TSV 1860 München:Kleinlaut fern der Festzelte

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Ratlos angesichts der allzu einfachen Gegentore: Felix Weber (li.) und Marius Willsch. (Foto: imago)

Die Löwen legen beim MSV Duisburg einen Blitzstart hin - und kassieren trotzdem noch zwei Gegentore. Trainer Bierofka vermisst "Entscheider" in seiner Mannschaft - die sich besonders bei hohen Bällen verwundbar zeigt.

Von Ulrich Hartmann, Duisburg

"Total ärgerlich!", schimpfte Hendrik Bonmann. Der Torwart vom TSV 1860 München tat das nicht nur, weil ihn seine Vorderleute zu zahlreichen Rettungstaten nötigten, sondern vor allem, weil auf einen Blitzstarts seiner Mannschaft am Samstag im Gastspiel beim MSV Duisburg die Panik bei hohen Bällen breit machte.

Nach 41 Sekunden erzielte der Stürmer Prince Osei Owusu bei seinem Saisondebüt die 1:0-Führung für die Sechziger, und doch ging das Spiel mit 1:2 (1:1) verloren, weil die Münchner Abwehrspieler bei hohen Duisburger Flanken fatale Lethargie zeigten.

In der 14. Minute durfte der Duisburger Vincent Vermeij völlig frei und ungestört zum 1:1 einköpfeln und in der 52. Minute genauso ungestört und frei der Duisburger Lukas Daschner. Kurz vor Schluss sah Außenverteidiger Philipp Steinhart nach seinem zweiten Foul Gelb-Rot und fehlt seiner Mannschaft damit im Heimspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern.

Die "Entscheider" fehlen in Bierofkas Formation

Exakt zwei Stunden, nachdem der Oberbürgermeister Dieter Reiter am Samstagmittag in München mit zwei Schlägen den Startschuss zum Oktoberfest gegeben hatte, eröffnete 503 Kilometer weiter nordwestlich der Schiedsrichter Eric Müller die Partie der Sechziger in Duisburg - mit nur einem einzigen Pfiff!

Die Auslastung der MSV-Arena lag mit 50 Prozent (15.000 Zuschauer) zwar deutlich unterhalb jener der Festzelte in München, dafür kostet im Duisburger Stadion die Maß aber auch nur 8,75 Euro - umgerechnet natürlich, denn man bekommt das Pils hier ja bloß in 0,4-Liter-Stamperln. Ochsensemmel und Steckerlfisch gibt es gar nicht.

Irgendwie fühlten sich die 1860-Fußballer an solch einem Münchner Feiertag unter solchen Umständen derart fern der Heimat aber nicht selbstbewusst genug, um im Gastspiel bei einem Aufstiegskandidaten der dritten Liga eine durchaus mögliche Überraschung zu provozieren. "Uns fehlt noch die Ausstrahlung einer Topmannschaft", sagte dann auch der Trainer Daniel Bierofka, "im Vergleich zu uns haben die Duisburger einige Entscheider in der Mannschaft."

Gleich zwei Neue waren an der Führung beteiligt

Drei Veränderungen hatte Bierofka in seiner Startelf vorgenommen. Für den mit gerissener Muskelfaser im Oberschenkel pausierenden Efkan Bekiroglu schickte er Dennis Dressel ins defensive Mittelfeld, für Benjamin Kindsvater platzierte er Stefan Lex auf den rechten offensiven Flügel. Und anstelle von Markus Ziereis durfte Prince Osei Owusu in der Doppelspitze ran. Zwei der drei Neuen waren in der ersten Minute auch gleich am Führungstreffer beteiligt. Dennis Dressel schickte nämlich per Steilpass Sascha Mölders links in den Strafraum, und Owusu empfing von Mölders den Querpass in die Mitte, den er trocken einschoss.

Anschließend verteidigten die Münchner ihre Führung mit seriöser Arbeit gegen den Ball - für Panik sorgten allerdings ein paar hohe Duisburger Bälle in den Strafraum. Die Flanke in der 14. Minute durfte Vermeij ungestört aus fünf Metern zum 1:1 einköpfeln, und sechs Minuten später hätte er die zweite dieser Großchancen beinahe zum zweiten Tor genutzt. Allerdings hat sich da Torwart Bonmann vermutlich derart darüber geärgert, dass der Niederländer schon wieder so freistand, dass er ihm mit einer prächtigen Parade den Spaß verdarb. Bonmann war es auch, der in der 21. Minute einen Fernschuss des Duisburgers Maximilian Jansen wegboxte sowie den Nachschuss von Moritz Stoppelkamp. Beim Torwart durften sich die Sechziger bedanken, dass es zur Pause 1:1 stand.

Doch das sich abzeichnende Schicksal nahm nach dem Seitenwechsel seinen Lauf. In der 47. Minute traf der Duisburger Tim Albutat mit einem Kopfball noch den Pfosten, doch schon fünf Minuten später stand Daschner ungedeckt und köpfte das 2:1. Das Pressing der Münchner funktionierte weiterhin recht gut, und nach der Einwechslung von Timo Gebhart in der 66. Minute (für Mölders) hatten die Löwen auch ein paar Ballbesitzphasen.

Allein, für den Ausgleich - der schmeichelhaft gewesen wäre - fehlten ihnen Impulse und Ideen für das Spiel in den Strafraum. So mussten sie nach zuvor zwei Liga-Siegen wieder eine Niederlage hinnehmen. "Wir haben's eigentlich nicht schlecht gemacht", sagte Bierofka - "aber 'nicht schlecht' reicht halt nicht."

© SZ vom 22.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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