TSV 1860 München und Investor Ismaik:Scheidung eingereicht

TSV 1860 München, Fußball, Sportdirektor Florian Hinterberger (l-r), Geschäftsführer Robert Schäfer und Trainer Alexander Schmidt

Löwen-Geschäftsführer Schäfer (mitte) nach der Vertragsverlängerung mit Sportdirektor Hinterberger (links) und Trainer Schmidt: Demonstrative Geschlossenheit gegen den Investor.

(Foto: dpa)

Die Führung von 1860 München liefert Geldgeber Hasan Ismaik immer mehr Gründe, sich brüskiert zu fühlen. Die Chancen, die Ehe noch zu kitten, stehen bei null. Dass ein Retter auftaucht und den Jordanier auslöst, ist unwahrscheinlich - wenngleich es für beide Seiten eine Erlösung wäre.

Ein Kommentar von Gerald Kleffmann

Nächste Runde im Löwen-Tollhaus, bitte zurücklehnen und staunen, es geht jeden Tag a bissl abgedrehter. Nun vermeldet der TSV stolz die Vertragsverlängerungen mit Trainer Schmidt und Sportchef Hinterberger, was angesichts der Tatsache, dass man ja mal mit den Planungen für die neue Saison beginnen müsse, in jedem normalen Klub ein nachvollziehbarer Schritt wäre. Doch wir sind bei Sechzig, daher ist die Lesart eine andere. So, wie Geschäftsführer Robert Schäfer und der neue Präsident Hep Monatzeder ihre Personalien durchgedrückt haben, just an dem Tag, an dem die Investorenseite den Klub warnte, im Alleingang zu entscheiden, liefern sie Miteigentümer Hasan Ismaik Gründe, sich brüskiert zu fühlen.

Im Grunde haben die Löwenbosse die Scheidung eingereicht, die nächste Retourkutsche, sprich Geldentzug, wurde von Ismaiks Anwalt schon in Aussicht gestellt. Die Chance, die Ehe zu kitten? Null. Dabei sollte, so Monatzeders Versprechen, das Verhältnis zum Investor besser werden, nachdem Vorgänger Dieter Schneider, mutmaßlich als Blockierer identifiziert, fallen gelassen wurde.

Eine glaubwürdige Haltung, die zwei Wochen überdauert, ist bei den 1860-Darstellern nicht mehr auszumachen, fast jede Handlung weist ein Geschmäckle auf. Was die Situation für viele unerträglich erscheinen lässt, ist, dass das Liebenswerte, das Schrullige, das Lokalkauzige längst verschütt gegangen ist in den endlosen Aufreibungs- und Machterhaltungsprozessen. Vielmehr sind Fans, Beobachter, Sponsoren genervt, das Klima in den Foren erzählt Bände. Manche sagen, die einzige, die noch glaubwürdig ist, ist Löwenstüberl-Wirtin Christl - und selbst die hat einen Schuss, auf ihre schroffherzliche Weise natürlich. Ansonsten hat sich der Eindruck manifestiert, dass Kräfte herumfuhrwerken, die seit Jahren herumfuhrwerken, ohne dass es vorwärts ginge.

Auch die Fastpleite 2011 hat nichts geändert, einen Schnitt gab es nicht, im sich in neue Ämter retten sind die Löwen Weltmeister. Verantwortung übernommen hat nur einer: Ismaik, der 27 Millionen Euro riskierte. Nur: Nach zwei Jahren, in denen der Geschäftsmann mitwirkt, muss man sagen: Auch er hat sich bestens in die spezielle Löwenfamilie eingefügt. Das ist leider nicht nur positiv gemeint. Gut und böse ist in diesem Klub nicht mehr zu unterscheiden. Die Löwen kämpfen um ihre Entscheidungshoheit, die ihnen laut DFL-Statuten zusteht, vor allem aber kämpfen Trainer, Geschäftsführer, Sportchef, Präsident um ihre Posten, was aus ihrer Sicht verständlich ist.

Der Investor wiederum will sein Geld nicht verlieren und misstraut jenen, die seit Jahren mitmischen und zum Teil mit ihrem Versagen seinen Einstieg notwendig machten. Wie die Sechziger hat aber vor allem Ismaik nie den richtigen Ton getroffen, um das Bündnis zu leben. Alle weg zu brüllen, wirkt nicht hilfreich und ruft die 50+1-Wächter auf den Plan, selbst wenn er bei Vielem recht hat.

Der nächste Showdown ist in Sicht. Am 25. April richten die Delegierten über Monatzeder. Mit seinem Kurs geht nun der Präsident ins Risiko, nicht nur finanziell. Vor allem Schmidt wird von Fans inzwischen als Fehlbesetzung gesehen. Er braucht Siege. Geschäftsführer Schäfer muss zeigen, dass Plan B funktioniert. Alles zurück auf Null also, der TSV steht fast wieder da, ehe Ismaik einstieg. Ob noch mal ein Retter auftaucht und den Jordanier auslöst? Unwahrscheinlich. Aber es wäre eine Erlösung. Für alle.

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