Anspannung beim TSV 1860 München:"Dann stirbt die Partnerschaft"

TSV 1860 München - Energie Cottbus

Muss um die Zustimmung der Delegierten fürchten: 1860-Präsident Hep Monatzeder (rechts).

(Foto: dpa)

Weil 1860-Präsident Hep Monatzeder das Verhältnis zu Investor Hasan Ismaik an die Wand zu fahren droht, muss er um Bestätigung bei der Delegiertenversammlung zittern. Ein Gegenkandidat zu Monatzeder positioniert sich bereits.

Von Gerald Kleffmann und Philipp Schneider

Als die Zuschauerzahl vermeldet wurde, war die nächste Ungereimtheit in diesem von tausend Ungereimtheiten geplagten Klub perfekt. 14 200 Besucher sollen sich nach Mitteilung des TSV 1860 am Samstag in der Münchner Arena eingefunden haben, was angesichts der leeren Ränge als netter Versuch gewertet werden konnte, das Desinteresse der Kundschaft nicht ganz so groß erscheinen zu lassen.

Vielleicht mögen es 9000 bis 10 000 Menschen gewesen sein, die sich das 1:2 der Zweitliga-Löwen gegen den FSV Frankfurt antaten, sicher nicht mehr. Einer, der das Herz am rechten Fleck trägt, sprach offen sein Verständnis für die Fans aus, die lieber zu Hause blieben und sich nicht durch ein Löwenspiel die Laune verderben lassen wollten.

"Wir sind auf einem Platz, wo es nicht mehr um viel geht", sprach Profi Daniel Bierofka, "und außenrum sind viele Querelen. Dass da nicht viele kommen, ist klar." Er meinte den Zoff zwischen 1860 und Investor Hasan Ismaik, der 49 Prozent des Klubs besitzt.

Eine Bagatelle stellen die schleichend sinkenden Zuschauerzahlen nicht dar, hängen doch von ihnen Einnahmen ab, die bei der Lizenzierung eine wichtige Rolle spielen. 22 940 kamen in dieser Löwen-Saison im Schnitt, was halbwegs passabel klingt. Doch zieht man allein nur das erste Spiel gegen Regensburg (45 300) und das Wiesn-Spiel gegen Braunschweig (31 600) ab, wird klar, dass sich der Verein Sorgen machen sollte.

Am Samstag allerdings ging es erst einmal darum, den nächsten sportlichen Rückschlag zu verarbeiten, trotz aller Turbulenzen nehmen die Löwen ja immer noch am Spielbetrieb teil. "Heute hat man genau gesehen, wer sich von den Spielern hier richtig einbringt und dem Team helfen will - und wer nur Eigeninteressen verfolgt", äußerte Geschäftsführer Robert Schäfer.

Ja, der Begriff Eigeninteresse war dann wieder ein gutes Stichwort. Ausgerechnet in dieser Woche dürfte es im Grunde um nichts anderes gehen. Und wer weiß, vielleicht gelingt Schäfer der nächste Schachzug und er übersteht auch diesen Sturm, der gerade über ihm und 1860 aufzieht.

Am Donnerstag findet in Planegg die außerordentliche Delegiertenversammlung statt, auf der jene neue Satzung verabschiedet werden soll, die das Delegiertensystem abschafft; 1860 kehrt zum Mitgliedersystem zurück. Bedeutsamer freilich wird Tagesordnungspunkt 5.3. werden, "Bestätigung des neuen Präsidiums".

Der neue Präsident, Grünen-Politiker Hep Monatzeder, will nach seinem aus dem Aufsichtsrat heraus geglückten Putsch gegen Dieter Schneider offiziell das Vertrauen abholen für seine Amtszeit. Doch nachdem es ihm binnen kürzester Zeit gelang, das ohnehin komplizierte Verhältnis zum schwierigen 1860-Mitgesellschafter Ismaik an die Wand zu fahren, muss er um die Bestätigung zittern. Zumal sich ein Gegenkandidat anbietet. Erich Meidert, Unternehmer mit facettenreicher Historie bei 1860, soll motiviert sein, einen anderen, investorenfreundlicheren Kurs einzuleiten. Er selbst gibt "keinen Kommentar" dazu ab.

Gespräche im Hintergrund

Wie zu hören ist, soll Meidert im Hintergrund bereits viele Gespräche führen, sogar der Versuch, er wolle Monatzeder zu einem vorzeitigen Verzicht bewegen, wird kolportiert. Zupass könnte ihm kommen, dass er zur Fangruppe Pro1860 zählt, die bei weitem die meisten Delegierten stellt. Ob diese allerdings verzeihen können, dass Meidert etwa unter Karl-Heinz Wildmoser als 1860-Vize agierte, ist eine andere Frage. Am Samstag führte er auf der Vip-Tribüne schon mal ein angeregtes Gespräch mit Noor Basha, dem Cousin und Münchner Statthalter des Investors - der wiederum nach dem Schlusspfiff ziemlich deutlich machte, dass sich aus Sicht seines Cousins viel im Klub ändern müsse.

"Herr Ismaik ist sehr aufgebracht", sprach Basha, "er hat es schon hundert Mal verkündet: Mit diesen Leuten wird der Klub nicht überleben. Das ist absolut klar." Mit Leuten wie Trainer Alexander Schmidt? "Nein", sagte Basha, gemeint sei das "higher management", die Klubführung, vor allem: "Robert Schäfer und Otto Steiner. Mit ihren Entscheidungen töten diese Leute den Verein."

Die vergangenen "zehn Tage" habe er versucht, e.V.-Aufsichtsratschef Steiner zu erreichen, sagt Basha aufgebracht: "Es gab keine Antwort. Stattdessen gibt er ein Interview und sagt Sachen, die sehr schlecht sind für den Klub und unsere Partnerschaft." Steiner, seit vielen Jahren bei 1860 aktiv und mitverantwortlich für manche fragwürdige Entwicklung, hatte in einem Interview Schäfer das Vertrauen ausgesprochen ("sind mit seiner Arbeit sehr zufrieden") und Ismaik kritisiert ("konstruktive Vorschläge von seiner Seite gibt es bis heute nicht").

Letzterem Zitat widersprach Basha am Sonntag entschieden: "Hasan möchte für die Positionen von Sportchef und Geschäftsführer am liebsten Personen, die Bundesligaerfahrung haben. Zehn Jahre oder mehr. Das ist ihm wichtig, selbst wenn sie das zwei- oder dreifache kosten. Und er hat zehn Lebensläufe mit möglichen Kandidaten."

So steht mal wieder Aussage gegen Aussage. Ein Mediator im Tagesgeschäft freilich fehlt. Schäfer, der einst sagte, "Ismaik ist wie ein Sechser im Lotto", hat es sich nach mehrmaligem Seitenwechsel nun mit dem Mitgesellschafter aus Abu Dhabi verscherzt, auch weil er der Investorenfamilie angeblich "nur einen" Nachfolger für Florian Hinterberger als Sportchef vorgeschlagen haben soll, wie Basha sagt. Anfang April beim Treffen des Jordaniers mit Monatzeder habe Ismaik die Personalie hinterfragt.

"Das Problem war", sagt Basha: "Als Hasan dann wissen wollte, ob er sich mit der Person treffen könnte, hat Schäfer abgewiegelt. Das ginge nicht, weil sich derjenige in einem bestehenden Vertragsverhältnis befindet." Ismaiks öffentlicher Aufruf ("we need a new sportchef!") sei, so Basha, in Ermangelung von Vorschlägen Schäfers angedacht gewesen, um Sportdirektoren als mögliche Bewerber auf Sechzig aufmerksam zu machen.

Für welche Führungskräfte sich die 1860-Delegierten am Donnerstag entscheiden werden, weiß Basha nicht. Aber er äußert eine Prognose: "Es ist ganz einfach: Wenn Monatzeder bestätigt wird, bleibt Schäfer auch. Und wenn Schäfer bleibt, dann wird die Partnerschaft sterben." Das Spiel mit den Drohkulissen geht weiter.

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