der Partie war es zu heftigen Ausschreitungen von Anhängern Jenas gekommen. Auf dem Weg zum Stadion wurde die Scheibe eines Polizeifahrzeugs eingeworfen, wurden Gegenstände entwendet und Polizisten angegriffen. Anschließend durchbrachen etwa 500 so genannte Problemfans die Polizeikette. Polizisten wurden mit Steinen, Flaschen und Einsatzgittern beworfen, es mussten Pfefferspray und Wasserwerfer eingesetzt werden. 13 Polizeibeamte wurden leicht verletzt. Ein Polizist musste ins Krankenhaus gebracht werden, er ist laut Mitteilung der Landespolizeidirektion Jena nicht mehr dienstfähig. Es laufen Ermittlungen wegen Landfriedensbruch und gefährlicher Körperverletzung, 22 Anzeigen wurden aufgenommen. Kaum auszudenken, hätte 1860 den Klassenverbleib nicht schon am Spieltag zuvor geschafft und hätte nun beim Chaos-Spiel in Jena noch gewinnen müssen. "Die Mannschaft musste eine halbe Stunde warten, bis sie ins Stadion fahren konnte. Das war ein Kopfproblem. Ich weiß, was die Spieler leisten und unter normalen Bedingungen abliefern können", sagte Gorenzel.

"Drei Torhüter. 14 Erfahrene. Drei bis vier Perspektivspieler."

Ansonsten nutzte der Geschäftsführer die letzte große öffentliche Bühne der Saison, um einen finsteren Ausblick auf die kommende zu geben. Bekanntlich hat das Präsidium um Robert Reisinger, das Ende Juni auf einer Mitgliederversammlung für eine weitere Amtszeit mandatiert werden möchte, im Winter einen Konsolidierungskurs ausgerufen, der mit einem auf drei Millionen Euro reduzierten Etat für die Mannschaft kalkuliert. Diese Summe allein sei gar nicht das Problem, argumentierte nun Gorenzel. Das Problem sei vielmehr, dass Sechzig noch im vorigen Jahr Verträge mit Spielern abgeschlossen habe, als noch mit Gesellschaftermitteln Hasan Ismaiks kalkuliert wurde. Die Vereinbarungen seien "unter anderen Bedingungen abgeschlossen" worden. "Das macht das Gemisch so explosiv. Es gibt derzeit keinen Spielraum für Neuzugänge, eher müssen noch Spieler abgegeben werden, um den vorgegeben Etat einhalten zu können."

Trainer Bierofka hatte zuletzt vorgerechnet, wie sich die Mannschaft beim Trainingsauftakt zusammensetzen wird. "Drei Torhüter. 14 erfahrene Spieler. Drei bis vier Perspektivspieler." Um überhaupt zwei Innenverteidiger im Kader zu haben, überlege er derzeit, noch einen aus der U21 zu den Profis zu befördern. Mit nur einem werde die kommende Saison "extrem schwierig".

© SZ vom 20.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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