TSV 1860 München:"Mr. Resigner" schlägt zurück

TSV 1860 München: "Wir freuen uns, wenn Herr Ismaik wieder nach München kommt und uns und der Stadt seine Pläne und Ideen für das Stadionprojekt vorstellt", sagt 1860-Präsident Robert Reisinger.

"Wir freuen uns, wenn Herr Ismaik wieder nach München kommt und uns und der Stadt seine Pläne und Ideen für das Stadionprojekt vorstellt", sagt 1860-Präsident Robert Reisinger.

(Foto: Bernd Feil/Mis/Imago)

Präsident Robert Reisinger antwortet Investor Hasan Ismaik zur aktuellen Lage - und fragt sich, welchen Anteil dessen Statthalter Anthony Power an der Situation der Löwen hat.

Von Markus Schäflein

Lange hatte Hasan Ismaik vornehmlich über seine Kanäle in den Sozialen Medien kommuniziert oder kommunizieren lassen. Vor ein paar Tagen aber hat sich der Investor des TSV 1860 München bei der SZ mal wieder leibhaftig gemeldet. Es gibt ja eine Menge zu besprechen im wieder zugespitzten Machtkampf zwischen Investorenseite und e.V., also zwischen den Gesellschaftern beim Fußball-Drittligisten: die Entlassung von Trainer Michael Köllner, die Ismaik erzürnte, die Stadionzukunft, die Kritik der Fans an seinem Münchner Statthalter Anthony Power und vieles mehr.

e.V.-Präsident Robert Reisinger fand es daher nach eigenen Angaben prima, mal wieder direkt von Ismaik zu hören: "Es ist schön, dass Herr Ismaik sich scheinbar wieder mehr um sein Invest bei 1860 kümmern möchte", sagt Reisinger der SZ, "wir bedauern nur, dass er für die Kommunikation nicht die persönliche Ansprache gewählt hat."

Nun, vielleicht kommt es ja bald zu einen Treffen, Reisinger betont: "Wir freuen uns, wenn Herr Ismaik wieder nach München kommt und uns und der Stadt seine Pläne und Ideen für das Stadionprojekt vorstellt." Wer die Ironie findet, darf sie behalten, denn konkrete Pläne für ein solches Projekt wird es kaum geben, und der letzte Versuch, ein Stadion zu errichten - damals in Riem - endete mit Ismaiks Vision, neben einem Stadion für 50 000 Menschen auch einen Löwenzoo zu errichten. Und letztlich ohne Zoo und ohne Stadion.

Eine gewisse Süffisanz legt Reisinger auch an den Tag, was den Statthalter Power betrifft. Ismaik hatte sich die Proteste ja damit erklärt, dass "die Effektivität von Herrn Power bestimmte Leute" verärgere, "die es gewohnt sind, unangefochten zu agieren". Diese Leute, im e.V. und/oder der Geschäftsführung, stacheln die Fans nach Ismaiks Einschätzung zu den Protesten an. Reisinger entgegnet, die "von Herrn Ismaik gelobte Effektivität" könne er "leider nicht feststellen. Bei Herrn Power bleibt festzuhalten: Gut gemeint endet oft in schlecht gemacht. Bei WhatsApp schreibt er sogar meinen Nachnamen falsch." Power nannte Reisinger dort nämlich "Mr. Resigner" - ob es sich um einen Tippfehler handelte, ist allerdings fraglich. "Mr. Resigner" bedeutet auf Englisch "Herr Rücktritt".

"Wie viel Power steckt in der Mannschaft?", fragt Reisinger

Es ist - neben dem Streit, wer wie Fanartikel herstellen darf - insbesondere Powers Umgangston und seine Präsenz im Tagesgeschäft, die den Fans sauer aufstößt. Der Statthalter des Investors habe "jedes Recht auf Information über die Geschehnisse in der KGaA", betonte Reisinger, "aber keines für die Operative - dies obliegt einzig und allein den von beiden Gesellschaftern eingesetzten Geschäftsführern sowie dem Aufsichtsrat und Beirat."

Der Präsident geht allerdings offenkundig davon aus, dass Power beispielsweise bei Personalfragen stetig involviert ist und auch eigene Vorschläge eingebracht hat: "Nachdem Herr Power im Sommer noch für die Mitwirkung bei der Zusammenstellung des Kaders gelobt wurde, stellt sich die Frage: Wie viel Power steckt in der Mannschaft?" Und welchen Anteil der Statthalter an der derzeitigen Situation habe, "besonders wenn man bedenkt, dass Herr Power sich gerne in der Kabine aufhält".

TSV 1860 München: Hält sich gern in der Mannschaftskabine auf und hat regelmäßig englischsprachige Sinnsprüche veröffentlicht: Anthony Power, Statthalter von Investor Hasan Ismaik.

Hält sich gern in der Mannschaftskabine auf und hat regelmäßig englischsprachige Sinnsprüche veröffentlicht: Anthony Power, Statthalter von Investor Hasan Ismaik.

(Foto: Ulrich Wagner/Imago)

Ismaik hatte die Forderung aufgestellt, die Geschäftsführung müsse gegen die Proteste gegen Power vorgehen, die im Fanblock auf Plakaten und in Gesängen dargeboten werden. Das e.V.-Präsidium habe "bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass wir die Fahnen im Stadion nicht gerne sehen". Aber sie seien "Ausdruck der freien Meinungsäußerung unserer Fans und Mitglieder". Aufforderungen von Vereinsfunktionären seien nicht nötig, die Fans hätten "selbst ein feines Gespür, was sie bewegt und benennen wollen", sagte Reisinger, der seine Nähe zur Kurve nicht bestreitet.

Powers "kryptische Instagram-Posts" seien in der Angelegenheit auch nicht hilfreich, betont Reisinger. Der Statthalter hatte in regelmäßigen Abständen englischsprachige Sinnsprüche veröffentlicht, die sich auf die Lage bei Sechzig beziehen lassen. Etwa: "Das Problem mit der Meinung - selbst Idioten dürfen sie haben." Oder: "Es macht mir nichts aus, wenn Leute Scheiße über mich reden. Ich wurde dazu erzogen, Scheiße die Toilette hinunterzuspülen, nicht damit zu spielen." Als Drohung empfanden manche den Satz: "Nur weil die Bestie nicht zu sehen ist, heißt das nicht, dass die Bestie nicht da ist. Seid vorsichtig!"

Von einem Rücktritt ist Präsident Reisinger weit entfernt

Ismaik hatte auch betont, im Umgang mit Kritik messe der e.V. mit zweierlei Maß - weil das Präsidium die Geschäftsführung aufgefordert hatte, gegen Hasseinträge gegen e.V.-Vertreter im Internet vorzugehen. Reisinger kann den Vergleich nicht verstehen, er ist "der Meinung, dass es ein großer Unterschied ist, ob im Stadion Fahnen geschwenkt werden oder ob ehrenamtlich tätige Personen auf das Übelste persönlich beleidigt, diffamiert und sogar zum Selbstmord aufgefordert werden". In einem Blog würden die Schreiber gar "durch den Betreiber geschützt" und müssten "keinerlei Verantwortung übernehmen". Der e.V. habe die Geschäftsführung daher aufgefordert, dagegen vorzugehen.

Von einem Rücktritt ist Reisinger jedenfalls weit entfernt, so wie Power entschlossen ist, an der Grünwalder Straße weiter zu wirken. Es wäre an der Zeit für die Gesellschafter, ein Budget für die kommende Saison aufzustellen und zu überlegen, ob Sport-Geschäftsführer Günther Gorenzel den kommenden Kader planen soll, oder ob er - wie von Ismaik gewünscht - freigestellt werden soll. Dann hieße es, wenn nötig, einen Nachfolger zu finden. Aber für Fußball ist bei Sechzig derzeit mal wieder wenig Zeit.

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