TSV 1860 München:Halb gut

TSV 1860 München: Schlitzohr mit Gefühl: Richard Neudecker trifft unter der Freiburger Mauer hindurch per Freistoß zum 1:0 für Sechzig.

Schlitzohr mit Gefühl: Richard Neudecker trifft unter der Freiburger Mauer hindurch per Freistoß zum 1:0 für Sechzig.

(Foto: Gerd Gründl/Beautiful Sports/Imago)

Die Löwen gewinnen ein wunderliches Spiel beim SC Freiburg II 2:1 und schieben sich auf Platz vier. Trainer Michael Köllner sieht Gelb - und ist gegen Osnabrück gesperrt.

Von Markus Schäflein

Die Spieler des TSV 1860 München droschen die Bälle aus ihrem Strafraum weit in die gegnerische Hälfte, wenn sich die Möglichkeit ergab, suchten sie den Weg zur Eckfahne, um Zeit herauszuholen, und am Ende verteidigten sie tatsächlich den 2:1-Sieg beim SC Freiburg II. "Hinten raus haben wir keine einzige Torchance zugelassen", bilanzierte der stolze Trainer Michael Köllner, der in der Hektik der Schlussphase eine gelbe Karte gesehen hatte. All das wäre ziemlich normal gewesen für ein Fußballspiel - hätten die Löwen nicht seit der 14. Minute gegen zehn Freiburger gespielt, und von der 57. Minute an gegen neun.

Sie hatten aber eine knappe Dreiviertstunde gegen zehn und dann noch eine gute halbe Stunde lang gegen neun gespielt, und so musste man sich einfach nur wundern über das, was am Sonntagnachmittag im Dreisamstadion passiert war. Der beste Münchner, Mittelfeldspieler Richard Neudecker, sagte bei Magentasport: "Ich glaube, in der zweiten Halbzeit haben wir es eher schlecht gemacht." Das war eher eine Untertreibung.

"Die müssen irgendwann kaputt sein - das haben wir nicht hingekriegt", wundert sich Neudecker

Aber zunächst zur ersten Hälfte, in der es die Löwen ohne Einschränkung gut gemacht hatten. Nach einer knappen Viertelstunde eilte Marcel Bär nach einem weiten Ball davon, Sandrino Braun-Schumacher foulte ihn - Notbremse, Rot für den 33-jährigen Kapitän der Freiburger Nachwuchsmannschaft. Den zudem fälligen Freistoß schoss Neudecker unter der hochspringenden SC-Mauer flach ins Tor zum 0:1 und quasi zur Doppelbestrafung. Sechzig dominierte die Partie deutlich, einen weiteren Freistoß von Neudecker parierte Freiburgs Torhüter Noah Atubolu (25.), und nach einer Flanke von Neudecker traf Yannick Deichmann zum 0:2 (32.), gegen eine unsortierte Freiburger Abwehr. Der Nachmittag schien schnell den erwarteten, nämlich langweiligen Verlauf zu nehmen - doch dann kam 1860-Torhüter Marco Hiller zu zögerlich aus seinem Tor und ermöglichte Freiburg den Anschlusstreffer durch Emilio Kehrer (38.). Weil zudem Bär zwei Großchancen vergeben hatte (5., 45.), mussten sich die Löwen ärgern, dass sie zur Pause nur 2:1 führten statt 4:0.

Im zweiten Durchgang spielten die Freiburger zu zehnt mutig und bestimmend auf den Ausgleich, doch allzu lange blieben sie nicht zu zehnt. Nach einer knappen Stunde sah ihr Flügelspieler Sascha Risch binnen 87 Sekunden erst Gelb, als er den Ball bei einem Einwurf für Sechzig wegtrat, und dann Gelb-Rot nach einem Foulspiel. Gegen neun Freiburger reichte es in der Folge nur für eine einzige nennenswerte Torchance der Löwen, Stefan Lex traf aus spitzem Winkel den Pfosten (63.). So blieb es bis in die Schlussphase spannend, die Heimzuschauer bejubelten jeglichen Ansatz eines Angriffs ihrer Mannschaft, die am Ende tatsächlich, im Rahmen der Möglichkeiten, auf den Ausgleich spielte.

Als Sildillia Deichmann gefoult hat, kochen kurz vor Schluss die Emotionen hoch

Mit zwei Spielern mehr den Ball und die Gegner laufen lassen - klingt logisch, klappte aber nicht beim TSV 1860. Nichts lief. "Die hatten unter der Woche noch gespielt, die müssen irgendwann kaputt sein - das haben wir nicht hingekriegt", wunderte sich Neudecker. So blieb es hektisch, und als Kiliann Sildillia Yannick Deichmann gefoult hatte (84.), kochten die Emotionen hoch, auf beiden Ersatzbänken wurde getobt, Zuschauer warfen Becher, die Partie war sechs Minuten lang unterbrochen. Die Freiburger hätten behauptet, Deichmann sei gar nicht getroffen worden und habe auf Zeit gespielt, echauffierte sich Köllner: "Der humpelt raus, hat eine Riesenbandage dran - wahrscheinlich hat ihn eine Fliege berührt." Beide Trainer sahen Gelb, Freiburgs Thomas Stamm muss dafür in die Mannschaftskasse zahlen, Köllner trifft es härter: Es war seine vierte gelbe Karte, er ist am Samstag (14 Uhr) im Heimspiel gegen den VfL Osnabrück gesperrt.

Und diesem Spiel kommt enorme Bedeutung zu: Mit dem Sieg in Freiburg haben sich die Löwen auf Platz vier geschoben, vorbei an Saarbrücken und Mannheim. Dieser Platz berechtigt schon mal zur DFB-Pokalteilnahme, und der Abstand auf den Aufstiegsrelegationsplatz drei beträgt sechs Punkte, wobei Braunschweig nur noch vier Partien zu absolvieren hat und Sechzig noch fünf. Und Osnabrück zählt auch noch zu den Kandidaten, die auf die Plätze vier, drei und sogar zwei schielen. Es ist also wieder einmal eines der Spitzenspiele, von denen es in der dritten Liga so viele gibt, aber je später man sich in der Saison befindet, umso spitzenmäßiger werden sie. Die gute Nachricht für die Löwen: Die Osnabrücker spielen, zumindest zunächst, zu elft.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: