TSV 1860 München:Sechzig wird den Unkenrufen gerecht

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Dreimal geschlagen: 1860-Keeper René Vollath. (Foto: Robin Rudel/Sportfoto Rudel/Imago)

Die Löwen verlieren auch das zweite Spiel der Drittligasaison: Bei Stuttgart II wirken sie nach vorn uninspiriert, hinten nicht immer konsequent – und als es besser zu werden scheint, schlagen die VfB-Talente auf kuriose Weise zu.

Von Markus Schäflein

Bei einem Fußballspiel verkompliziert sich alles durch die Anwesenheit der gegnerischen Mannschaft, hat Jean-Paul Sartre so bekanntlich wie schön gesagt. Grundsätzlich stimmt das, wenn man nicht gerade im Toto-Pokal beim SSV Kasendorf spielt. Für die Löwen muss die Regel allerdings erweitert werden: Beim TSV 1860 München verkompliziert sich der Fußball auch massiv durch die Anwesenheit des TSV 1860 München.

Wo sonst würde eine neu zusammengestellte Mannschaft schon am zweiten Spieltag so massiv unter Druck stehen? Das Löwen-Umfeld machte es möglich. Bei einer Niederlage am heißen Sonntagnachmittag in Großaspach beim Auftakt VfB Stuttgart II drohte Sechzig der „schlechteste Saisonstart der Drittliga-Historie“, was dramatisch klang, aber stimmte – tatsächlich waren die Löwen in ihrer sechsjährigen Zugehörigkeit zur dritten Liga seit 2018 nie mit zwei Niederlagen gestartet. (Dafür haben sie dann später in den Saisons öfter verloren.)

Die Druckdebatten liegen natürlich auch daran, dass die verantwortlichen Geschäftsführer samt Trainer Argirios Giannikis vom e.V. gegen den Willen der Investorenseite eingesetzt wurden, weshalb bei jedem Abwehrfehler und jeder vergebenen Torchance eine klubpolitische Komponente mitschwingt – so wie es in der vergangenen Saison unter Investoren-Wunschtrainer Maurizio Jacobacci umgekehrt auch war. Die Mannschaft, ob es am Druck lag oder nicht, zeigte jedenfalls auch beim VfB II eine ausbaufähige Leistung, nach vorn uninspiriert, hinten nicht immer konsequent – und verlor am Ende 1:3 (0:1), sodass sie nun nicht nur wirklich den Drittligastart-Negativrekord des TSV 1860 hält, sondern auch den schlimmsten Unkenrufen gerecht wurde.

Raphael Ott, der 18-jährige Fünftorlöwe vom 18:0 in Kasendorf unter der Woche, war tatsächlich in die Startformation gerückt. Auch der aus Halle gekommene Tunay Deniz und Morris Schröter spielten diesmal, im Gegensatz zum Auftakt-0:1 gegen Saarbrücken, von Beginn an. Ott ließ die erste Möglichkeit der Partie liegen (7.) und musste auch sonst feststellen, dass Großaspach nicht Kasendorf ist. Es entwickelte sich dann eine ausgeglichene und chancenarme Partie – bis der 18-jährige Jarzinho Malanga mit einem schönen Schlenzer von links ins entfernte Eck das 1:0 für den VfB-Nachwuchs erzielte (37.). „Wir woll’n euch kämpfen seh’n“, sang der Löwenanhang zum Ende des ersten Durchgangs, und zum Gang in die Kabine ertönten Pfiffe.

Nun steht den Löwen eine debattenreiche DFB-Pokal-Pause ins Haus

Der bereits schwer in der Kritik stehende Giannikis reagierte mit einem Dreifachwechsel, Florian Bähr, Fabian Schubert und Julian Guttau kamen für Leroy Kwadwo, Ott und Deniz. Und es sah gut aus, kurzzeitig: Die Löwen kamen wesentlich druckvoller zurück – und gleich zu guten Chancen. VfB-Torwarttalent Dennis Seimen zeigte eine Klasseparade gegen Schröter (46.), Schubert traf den Außenpfosten (49.). Doch umgehend musste der TSV das 0:2 hinnehmen: Thomas Kastanaras traf aus dem Getümmel (53.).

Und dann wurde es kurios: Dominik Nothnagel traf von hinter der Mittellinie mit einem weiten Schlag, als der neue 1860-Keeper René Vollath sehr weit vor seinem Tor stand, zum 3:0 (57.) – die geplante Aufholjagd war jäh beendet. „Was schief gehen kann, ist heute schief gegangen“, stellte Giannikis bei Magentasport fest. Von großem Aufbäumen war nach dem 0:3 lange nichts zu spüren, dennoch kamen die Löwen noch zum Anschlusstreffer durch Schubert nach Hereingabe von Guttau (83.) und in der sieben Minuten langen Nachspielzeit noch zu einer Chance des ebenfalls eingewechselten Eliot Muteba.

Nun steht ihnen eine, positiv formuliert, debattenreiche DFB-Pokal-Pause ins Haus, man könnte auch sagen: zwei Wochen höllisches Gezeter. Und dann steht die Mannschaft, wenn sie schon diesmal unter Druck stand, im Heimspiel gegen Viktoria Köln unter Supermegadruck.

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