Der entlassene Trainer hatte zum Abschied noch ausrichten lassen, er werde vieles beim TSV 1860 München in schöner Erinnerung behalten, „wie den Klassenerhalt durch den Sieg in Essen“. Allerdings war Argirios Giannikis dieser Ligaverbleib erst am vorletzten Spieltag gelungen. Und der traditionsreiche Fußball-Drittligist schwebt spätestens seit dem vergangenen Wochenende schon wieder in Abstiegsgefahr. Deshalb würde sich sein Nachfolger Patrick Glöckner wohl sehr darüber freuen, wenn er das Spiel gegen Essen ebenfalls in schöner Erinnerung behalten kann. Das wäre diesmal der drittletzte Spieltag.
Als Glöckner zu seiner Vorstellung das erste Mal den Presseraum betritt, „zwei, vier, sechs“, hört es sich so an, als ob er gerade in der Kabine durchzählt, ob noch jemand von der Mannschaft fehlt. Aber er tut dies mit einem Lächeln, der Trainer zeigt sofort: Ich habe Charme! Später wird auch noch zur Sprache kommen, dass er ja mal Model war, passenderweise für ein Parfum in einer blauen Flasche, obwohl er doch bei Eintracht Frankfurt spielte. Wenn heute noch ein Angebot kommen würde? Mit der Modelbranche habe er „seit zig Jahren nichts mehr zu tun“, aber über ein Werbeangebot könne man ja immer mal nachdenken.
Sicher ist schon jetzt: Glöckner passt aktuell sehr gut zum TSV 1860 München. Insofern als nach seiner Vorstellung am Dienstagmittag noch nicht ganz klar ist, wofür er jetzt eigentlich steht. Auch das Stillschweigen über Vertragslaufzeiten hat in Giesing schon Tradition, deswegen kann er auch gar nichts darüber sagen, ob er etwas Perspektivisches aufbauen will oder ob es wirklich nur darum geht, die Mannschaft kurzfristig in ruhigere Zeiten zu führen. Laut Medienberichten war Pavel Dotchev auch ein Kandidat gewesen; der Münchner Merkur berichtete, er hätte gerne langfristig gearbeitet, sei mit seinen Forderungen aber abgeblitzt.
In jedem Fall ist Glöckner als direkte Reaktion zu verstehen auf das, was unter Giannikis vermeintlich gefehlt hat. TSV 1860-Geschäftsführer Christian Werner spricht nicht viel bei der Vorstellung des neuen Trainers, den er schon lange kennt. Auf die Frage, warum es Glöckner wurde, sagt er: „Er steht für Leidenschaft. Für Emotion.“ Und für Perfektionismus auf dem Trainerplatz. Der mitgebrachte Co-Trainer, Nico Masetzky, steht erst einmal für laute Ansprachen. Offensichtlich war es Glöckners Wunsch, Masetzky mitzubringen, „er kommt aus der Region“, sagt er froh, und war auch schon einmal Scout für die Sechziger. Für ihn musste Franz Hübl den Platz des Laptop-Co-Trainers räumen, er arbeitete seit 13 Jahren für Sechzig.

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Eigentlich steht Glöckner, 48, für attraktiven Angriffsfußball, aber der dürfte beim TSV 1860 München gerade nicht möglich sein. „Eins zu elf Gegentore, da ist klar, wo die Stellschraube ansetzt“, sagt er. Wie so oft bei einer Neuvorstellung im Fußballgeschäft geht es vor allem um die angemessene Mischung aus dem, was gesagt werden muss, und dem, was gerne gehört wird. Für Letzteres nutzt Glöckner seine lange, freie Zeit, er war zuletzt fast zwei Jahre ohne Anstellung: „Ich finde es supergeil, auch mal im Stadion zu sitzen. Du musst die Fans kennen. Wie leiden sie mit, wenn die Mannschaft zurückliegt – dann weißt du auch, was du für eine Verantwortung hast.“ Sechzig hatte er sich immerhin dreimal live angesehen.
Bei Waldhof Mannheim war der Bonner durchaus erfolgreich gewesen, 2022 scheiterte er fast genauso knapp wie der TSV 1860 München am Aufstieg, drei Punkte fehlten damals auf Rang drei, einer auf die Löwen. Bei Hansa Rostock in der zweiten Liga blieb er glücklos, nur zehn Spiele durfte er anleiten, dann sprach Rostocks Sportvorstand Martin Pieckenhagen von einer „Fehleinschätzung“. Glöckner fand wiederum, er hätte mehr Zeit bekommen müssen.
Geschäftsführer Werner spielte schon länger mit dem Gedanken, Glöckner zu holen
TSV 1860-Geschäftsführer Werner hält ihn offensichtlich für den Richtigen. Zumindest spielte er schon länger mit dem Gedanken, Glöckner zu verpflichten. Dass es Kontakte gab, räumt der Trainer auch ein. Doch Giannikis wehrte sich im Spätherbst mit einer kleinen Erfolgsserie, dann zögerten die Gesellschafter, so kam es erst nach einer deutlichen 0:4-Niederlage in Saarbrücken zum Wechsel.
Fast gleichzeitig mit Glöckners Einstieg gab der Verein am Montagabend auch noch die Verpflichtung des Mittelfeldspielers Philipp Maier, 30, bekannt, eines Oberbayern vom Zweitligisten Ulm. Und ebenso gleichzeitig kam noch das Gerücht auf, dass Sechzigs Stürmer Patrick Hobsch von Rot-Weiss Essen umworben wird. Es bleibt abzuwarten, auf welcher Seite Hobsch am drittletzten Spieltag die Tore schießen will.