TSV 1860 München vor der Relegation:Die Oberen wollten Poschner nicht mehr

Schon vor der Winterpause wollten nach SZ-Informationen die Kluboberen den Kontrakt mit Poschner auflösen, doch dessen engster Vertrauter Noor Basha, Münchner Vertreter des arabischen Investors Hasan Ismaik, hielt weiterhin zum Sportchef. Auch weil Poschner der erste sportliche Verantwortliche bei Sechzig ist, der Basha zumindest das Gefühl gibt, er könnte ein Wörtchen mitreden beim Scouting neuer Spieler.

Poschners Vorgänger Florian Hinterberger reagierte dagegen ziemlich genervt, wenn Basha mit ausgedruckten Spielerbiografien von transfermarkt.de bei ihm im Büro erschien. Basha ist offenbar so eng mit Poschner verbandelt, dass er in seinen berüchtigten bedrohlichen Hashtags nur noch von "wir" spricht.

"Ifanyoneplaningoralreadyplannedtostopusweareablefinishhimwithinasecond!", schrieb Basha, warum auch immer, in der Nacht vor dem wichtigen Spiel in Karlsruhe bereits zum zweiten Mal auf Twitter: "Wenn irgendjemand plant oder schon geplant hat, uns aufzuhalten, können wir ihn in einer Sekunde vernichten." Nach harten Nächten wie dieser müht sich Basha stets tapfer, seine kuriosen Nachrichten mit haarsträubenden Geschichtskonstruktionen zu begründen. Es verwundert kaum, dass Mayrhofer die Drohung auf sich bezieht. Kürzlich traf er Poschner erneut, um ihn von einer Vertragsauflösung zu überzeugen - ohne Erfolg.

Es rächt sich nun auch, dass die Löwen Poschner nicht einfach als Sportdirektor, sondern als Sport-Geschäftsführer einstellten. Denn im komplizierten Konstrukt des TSV 1860 braucht es eine Mehrheit im Beirat der KGaA, um einen Geschäftsführer zu entlassen. Dort sitzen neben den Vereinsvertretern, Mayrhofer und Karl-Christian Bay, noch die Investorenvertreter - Basha und Hasan Ismaik selbst.

Basha wird einer Trennung von Poschner nach Stand der Dinge auch weiterhin nicht zustimmen - und Ismaik ist seit Wochen nicht mehr zu erreichen für das Präsidium des TSV 1860, nicht per Telefon, nicht per E-Mail. "Ich kann bestätigen, dass die Kommunikation zwischen den Gesellschaftern nicht stattfindet", sagte Finanz-Geschäftsführer Markus Rejek.

"Der e.V. muss etwas tun", erklärte Basha kurioserweise nach dem 0:2 beim Karlsruher SC, obwohl er genau wissen müsste, dass der e.V. ohne seine Zustimmung äußerst wenig tun kann. Auch Idol Karsten Wettberg, der "König von Giesing", der auch mal ein Vorstandsamt bei 1860 innehatte, hat festgestellt: "Da fallen Entscheidungen, die der Präsident nicht beeinflussen kann." Der frühere Spielervermittler Poschner trage "eindeutig die Hauptschuld" an der Misere: "Die Mannschaft ist völlig verkehrt zusammengestellt. Wir sind ja nicht das wirtschaftliche Schlusslicht der zweiten Liga, sondern im oberen Drittel gewesen."

Für viele Spieler, die in den verbliebenen zwei Relegationspartien Sechzigs Saison retten sollen, hatte Poschner zu Beginn der Saison keine Verwendung mehr gehabt. Anstelle von Daniel Adlung, einem der wenigen konstanten Leistungsträger, sollte Edu Bedia spielen, statt Yannick Stark Ilie Sanchez, anstelle von Christopher Schindler oder Gui Vallori - der gegen Nürnberg das 1:1 erzielte und danach noch mit Kreuzbandriss weiterspielte - Gary Kagelmacher.

Und der 18-jährige Julian Weigl wurde in einem wahnwitzigen Manöver erst zum Kapitän ernannt, dann wieder degradiert. Könnte man all den Verprellten verdenken, dass sie irritiert sind, wenn sich der Klub nicht von Poschner trennt? "Wir haben alle Augen im Kopf und sehen, was hier passiert", sagt einer der Profis. Und das Gesehene zu interpretieren, sei auch nicht so schwer: "Man muss bloß eins und eins zusammenzählen."

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