TSV 1860 MünchenDie großen Jahre sind lange her

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Feine Choreo, aber keine Münchner Punkte: Philipp Maier vom TSV 1860 München und Essens Tom Moustier im Zweikampf.
Feine Choreo, aber keine Münchner Punkte: Philipp Maier vom TSV 1860 München und Essens Tom Moustier im Zweikampf. (Foto: Heike Feiner/Eibner/Imago)

Das Heimspiel des TSV 1860 München gegen Rot-Weiss Essen steht im Zeichen der verstorbenen Trainer-Legende Werner Lorant. Die 1:3-Niederlage der Löwen offenbart viele ungeklärte Fragen – auch was den aktuellen Coach betrifft.

Von Christoph Leischwitz

Wichtig ist letztlich immer nur, was auf der Anzeigetafel zu sehen ist, und das war diesmal nicht das Ergebnis, zumindest nicht für die Heimmannschaft. Kurz nach der 60. Spielminute hob ein Fan des TSV 1860 München das Konterfei von Werner Lorant nach oben. Im Stadion trugen die Vereinsfunktionäre sowie die Spieler beim Aufwärmen Lorant-T-Shirts mit dem Spruch „Eine Legende für die Ewigkeit“, oben verdeckte jetzt also der langjährige Erfolgstrainer der Löwen die legendäre Stadionuhr. In gewisser Weise stand in diesem Moment kurz die Zeit still, weil Lorant am Ostersonntag verstorben war.

Eine halbe Stunde später feierten sie auf der anderen Seite des Stadions den Ligaverbleib. Unter „Heim“ stand eine „1“, unter „Gast“ eine „3“, Rot-Weiss Essen hatte verdient gewonnen und folgt damit den Sechzigern in eine gesicherte Drittliga-Zukunft. Die Fans der Gastgeber hatten zudem eine Lorant-Choreographie vorbereitet, einige seiner Sprüche wie „Der Schiri kann froh sein, dass ich ihm keine geschmiert habe“ waren ebenfalls zu lesen.

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Bezüglich der Gegenwart ist bei Sechzig alles klar, offen ist an diesem 36. Spieltag nur noch der genaue Tabellenplatz (alles zwischen Rang sechs und zwölf erscheint noch möglich). Und so verstärkte die Zeitreise zurück in glorreiche Löwen-Tage den Eindruck, dass die Sechziger immer ein kleines Problem mit der Zukunft haben. Denn es sind immer noch entscheidende Personalfragen offen. Dass möglicherweise schon getroffene Entscheidungen nicht kommuniziert werden, legt nahe, und sieht dem Verein ziemlich ähnlich, dass man mit schlechten Nachrichten nicht so gerne herausrückt.

Essens Trainer Uwe Koschinat bescheinigte seinem Sechzig-Kollegen Patrick Glöckner, alles bei den Münchnern „auf links gedreht“ zu haben, es sei hier jetzt „eine ganz andere Art des Fußballs zu sehen“. München eigne sich darüber hinaus „sehr, sehr gut, hier einen schönen Abschluss zu haben“, deshalb bleibe die Mannschaft jetzt noch, um das erreichte Saisonziel zu feiern. Viele Löwen-Fans dürften hoffen, dass Glöckner das mit dem schönen Abschluss in München anders sieht. Also noch bleibt.

Zwar hatte Glöckner in der Pressekonferenz vor dem Essen-Spiel auf die Frage geantwortet, wann denn nun die Entscheidung zu seinem Verbleib fällt: „Je schneller, desto besser.“ Und durchscheinen lassen, dass er in der kommenden Saison durchaus in München bleiben könnte. Doch je länger die Bekanntmachung auf sich warten lässt, umso wahrscheinlicher wird es, dass der 48-Jährige, der sehr souverän den Ligaverbleib sicherte, nach nur einem halben Jahr schon wieder geht.

Aus dem Gerücht um Torwart Hiller wird allmählich Gewissheit, dass der Publikumsliebling nach 17 Jahren den Verein verlassen könnte

Diesmal musste der seit Langem erfolgreichste Trainer eingestehen, dass sein Team verdient verloren hatte. „Wir waren nicht griffig in den Zweikämpfen“, sagte er, das Angriffsspiel habe „manchmal zu verkopft gewirkt“. Bei Sechzig war vor allem Julian Guttau, dessen Verbleib auch noch offen ist, ein verstärkter Tordrang anzumerken, aber auch er benötigte 43 Minuten bis zur ersten echten Chance. In der 65. Minute fiel das 0:1 durch Torben Müsel, der sich dabei verletzte. Der für ihn eingewechselte Kaito Mizuta erhöhte nur vier Minuten später auf 2:0 für Essen, und das war zu diesem Zeitpunkt aufgrund der zahlreichen Chancen hochverdient. Sechzigs Kapitän Jesper Verlaat verkürzte mit seinem ersten Saisontor, einem Kopfball nach einer von zahlreichen Eckbällen (78. Minute), doch Ramien Safi überholte den Innenverteidiger Sean Dulic nach einem Abschlag des eigenen Torwarts und schob ins kurze Eck zum Endstand ein (82.). Torwart Marco Hiller sah in dieser Situation nicht souverän aus.

Hiller – auch so eine Personalie. Aus dem Gerücht wird aufgrund hartnäckiger Medienberichte allmählich Gewissheit, dass der 28-jährige Publikumsliebling nach 17 Jahren den Verein verlassen könnte. Auch hier übt sich der Klub in vielsagender Nichtkommunikation. Als Tim Danhof auf den Torwart angesprochen wurde, den Danhof selbst einen „guten Kollegen“ nennt, ist es ironischerweise Felix Hiller, der eingreift und erklärt, dass es dazu keine Stellungnahmen geben wird. Hiller ist Multimedia-Beauftragter und Bruder des Keepers. Und so hatten die Spieler nach der Partie wenig zu sagen, außer, dass es darum gehe, in den verbleibenden beiden Partien in Verl und gegen Aue „das Maximum“ herausholen zu wollen. Philipp Maier merkte noch an, dass es sicher schön wäre, wenn Trainer Glöckner bliebe.

Vor dem Spiel hatte die aktive Fanszene einen Flohmarkt zugunsten eines Kinderhospizes organisiert. Ein Trikot mit der Sponsoren-Aufschrift „Doppeldusch“, also aus einer Zeit noch vor dem legendären Lorant, soll für 460 Euro ersteigert worden sein. Ein Trikot von Marco Hiller für 300 Euro. Letzteres könnte in ein paar Jahrzehnten im Löwenkosmos, als eines der letzten Hiller-Original-Löwen-Trikots, sehr, sehr viel mehr wert sein.

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