TSV 1860 München:Tüpfelchen auf dem i

TSV 1860 München: Endlich wieder Grund zur Freude: die Löwen, hier Jesper Verlaat (2.v.r.) und Marcel Bär.

Endlich wieder Grund zur Freude: die Löwen, hier Jesper Verlaat (2.v.r.) und Marcel Bär.

(Foto: Bert Harzer/Eibner/Imago)

Die Löwen schaffen in Aue den ersten Sieg unter Jacobacci - weil sie die nötige Laufbereitschaft zeigen, um seinen offensiveren Plan umzusetzen. Der Trainer ist auf einem guten Weg, gleich zwei Vorwürfe gegen Sport-Geschäftsführer Gorenzel zu widerlegen.

Von Christoph Leischwitz

Maurizio Jacobacci nahm sich auf der Pressekonferenz viel Zeit, um noch einmal alle Chancen seiner Mannschaft aus der ersten Spielhälfte von seinen Notizen abzulesen. Das dauerte, aber auf diese teambildende Maßnahme wollte er nach diesem 3:1-Triumph wohl einfach nicht verzichten. "Es ging los mit der Chance mit Steini (Phillipp Steinhart, Anm. d. Red.), dem Abschluss mit Albi (Albion Vrenezi), wie auch die Chance mit Deichi (Yannick Deichmann)", zählte Jacobacci unter anderem auf. Stefan Lex nannte er nicht "Lexi", sondern einfach nur "Lex", dafür hatte er den Kapitän bei dessen Auswechslung nach genau einer Stunde aber besonders innig geherzt. Lex hatte ja maßgeblich dazu beigetragen, dass zu diesem Zeitpunkt das Auswärtsspiel bei Erzgebirge Aue schon so gut wie entschieden war: Zwei Treffer hatte er selbst erzielt (16., 59.), jenes von Albi hatte er aufgelegt (36.). Für Lex waren es übrigens die ersten Treffer seit dem dritten Spieltag - ein Indiz dafür, dass er vor allem dann befreit spielt, wenn die Stimmung im Team gut ist.

Auch andere hätten die i-Adelung verdient gehabt, Joseph Boyamba zum Beispiel, der unter Jacobacci die steilste Formkurve zeigt und in Aue wieder zu den Auffälligsten gehörte. "Das gibt uns einfach wieder den Glauben zurück", sagte Lex, der bei Magentasport die beiden 2:0-Führungen der vergangenen Wochen ansprach, bei denen es jeweils trotzdem nicht zu einem Sieg reichte: "Dann zweifelst du an dem Ganzen."

Jacobacci hat es also geschafft, den Unglauben auszutreiben. Als er kam, war nur selten ein verniedlichendes "i" am Ende eines Namens zu hören gewesen, tatsächlich zeigt die Mannschaft seit seiner Amtsübernahme eine konstante Leistungssteigerung. In kleinen Schritten, aber nach vier Spielen und nunmehr fünf Punkten klar erkennbar, und diesmal, gegen zuletzt so erfolgreiche Sachsen, sogar fast über die gesamten 90 Minuten. "Wir wollten das Spiel so gestalten wie zu Hause, offensiv agieren", sagte Jacobacci, der in den Spielen zuvor einen klaren Fokus auf die Defensive gelegt hatte. Dass seine Spieler dann auch die Laufbereitschaft an den Tag legten, die für seinen taktischen Plan nötig war, das bedeutete für den Trainer sozusagen das Tüpfelchen auf dem i.

Die ersten beiden Treffer fielen jeweils nach eigenem Einwurf - was auf zurückgekehrte Gedankenschnelligkeit hindeutet

Die ersten beiden Treffer fielen jeweils nach einem eigenen Einwurf, was auf zurückgekehrte Gedankenschnelligkeit hindeutet, der Gegner wurde übertölpelt. Selbst nach dem 1:3-Anschlusstreffer, bei dem die Sechziger ein vorangegangenes Handspiel des Torschützen Philipp Besong reklamierten (71.), wurde es diesmal nicht mehr spannend. "Natürlich war das in den Köpfen", sagte auch Vrenezi über die offensichtlich traumatischen Erfahrungen nach Führung, "aber diesmal haben wir das gar nicht zugelassen". Der Sieg hätte sogar noch deutlich höher ausfallen können. Die beste vergebene Chance hatte ebenfalls Lex, der nach einem fatalen Fehler im Auer Spielaufbau aber alleine vor Keeper Martin Männel nicht an diesem vorbeikam (39.).

Nun steht am kommenden Sonntag das Heimspiel gegen Borussia Dortmund II an, es erscheint zumindest als machbare Aufgabe für ein Team mit neuem Selbstvertrauen. Viel Erfolg würde bei den Löwen gleich wieder Aufstiegshoffnungen schüren, die prompt enttäuscht werden dürften - es müssten ja gleichzeitig mehrere andere Teams Niederlagenserien starten.

Zumindest besteht die Möglichkeit, dass jetzt mal kurz ein bisschen Ruhe einkehrt in den von Streit zerfurchten Verein. Zumindest auf dem Papier war ja der angezählte Geschäftsführer Günther Gorenzel federführend in der Verpflichtung jenes Trainers, dem offenbar gerade eine Trendwende zum Positiven gelingt. Doch der 51-jährige Österreicher ist kaum noch zu sehen, seit Jacobacci an der Seitenlinie steht. Die einen werfen Gorenzel vor, dass der von ihm zu verantwortende Kader nicht gut genug ist für den erhofften Aufstieg. Die anderen finden, es war ein großer Fehler, Michael Köllner zu beurlauben. Jacobacci ist auf einem guten Weg, beides zu widerlegen.

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