TSV 1860 München:Sechzig hat einen schlagkräftigen Plan

TSV 1860 München: Schrei der Erlösung: Löwe und Aushilfs-Stürmer Jesper Verlaat nach seinem Treffer zum 1:1.

Schrei der Erlösung: Löwe und Aushilfs-Stürmer Jesper Verlaat nach seinem Treffer zum 1:1.

(Foto: Robin Rudel/Sportfoto Rudel/Imago)

Die Löwen verpassen den alleinigen Drittliga-Startrekord, sind mit dem 1:1 bei Viktoria Köln und der Verteidigung der Tabellenführung aber zufrieden. Ihr spätes Ausgleichstor ist mehr als eine Willensleistung.

Von Markus Schäflein

Den Drittliga-Startrekord der Offenbacher Kickers aus der Saison 2010/11 hat der TSV 1860 München nicht eingestellt. Dazu wäre ein sechster Sieg in Serie nötig gewesen, das Spiel bei Viktoria Köln am Samstagnachmittag endete allerdings 1:1. Das ist eine schlechte Nachricht, aber nur für Statistiknerds. Und wer die vielen zufriedenen Löwen-Gesichter auf dem Platz und auf den Rängen sah nach dem späten Ausgleichtreffer von Jesper Verlaat und dem Schlusspfiff, der ahnte, dass unter Spielern und Fans des TSV 1860 nicht allzu viele Statistiknerds sind.

Sie sahen das Positive: ein Remis bei einem starken Gegner und die Verteidigung der Tabellenführung, einen Zähler vor Aufsteiger SV Elversberg, während die mutmaßlich ernsthaftere Konkurrenz um den Aufstieg mal wieder Punkte liegenließ. Und so strahlte auch 1860-Trainer Michael Köllner: "Wir haben gearbeitet, sind immer wieder drangewesen, und am Ende haben wir uns dann belohnt - zwar spät, aber noch rechtzeitig. 16 Punkte aus sechs Spielen sind eine Wahnsinns-Bilanz."

Der Kader der Viktoria sei für die dritte Liga "oberste Qualität", hatte Köllner vor der Partie angemerkt, und das war nicht bloß das übliche Starkreden des Gegners, sondern auch die Wahrheit. In der Anfangsphase kontrollierte Sechzig das Spiel noch und hatte die erste Chance durch einen Freistoß von Martin Kobylanski; Kölns Torwart Ben Voll parierte, den anschließenden Kopfball setzte Innenverteidiger Verlaat aus kurzer Distanz über das Tor (7.). Nach einer Viertelstunde begann die Viktoria allerdings, mit großem Engagement und spielerischen Mitteln enormen Druck aufzubauen. 1860-Keeper Marco Hiller rettete erst gegen Simon Handle (17.) und dann mit einem herausragenden Reflex gegen seinen Mitspieler Fabian Greilinger, der beim Klärungsversuch nach einer Flanke von Handle ansonsten ein wuchtiges Eigentor fabriziert hätte (20.).

Köln drückte und drückte. "Solche Phasen musst du überstehen", referierte der gesperrte 1860-Mittelfeldspieler Tim Rieder als Co-Kommentator im Bayerischen Fernsehen. Seine Mannschaft überstand die Phase aber nicht: Der 17-jährige Innenverteidiger Leandro Morgalla verschätzte sich und foulte dann Simon Stehle. Beim unstrittigen Elfmeter vermochte der bis dahin so starke Hiller gegen Marcel Risse nichts auszurichten. Danach rettete der Keeper noch einmal im Herausstürmen gegen Handle nach Steilpass von Risse (42.), dann mussten die Löwen froh sein, nur mit einem Tor Rückstand in die Kabine zu gehen. Dass der junge Morgalla noch für den einen oder anderen Aussetzer gut ist, nehmen sie bei Sechzig in Kauf, zu groß ist sein Talent. Ähnliche Fehler gibt es in der dritten Liga schließlich auch von weitaus älteren und weitaus untalentierteren Spielern zu sehen.

Am siebten Spieltag sollten die Löwen jetzt wieder gewinnen - das haben die Offenbacher Kickers 2010/11 schließlich auch getan

Zur Pause wechselte Köllner bereits zwei Mal (Erik Tallig für Kobylanski, Daniel Wein für Rieder-Vertreter Quirin Moll). Mittelstürmer Meris Skenderovic, diesmal mit wenig Durchschlagskraft, scheiterte bei einer Doppelchance zwei Mal an Viktoria-Keeper Voll (59.) und musste dann Platz machen für den wuchtigeren Neuner Fynn Lakenmacher (64.). Dazu kam noch der schnelle und technisch starke Albrion Vrenezi ins Spiel (70.), Köllner initiierte die Schlussoffensive und funktionierte Verlaat zum Mittelstürmer um. Und in der gelang bei insgesamt wenigen Chancen tatsächlich noch der Ausgleich - Freistoß Vrenezi, und Verlaat traf auf Vorlage von Neu-Kollege Lakenmacher zum 1:1 (86.).

"Es war eigentlich klar, dass wir nur übers Kopfballspiel noch was kriegen können", sagte Köllner in der Pressekonferenz. "Ich habe in Nürnberg schon mal so eine ähnliche Erfahrung gemacht gegen Union Berlin, da haben wir Ewerton vorne reingestellt und der hat kurz vor Schluss einen reingeschädelt. Mit Jesper haben wir natürlich einen prädestinierten Spieler dafür." Verlaat selbst war "etwas überrascht, dass wir mich schon relativ früh nach vorne geschickt haben", wie er bei Magentasport sagte. Köllner berichtete, dass sein Co-Trainer es noch eiliger hatte: "Der Stefan Reisinger wollte das schon wesentlich früher machen und hat mir immer gesagt: Wir müssen den Verlaat vorne reinstellen, komm, komm, mach jetzt. Am Ende ist es aufgegangen, dann ist alles super, wenn es nicht aufgeht, sagt jeder: Was wechselt der jetzt da rum?"

In Anlehnung an eine legendäre Pressemitteilung des TSV 1860 aus wilden Zweitliga-Zeiten konnte man also sagen: "Der von Köllner ausgearbeitete Plan umfasste sowohl die Konzeption eines neuen schlagkräftigen Teams als auch den Plan." Der Ausgleich war nicht nur Ergebnis des reinen Willens, sondern auch einer taktischen Maßnahme - das machte die Löwen umso zufriedener. Am siebten Spieltag (Samstag, 14 Uhr, gegen Duisburg) sollten sie jetzt wieder gewinnen, das haben die Offenbacher Kickers 2010/11 schließlich nach einem Remis am sechsten Spieltag auch getan. Viktoria Köln indes trifft am Mittwoch erneut auf eine starke Mannschaft aus München: im Nachholspiel der ersten DFB-Pokal-Runde auf einen gewissen FC Bayern.

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