TSV 1860 München:Das Darlehens-Paradoxon

27.06.2020, Fussball 3. Bundesliga 2019/2020, 36.Spieltag, TSV 1860 München - SPVGG Unterhaching, im Grünwalderstadion

Weiter ein Münchner: Sascha Mölders.

(Foto: imago images/MIS)

1860-Sportchef Gorenzel steht vor dem Problem, dass der Mannschaftsetat von externen Gönnern nicht einfach erhöht werden kann.

Von Markus Schäflein und Philipp Schneider

Zur angemessenen Würdigung der guten Nachricht hat Sascha Mölders am Freitag ein kleines Rätsel übermittelt. "Ich musste mich zwischen Geld und Liebe entscheiden", wurde er zitiert in der Pressemitteilung anlässlich seiner Vertragsverlängerung um eine weitere Saison. "Und hier bin ich."

Nun wäre dieses Rätsel bei jedem anderen Verein als dem TSV 1860 München wesentlich schwieriger zu knacken gewesen. Angesichts des Bekanntheitsgrads der chronisch knappen Kassen beim Drittligisten von der Grünwalder Straße ahnten sogleich viele Beobachter: Alles klar, Sascha Mölders kann nur aus Liebe gehandelt haben! Viel Geld wird ihm Günther Gorenzel, der Geschäftsführer Sport, kaum geboten haben. Schließlich gibt es seit Tagen ein großes Thema bei Sechzig, das lohnt, abermals aufgedröselt zu werden. Ein angemessener Titel wäre: Das vermeintliche Darlehens-Paradoxon von und mit Mehrheitsgesellschafter Hasan Ismaik.

Ausgangspunkt für alle Überlegungen ist die Frage: Wie kann es sein, dass die stolze Summe von sechs Millionen Euro in Form von Darlehen Ismaiks bereitsteht, aber kein einziger Cent davon in eine Vergrößerung des Mannschaftsetats fließen wird? Mehr noch: Die Tatsache, dass Darlehen bereitstehen, erschwert sogar die möglichen Investitionen Dritter in den Kader. Wie also kann das sein?

Als im vergangenen Sommer schon einmal die Frage aufkam, ob der beliebte Abwehrspieler Aaron Berzel beim TSV 1860 München verbleiben würde, fanden sich einige private Gönner, die sein Gehalt übernahmen. Beispielsweise der nicht minder beliebte Reinigungsunternehmer Hans Sitzberger, der zugleich auch Vizepräsident des e. V. ist. Nun wechselte Berzel unlängst zum neureichen Lokalrivalen Türkgücü, und diesmal rief bei Sitzberger niemand an, ob er vielleicht mithelfen wolle, das zu verhindern. Den Grund dafür deutete Sport-Geschäftsführer Günther Gorenzel in der Abendzeitung an: "Eine Lösung mit Gönnern ist aufgrund unseres Finanzkonstrukts nicht mehr möglich." Denn: "Entscheidend ist für mich, was im Sport-Etat ankommt."

Und das Blöde für Gorenzel ist: Wenn Sitzberger den Geldbeutel zücken würde, käme davon im Sport-Etat gar nichts an. Das Konstrukt, das der Sport-Geschäftsführer meint, ist die coronabedingt gegebene Sicherheit von Investor Hasan Ismaik, der via Darlehen für gut sechs Millionen Euro Gesamtbudget einspringen würde. Diese brauchte es für die positive Fortführungsprognose über zwei Jahre. Und aus Gorenzels rein sportlicher Perspektive ist es ja erst einmal egal, ob das Geld von Sitzberger kommt oder von Ismaik-Darlehen. Sein Spieleretat bleibt unabhängig von etwaigen Einnahmen - ob Zuschauer kommen dürfen oder nicht, ob Sponsoren Schlange stehen oder nicht - erst einmal identisch. Und zwar auf ziemlich niedrigem Niveau - mit rund 2,4 Millionen Euro weisen die Löwen ein Budget auf, das in der Vor-Corona-Zeit dem eines Abstiegskandidaten entsprach. Was es in Zukunft bedeutet angesichts der finanziellen Probleme zahlreicher Drittligisten, weiß selbstredend noch keiner.

Nun ist es ja mit einem Konstrukt zwischen den Gesellschaftern so, dass es jederzeit umkonstruiert werden könnte, wenn beide Seiten sich einig sind. Nur ist eine Sitzberger-Zahlung für Aaron Berzel eine selbstredend zu geringe Hausnummer, um in derartige Gespräche einzusteigen. Sollte hingegen beispielsweise der Hauptsponsor "Die Bayerische" die Transferbeteiligungen an Marin Pongracic und Felix Uduokhai für den Etat freigeben oder sollten Gebühren für den öffentlichen Nahverkehr wegen Geisterspielen wegfallen, wären neue Gespräche denkbar. Im Falle der Versicherung gab es die Überlegung, dass sie anstelle der Transferbeteiligungen - die sie derzeit einbehält als Sicherheit für ein Darlehen über zwei Millionen Euro aus der Vergangenheit - eine Eintragung in das Grundbuch der Geschäftsstelle an der Grünwalder Straße erhalten könnte. Das Problem dabei: Das Erbpacht-Grundstück gehört der Stadt München. Und die würde wohl kaum zustimmen, ein Grundstück zu belasten, nur damit eine schnell vergängliche Investition in Fußballerbeine getätigt werden kann.

Gorenzel hat die Hoffnung offenkundig noch nicht aufgegeben: "Man wird sehen, ob auf dieses Basispaket noch eine Erhöhung des Etats folgt." Möglich wäre dies nach SZ-Informationen wohl. Aber der Weg ist kompliziert. Sollte sich beispielsweise ein privater Gönner finden, der ein zweckgebundenes Sponsoring übernimmt und einen Spieler finanzieren möchte, so müssten die Gesellschafter dem Vorhaben dezidiert zustimmen. In einem zusätzlichen Vertrag.

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