TSV 1860 München:Informationen am Stammtisch

Präsident Reisinger verrät im Maximilianeum viel Neues über den Trainerwechsel und die Finanzen.

Von Markus Schäflein

Am Montagabend fand auf Einladung von FDP-Fraktionschef Martin Hagen ein "Landtags-Löwen-Stammtisch" in der Gaststätte des Maximilianeums statt. Prominente Gäste waren dabei, Ludwig Spaenle (CSU) etwa, Hep Monatzeder (Grüne) oder Markus Rinderspacher (SPD). Auch ein an der Grünwalder Straße bestens bekannter 1860-Reporter des Merkur befand sich im Raum, sogar ein Kamerateam des Bayerischen Fernsehens - um eine Privatveranstaltung handelte es sich also mitnichten. Aber Stammtisch ist eben Stammtisch - also plauderte 1860-Präsident Robert Reisinger überraschend frei von der Leber weg und verriet viel Neues.

Zum Beispiel, dass der Kontakt zu Trainer Michael Köllner schon länger bestand - weil Sechzig den früheren Nürnberger zunächst als Nachwuchsleiter installieren wollte. "Im Mai hat uns Dieter Märkle offenbart, dass er geht", berichtete Reisinger. "Im Zuge dessen haben wir Kandidaten gesichtet und auch Michael Köllner angesprochen." Der wollte allerdings nicht zurück in ein Nachwuchszentrum, sondern Cheftrainer bleiben. Als sich dann im November Daniel Bierofka zurückzog, war der Kontakt zu Köllner schnell reaktiviert, er erhielt laut Reisinger einen Vertrag bis Juni 2021. Bisher hatte Sportchef Günther Gorenzel stets beteuert, dass es zum ersten Kontakt zu Köllner erst einen Tag nach dem Abschied Bierofkas kam.

Dass ihn jener Abschied nicht sonderlich traurig gestimmt hat, ganz im Gegenteil, machte Reisinger in der Landtags-Kantine in bisher ungekannter Deutlichkeit klar: "Wir können ihn ja nicht mit dem Lasso einfangen und an der Grünwalder Straße anketten." Er habe Bierofka aber mitnichten weggemobbt, berichtete Reisinger den Politikern. "Als Präsident steht mir einfach zu, dass ich meine Meinung sage, dass ich öffentlich Sachen anspreche und Kritik übe. Das hat aber nichts mit Mobbing zu tun", sagte er. "Gewisse Blogger haben das ausgeschlachtet und mich an den Pranger gestellt, ich hätte ihn rausgemobbt. Was ich nicht so sehe." Bierofka habe bei 1860 "die Möglichkeit bekommen, neben seiner Trainertätigkeit den Fußballlehrer zu machen - da frage ich mich, wo er fehlende Wertschätzung beklagt, tut mir leid".

Reisinger ging, wo ihm die Politiker nun schon gespannt lauschten, auch noch auf die Finanzen der Profifußball-KGaA ein. Ein Minus von 22 Millionen Euro aus der von Investor Hasan Ismaik initiierten irren Geldverbrennungssaison 2016/17 drückt bis heute auf die Bilanz, "weil unser Mitgesellschafter nicht bereit ist, komplett in Genussscheine oder sonst was zu wandeln", sagte Reisinger. "Hätten wir diese 22 Millionen Miese nicht in der Bilanz stehen, dann hätte die KGaA ohne die Zinsbelastung und Kosten für Wirtschaftsprüfer 800 000 Euro mehr, die sie für Spieler einplanen könnte." Immerhin sei der Etat für die kommende Spielzeit laut Reisinger schon vor der Transferbeteiligung an Julian Weigl von 2,4 auf 3,1 Millionen Euro erhöht worden, unter anderem habe die Stadt ein Entgegenkommen bei der Stadionmiete angekündigt. Durch das zusätzliche Transfergeld plane Sechzig nun mit je 3,5 Millionen Euro für die nächsten beiden Spielzeiten.

Natürlich interessierten sich einige löwenbegeisterte Politiker auch für die Frage nach einem Stadionneubau. "Erst wenn die KGaA wieder atmen kann, lässt sich sagen, wir wollen ein eigenes Stadion bauen", erklärte Reisinger. "Das kostet hier in München 100 Millionen. Ich habe mit vielen Leuten gesprochen, grundsätzlich ist alles vorstellbar. Aber nicht in dieser Konstellation mit einem Gesellschafter, bei dem man nicht weiß, wie er tickt, ob er zu seinem Wort steht oder nicht." Unabhängig von der Stadionfrage möchte er "in den nächsten fünf Jahren ans Tor zur ersten Liga klopfen". Mit der aktuellen sportlichen Lage in der dritten ist Reisinger schon mal glücklich: "Wenn wir von den letzten sieben Spielen sieben verloren hätten, würde ich jetzt nicht in meiner Haut sitzen wollen", sagte er mit Blick auf den Trainerwechsel. Aber, wie es halt so ist, wenn der Erfolg passt: "Der Sturm hat mich nicht erreicht." Dafür erreichte ihn nach seinem rund 90-minütigen Vortrag ein Beifallssturm der Politiker.

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