TSV 1860 München:Hat 1860 München am Samstag noch eine Mannschaft?

Trainingsstart TSV 1860 München

1860-Cheftrainer Daniel Bierofka (l) und Co-Trainer Oliver Beer beobachten die Mannschaft.

(Foto: dpa)
  • An diesem Freitag klärt sich, ob der TSV 1860 München ein Insolvenzverfahren beantragen muss.
  • Geschäftsführer Markus Fauser hat viele offene Baustellen zu klären.

Von Markus Schäflein und Philipp Schneider

Daniel Bierofka, der Trainer des TSV 1860 München, testete am Donnerstag einen neuen Stürmer: Der 25-jährige Mario Petter erschien im Trainingslager in Obertraun mit der Empfehlung von 30 Toren in 29 Spielen. Allerdings erzielte Petter sie in der dritten Liga Österreichs für den ATSV Stadl-Paura. Viel namhaftere Akteure interessieren sich derzeit eben nicht für ein Engagement beim traditionsreichen TSV, denn selbst für die Regionalliga Bayern war die Perspektive am Donnerstag noch unklar. An diesem Freitag laufen die Verträge von zahlreichen Spielern aus, nicht nur von ehemaligen Zweitliga-Profis wie Jan Mauersberger und Nico Karger, sondern auch von bisherigen U21-Akteuren wie Nicholas Helmbrecht, Mo Awata oder Kapitän Felix Weber.

Würde 1860-Geschäftsführer Markus Fauser diese Verträge ohne positive Fortführungsprognose verlängern oder gar neue Kontrakte etwa mit Timo Gebhart und Daniel Wein abschließen, müsste er sich zuvor juristisch absichern. Vor jeder einzelnen Unterschrift auf einem neuen Vertrag muss eine Sicherung der Zukunft zumindest in Aussicht stehen. "Ich hoffe, dass sich alles klärt, sonst haben wir ab 1. Juli ein Problem", sagte Bierofka dem Blog blaue24, der befürchten musste, für das Testspiel gegen Liefering am Samstag keine Mannschaft zu haben.

Schwere Altlasten aus der vergangenen Saison

Die Baustellen, auf denen Fauser noch am Donnerstag unter Hochdruck tätig war, sind zahlreich. Der Auszug aus der Fröttmaninger Arena und die Beendigung des bis 2025 laufenden Mietvertrags stellte da fast noch die kleinste dar: Um die Probleme mit dem Caterer Arena One, mit dem der TSV 1860 ebenfalls noch einen gültigen Vertrag besitzt, und mit den Logenbesitzern, die künftig auf die Spiele der Löwen verzichten müssen, muss sich der Vermieter FC Bayern München wohl selbst kümmern. Eine Lösung ist mit dem Namensgeber der Arena, dem Versicherungskonzern Allianz, zu finden, der künftig auf Medienpräsenz bei 1860-Spielen verzichten muss. Eine naheliegende Möglichkeit wäre es, in Zusammenarbeit mit der Stadt München als Vermieterin Namens- oder Vermarktungsrechte an der künftigen Spielstätte, dem Stadion an der Grünwalder Straße, zuzugestehen.

Schwerer wiegen die Altlasten aus der vergangenen Saison, bei denen Fauser versuchte, Stundungen zu erreichen - also die Fälligkeiten der Forderungen hinauszuschieben. Arena One, das dem österreichischen Großcaterer Do&Co gehört, hat noch rund eine Million Euro aus der vergangenen Saison zu erhalten; selbstredend muss auch der e.V. des TSV 1860 auf die ihm zustehende Zahlung seiner KGaA von 500 000 Euro, die Fußball-Abteilungsleiter Roman Beer zuletzt beklagte, zunächst verzichten.

Ausverkauft

Das erste Regionalliga-Spiel des TSV 1860 am Donnerstag, 13. Juli (19 Uhr), beim FC Memmingen ist bereits ausverkauft. Am ersten Verkaufstag war das Kontingent von 1100 Karten für den Gästeblock bereits kurz nach 10 Uhr morgens vergriffen. Ärger gab es um den Ablauf, da etliche Anhänger bereits vor der angekündigten Uhrzeit zugriffen: "Aufgrund eines technischen Problems war der Online-Ticketshop bereits vor dem offiziellen Verkaufsstart wenige Minuten online", teilte der Verein mit. "Um 10 Uhr startete der offizielle Verkauf. Die Tickets waren wie erwartet in Kürze vergriffen." An einer Tankstelle in Memmingen, die Karten für den Heimbereich verkaufte, drängten sich zur Öffnungszeit um sechs Uhr morgens ebenfalls hunderte Löwenfans. Am Donnerstag waren bei den Vorverkaufsstellen noch etwa 700 Stehplatzkarten aus dem Restkontingent in den freien Verkauf gegangen. Zuvor hatte es ein Vorkaufsrecht für FCM-Mitglieder und Sponsoren gegeben, das intensiv genutzt wurde. Insgesamt fasst die Arena Memmingen 5000 Zuschauer. SZ

Probleme machen dem Vernehmen nach auch noch Zahlungen, die mit einem Spielertransfer aus der Winterpause zusammenhängen. Und schließlich hat ja auch der jordanische Investor Hasan Ismaik, der Mehrheitseigner der vom Kollaps bedrohten Profifußball-KGaA, noch den Rangrücktritt oder zumindest die Stundung eines Acht-Millionen-Darlehens zu akzeptieren.

Kommt ein neuer Investor?

Ob zusätzlich zu den zahlreichen Entgegenkommen der Gläubiger auch noch frisches Geld nötig ist, um die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu vermeiden, blieb unklar - kolportiert wurde ein Betrag von rund zwei Millionen Euro. Ein neuer Investor jedoch dürfte in der Kürze der Zeit nicht mehr einsteigen. Ein Lösung könnte eine Übergangsfinanzierung, etwa durch ein Darlehen eines Unternehmens aus dem Sponsorenpool oder einen externen Risikokapitalgeber, sein - ein möglicher neuer Investor könnte dieses Darlehen dann ausbezahlen und im Gegenzug, die Zustimmung einer Mitgliederversammlung vorausgesetzt, Anteile an der KGaA erhalten. Derzeit gehören 60 Prozent Ismaik und 40 Prozent dem e.V. des TSV 1860.

Interessenten gibt es offenkundig einige. Investor Ismaik sagte der SZ, er sei im Gespräch mit "zwei Familien aus München und einer Firma aus Bayern". Er brauche "die Hilfe von Leuten, die aus München kommen", erklärte Ismaik: "Ich denke, dass die Fans eine Business-Lösung eher akzeptieren, wenn es auch einen deutschen Investor bei 1860 gibt." Er gehe davon aus, dass der Klub "40 bis 60 Millionen Euro Kapital" brauchen werde; er wolle aber auch bei einem Einstieg eines neuen Partners "Mehrheitseigner bleiben". Ein solches Szenario erscheint allerdings selbstredend schwerlich vorstellbar.

Für eine Rettung an diesem Freitag in Form einer positiven Fortführungsprognose für zwei Regionalliga-Jahre ist eine neue Investorenlösung allerdings noch nicht erforderlich. Bierofka und seine Spieler durften in Obertraun also weiter hoffen.

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