TSV 1860 München:Erst die Party, dann die Politik

Lesezeit: 3 min

  • Der TSV 1860 München kehrt am Freitag nach zwölf Jahren ins Grünwalder Stadion zurück.
  • Nicht alle Fans finden das gut, die Mitgliederversammlung am Sonntag birgt viel Zündstoff.

Von Markus Schäflein und Philipp Schneider

Mit neun Jahren ist Daniel Bierofka zum ersten Mal im Stadion an der Grünwalder Straße gewesen. Der TSV 1860 München gewann 7:0 gegen den FC Amberg, in der Hinrunde der Bayernliga-Saison 1988/89. Es seien "27 000 oder 30 000 Zuschauer" dagewesen, erinnert sich Bierofka. Laut www.gruenwalder-stadion.com waren es 8300, aber wen interessiert das schon, der kleine Daniel war auf jeden Fall begeistert von Sechzig.

Es ist nicht so, dass das Heimspiel des TSV 1860 München gegen Wacker Burghausen die Rückkehr Bierofkas ins Grünwalder Stadion wäre - er hat dort als Trainer der Regionalliga-U21 in den vergangenen Jahren ja regelmäßig gearbeitet. Diesmal handelt es sich wieder um eine Viertligapartie, allerdings leitet Bierofka jetzt die erste Mannschaft an, was trotz ähnlichen Personals eine gänzlich andere Herausforderung bedeutet. Erstmals seit Mai 2005, zwölf Jahre ist das her, spielt die Erste der Löwen wieder ein Pflichtspiel in Giesing. "Das ist erst mal ungewohnt", sagt Bierofka, "ausverkauft sind meine Jungs nur vom Derby gegen Bayern II gewohnt. Man merkt den Kitzel, man merkt, dass es kein normales Spiel wird." Er fügt an: "Es wird hoffentlich irgendwann normal werden."

Ja, möglicherweise wird es irgendwann normal, wenn Sechzigs Erste im Grünwalder Stadion spielt. Vorerst ist es das nicht - und da ist Bierofka froh, dass er zumindest auf ein paar Routiniers setzen kann. Sowohl Mittelfeldregisseur Timo Gebhart als auch Innenverteidiger Jan Mauersberger sind nach kleineren Blessuren wieder fit, dazu kommt Sascha Mölders im Sturmzentrum. "Wir haben jetzt drei englische Wochen hintereinander", sagt Bierofka, der auch den Toto-Pokal "sehr ernst" nehmen will - weil er die Möglichkeit bietet, auch dann am DFB-Pokal teilzunehmen, wenn Sechzig sich nicht als beste Nicht-Reservemannschaft der Liga dafür qualifizieren sollte. Buchbach (auswärts am Mittwoch), Rosenheim und ein noch unbekannter Kreispokalsieger in der ersten Verbandspokal-Runde werden die nächsten dicht gedrängten Gegner der Löwen sein. "Wir müssen auf die Belastung schon Rücksicht nehmen", meint der Trainer - gerade, was noch nicht austrainierte Akteure wie Mölders oder Gebhart angeht.

"Wir dürfen nicht überdrehen und nicht nervös sein"

Gegen Burghausen spielt aber in jedem Fall wieder weitgehend die erfolgreiche Elf vom 4:1 in Memmingen mit allen Routiniers. Denn für Bierofka gilt es einen Spagat zu schaffen. "Wir müssen schauen, dass sehr viele Emotionen rüberkommen", meint der Trainer, "aber wir dürfen auch nicht überdrehen und nicht nervös sein." Vor Gegner Burghausen hat Bierofka Respekt, dessen proklamierte "Reamateurisierung" hält er für eine Übertreibung: "Sie haben immer noch viele Spieler, die zwei Mal am Tag trainieren können, und von daher Profibedingungen."

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Profibedingungen der vierten Liga zu garantieren, ist jedenfalls der Anspruch des TSV 1860 - auch im Umfeld. Daher hat der Klub, mangels eines tauglichen Vip-Bereichs im Grünwalder Stadion, am Trainingsgelände eine Almhütte für besonders wichtige Gäste und Sponsoren errichten lassen. Mit Shuttlebussen sollen die Gäste von der Almhütte ins gut einen Kilometer entfernte Stadion transportiert werden. Während die neue Hütte, die auch das Oktoberfest schmücken würde, schon fertig ist, herrscht nebenan an dem neuen Containergebäude, das mit Mitteln des jordanischen Investors Hasan Ismaik errichtet wurde, mittlerweile offenkundig ein Baustopp.

Mit Anwesenheit Ismaiks gegen Burghausen ist nicht zu rechnen; dafür kandidiert sein Bruder Yahya am Sonntag bei der Mitgliederversammlung für den Verwaltungsrat des e.V. Wie es weitergeht mit dem merkwürdigen Verhältnis des TSV und seinem Investor, ist die große Frage abseits des Platzes. Der Unternehmensberater Karl-Christian Bay gehört zu den wenigen Vereinsvertretern, die unvorbelastet mit Ismaik reden können; Bay soll künftig einen Platz im Aufsichtsrat der Profifußball-KGaA einnehmen, seine Kandidatur für den e.V.-Verwaltungsrat hat er hingegen zurückgezogen.

"Um Interessenskonflikte zu vermeiden", wie Präsident Robert Reisinger sagt - der ja für eine strikte Trennung zwischen Vereinspolitik und KGaA-Belangen eintritt (wohlgemerkt, nachdem der e.V. den Geschäftsführer in Eigenregie und notfalls gegen den Willen von Ismaik durchgesetzt hat wie im Fall von Markus Fauser). Der nunmehr geplante Schritt, dass kein Vertreter des e.V.-Verwaltungsrats im Kontrollgremium der Fußballfirma mehr sitzen wird (Markus Drees wird ausscheiden und Platz machen für einen Vertreter des Hauptsponsors), wird das Vereinsgremium deutlich entmachten.

Offen ist, wie sich das Präsidium zu einer Reihe investorenunfreundlicher Anträge positionieren wird. Reisinger, der als Präsident noch von den Mitgliedern bestätigt werden muss, muss ohnehin noch um seine Wahl bangen. Zwar hat Geschäftsführer Fauser auf wirtschaftliche Gründe verwiesen und auch Ismaik den Arenaauszug gutgeheißen - die Gegner des Grünwalder Stadions, hauptsächlich aus den Reihen der großen Fanorganisation Arge, machen aber Reisinger dafür verantwortlich, dass Sechzig wieder in Giesing spielt.

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Sowohl die Arge als auch die andere Organisation, Pro1860, wollen ihren Mitgliedern konkrete Wahlempfehlungen für den Verwaltungsrat geben. Für Pro1860 ist das ein unerhörter Vorgang. Er zeigt, wie sehr sich diese Investor Ismaik gegenüber kritische Organisation unter Druck gesetzt fühlt. Bevor es allerdings mal wieder politisch wird, soll an einem umstrittenen Ort erst mal eine unbestritten große Party stattfinden.

© SZ vom 21.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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