Die Hilflosigkeit hatte ein neues Wort geboren: „Basiselemente“. In seiner letzten Pressekonferenz als Trainer des TSV 1860 München hatte es Argirios Giannikis so auffällig oft in den Mund genommen – die Basiselemente müssten demnach beschworen werden –, dass es offensichtlich keine anderen Lösungsansätze mehr gab. Wenig überraschend machte der Münchner Drittligist am Montagnachmittag dann auch von der Basisreaktion in solchen Fällen Gebrauch: „Ich danke Agi für seinen engagierten Einsatz …“, so erklärte Löwen-Geschäftsführer Christian Werner dann die Freistellung des 44-Jährigen, der übrigens selten länger als ein Jahr beim selben Verein arbeitet. Am Montagabend gab der Klub den Nachfolger bekannt: Patrick Glöckner, 48, war zuletzt als Zweitligatrainer bei Hansa Rostock angestellt, war aber seit fast zwei Jahren vereinslos.
Ein Jahr und zehn Tage hat der Deutsch-Grieche Giannikis in einem der unruhigsten Vereine des Landes durchgehalten. Als er im Januar 2024 Maurizio Jacobacci ablöste, gelang ihm sogar eine Trendwende. Werner erklärte nun, dass die Leistung beim 0:4 in Saarbrücken den Ausschlag gegeben habe, den Trainer mit sofortiger Wirkung freizustellen. Das dürfte aber nur die halbe Wahrheit sein. Der Zeitpunkt – ein neuer Trainer im Dezember hätte wochenlang Zeit gehabt, die Mannschaft kennenzulernen – sowie Sechzigs Vergangenheit bei Trainerwechseln legen vielmehr nahe, dass vor der Beurlaubung erst einmal wieder die Finanzierung des zusätzlichen Gehalts gesichert werden musste. Das kann bei Sechzig immer mal ein bisschen länger dauern, weil sich die Gesellschafter oft nicht einig sind, wie es weitergehen soll, konkrete Personalentscheidungen sind dann besonders verzwickt.
Giannikis war bei den Klubmitarbeitern beliebter als mancher Vorgänger
Aus dem Umfeld des Vereins ist zu hören, dass nicht allein die vier Gegentore am vergangenen Samstag, sondern vielmehr die elf Gegentore aus den vergangenen drei Spielen den Ausschlag gaben. Davor hatte die Mannschaft gegen Giannikis’ Ex-Klub Rot-Weiss Essen deutlich gewonnen und auch gut gespielt. Der letztlich recht früh erspielte Verbleib in der dritten Liga in der vergangenen Spielzeit und die immer wieder eingestreuten Erfolgserlebnisse hatten die Amtszeit des Trainers gestreckt, jetzt aber ist der Verein wieder abstiegsgefährdet und zum Handeln gezwungen. Jenseits der handelsüblichen Phrasendrescherei bedankte sich der Geschäftsführer noch für „eine sehr angenehme Zusammenarbeit“ – es ist kein Geheimnis, dass Giannikis bei den Mitarbeitern an der Grünwalder Straße beliebter war als so mancher Vorgänger.
Der Nachfolger wird es bei 1860 fraglos schwer haben. Das Team ist von Verletzungen geplagt (Mittelfeldspieler Philipp Maier vom Zweitligisten SSV Ulm verstärkt nun den Kader), die aktuell gesunden Spieler scheinen in dieser Konstellation in der dritten Liga nur schwerlich mithalten zu können. Glöckner wird am Dienstag das erste Training leiten und der Presse vorgestellt. „Ich habe mich bereits umfassend mit den Löwen und der Mannschaft auseinandergesetzt“, teilte er mit. „In den kommenden Tagen gilt es intensiv zu arbeiten, um das Team in der Kürze der Zeit bestmöglich auf das Heimspiel gegen den VfB Stuttgart II vorzubereiten.“