Süddeutsche Zeitung

TSV 1860 München:Kein Fußballspiel

Nach dem 0:1 vor heimischem Publikum gegen den direkten Konkurrenten aus Uerdingen echauffiert sich 1860-Trainer Daniel Bierofka lautstark - allerdings weniger über die Leistung seiner eigenen Mannschaft als über die des Schiedsrichtergespanns.

Von Markus Schäflein

Beim KFC Uerdingen fanden sie ihren Sieg verdient, beim TSV 1860 München fanden sie ihre Niederlage unverdient. Und alle lagen sie falsch am Ende einer Drittligapartie, die mit null Punkten pro Mannschaft (und einer Sechs für den Schiedsrichter) wahrscheinlich am besten bewertet gewesen wäre. "Mir fehlen die Worte - das war kein Fußballspiel", fand auch Sechzigs Trainer Daniel Bierofka nach der ersten Heimniederlage der Saison: "Es waren nur Emotionen, es waren nur Zweikämpfe, es waren nur Nickligkeiten. Wir haben den Faden verloren und uns anstecken lassen."

Wer nun wen ansteckte, war schwer zu sagen, man konnte jedenfalls nicht behaupten, dass diese Emotionen nur von den Uerdingern auf den Platz gebracht worden wären. Auch bei Sechzig steuerten die üblichen Aggressivleader wie Dennis Erdmann und Sascha Mölders einiges Chaos bei, beide Teams schaukelten sich angesichts des überforderten Unparteiischen Tobias Fritsch (Mainz) gegenseitig hoch. "Der Schiedsrichter ist keine Entschuldigung, aber er hatte nullkommanull Kontrolle", sagte Bierofka. "Er hat gelbe Karten verteilt, wie er wollte, aus meiner Sicht teilweise nicht gerechtfertigt. Da hat mir die Verhältnismäßigkeit total gefehlt."

Dabei war die gelb-rote Karte gegen Sechzigs Innenverteidiger Felix Weber (51.) noch eine der vertretbaren Entscheidungen, wobei 1860-Stürmer Sascha Mölders fand: "Wenn Felix Gelb-Rot sieht, dann hätte Lukimya auch runtergehen müssen." Die Uerdinger vermochten die Überzahl kaum zu nutzen, Mölders verpasste ein Zuspiel von Marius Willsch ganz knapp (59.), doch dann führte ein Distanzschuss von Adam Matuschyk doch noch zum Sieg für Uerdingen (82.). In der Schlussphase hatte Sechzig noch die Möglichkeit zum Ausgleich durch den eingewechselten Timo Gebhart, letztlich sagte Löwen-Torwart Hendrik Bonmann: "Wir haben es heute nicht verdient zu verlieren." Und Stefan Effenberg, der neue Manager des KFC, sagte: "Der Sieg war verdient, Gelb-Rot war auch verdient."

Am Ende des wirren Nachmittags sorgte Effenberg für noch mehr Verwirrung. Als er auf die bekannte Tatsache angesprochen wurde, dass er 2014 fast mal Trainer bei Sechzig geworden wäre, in der zweiten Liga unter dem damaligen Sportchef Gerhard Poschner, antwortete er: "Das stimmt nicht, und wenn, dann ist das Geschichte." Man mag sich darauf einigen, dass es Geschichte ist, aber eine gute Geschichte: Schließlich waren die Verantwortlichen zu den Verhandlungen nach eigenen Angaben sogar bei ihm in Dingharting im Wohnzimmer.

Dingharting? "Da habe ich nie gewohnt", sagte Effenberg und lief davon.

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Quelle:
SZ vom 21.10.2019
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