TSV 1860 München:Am siebten Tag fuhren sie Rennen

2. Fussball Bundesliga TSV 1860 München Training

Immer voll bei der Sache: Vitor Pereira, der Trainer des TSV 1860, drehte mit seinen Spielern ein paar Runden im Kart. Vielleicht bringt's ja was.

(Foto: Sampics/Stefan Matzke)

Und der neunte Tag wird der erfolgreichste in der Vereinsgeschichte des TSV 1860 München: Was im rekordverdächtig langen Trainingslager bisher geschah.

Von Markus Schäflein

Drei Viertel der 16 Tage auf der portugiesischen Halbinsel Troia haben die Zweitliga-Fußballer des TSV 1860 München in ihrem Trainingslager hinter sich gebracht. Was bisher geschah.

Tag 1

Am Münchner Flughafen müssen die Löwen stundenlang auf ihren Abflug warten - wegen der Wetterverhältnisse in Lissabon verschiebt sich der Start der Lufthansa-Maschine LH6970. Erst um halb vier landen sie, dann setzen sie mit der Fähre von Setubal auf die Halbinsel Troia über - als sie am Hotel ankommen, ist es bereits dunkel. Trainer Vitor Pereira sagt die angesetzte Trainingseinheit ab.

Tag 2

Nicht nur in Lissabon herrscht dichter Nebel, sondern auch bei der ersten Einheit auf dem Trainingsgelände im Camp von José Mourinho. Zudem zieht laut Nasenzeugen vom Meer ein unangenehmer Geruch herüber. Zu allem Überfluss fehlt Stürmer Sascha Mölders: Es wird bekannt, dass er an einer Schambeinentzündung leidet und wochenlang pausieren muss.

Tag 3

Mölders reist zusammen mit dem brasilianischen Stürmer Ribamar, der in der Hinrunde aufgrund verschiedener Verletzungen nie zum Einsatz gekommen ist, zu einem Arzt ins 400 Kilometer entfernte Porto, dem Pereira vertraut. Der Trainer lässt ausrichten, er stehe wegen Heiserkeit vorerst nicht für Pressegespräche zur Verfügung. Auch die Testspiele stehen noch nicht fest. Eine Gruppe von rund 20 Fans um die Allesfahrer Roman Wöll und Fritz Fehling bezieht trotzdem ihr Quartier in dem im Winter ziemlich ausgestorbenen Urlaubsresort.

Tag 4

Rechtzeitig zur Ankunft der Anhänger wird das Wetter etwas besser, ab und an lässt sich nun die Sonne blicken. Auch der Gestank, der vom Meer herüberzieht, hat deutlich nachgelassen. Während Mölders nach Hause geflogen ist, nimmt Ribamar an einem Teil der Trainingseinheit teil und wirkt sogar beim Abschlussspiel mit. Weil die Journalisten nicht zusehen dürfen, die Fans aber schon, werden die Anhänger zu wichtigen Augenzeugen. Sie berichten, Ribamar habe sich "gut bewegt", wenngleich er noch etwas "unrund gelaufen" sei.

Tag 5

Für Tag 7 wird die Ankunft von Investor Hasan Ismaik erwartet. Pereira lässt ankündigen, er werde am sechsten Tag erstmals im Trainingslager mit den Journalisten sprechen. Unterdessen geht die Debatte über das Schlafverhalten von 1860-Geschäftsführer Anthony Power, das so genannte "Power-Napping", weiter. Die Bild hat berichtet, Power angerufen zu haben, der sich allerdings im Ausland befunden und daher gesagt habe: "Ich schlafe." Beim investorennahen Blog dieblaue24.de veröffentlicht Power daraufhin eine Gegendarstellung: Er schlafe nicht am Tag, im Gegenteil, er arbeite "14 bis 16 Stunden" täglich für 1860.

Tag 6

Pereira spricht in der Hotelllobby eine Dreiviertelstunde lang mit den Pressevertretern. Der Verein müsse strukturell komplett neu aufgestellt werden, erzählt er, und noch einiges Interessantes mehr. Zum Beispiel: "Wenn meine Mannschaft wundervollen Fußball spielt, bin ich glücklich. Und wenn ich glücklich bin, tanze ich." Als Schlusswort sagt er mit einigem Recht: "Ich bin Vitor Pereira." Die Ankunft von Ismaik wird nun für Tag 8 erwartet.

"Jetzt steig' ma auf", sagt ein Fan

Tag 7

Endlich werden die mit Spannung erwarteten Testspiele im Trainingslager bekannt gegeben. 1860 spielt gegen den benachbarten portugiesischen Erstligisten Setubal, zwei Zweit- und einen Drittligisten. Der FC Sion, der in der Gerüchteküche gehandelt wurde, ist nicht dabei - wobei es bemerkenswert ist, dass es eine Gerüchteküche für Testspielgegner gibt. Am Nachmittag steht Kartfahren auf dem Programm, wobei die Assistenten Pereiras vor den Brasilianern Rodnei und Ribamar gewinnen.

Tag 8

Der inzwischen eingetroffene Präsident Peter Cassalette kündigt an, er wolle sich zunächst "ein bisschen umsehen und ans Meer gehen". Viel mehr kann er auch nicht tun - Investor Hasan Ismaik hat seinen Besuch über Facebook für Tag 10 oder Tag 11 angekündigt.

Tag 9

Die ersten Testspiele stehen an, es wird der erfolgreichste Tag der Vereinsgeschichte: Sechzig spielt zwei Mal und gewinnt zwei Mal. Am Vormittag siegt eine Art A-Elf gegen den Zweitligisten Sporting Lissabon B 3:0, am Nachmittag eine B-Elf gegen Drittligist Real Sport Clube ebenfalls 3:0. Pereira lässt eine 3-4-3-Formation üben und schaut sich das Geschehen von einer Sanddüne aus an. Die mitgereisten Anhänger sind euphorisiert: "Jetzt steig' ma auf", sagt einer.

Tag 10

Krisztian Simon und Nico Karger, die schon bei den Testspielen nicht dabei waren, reisen ab. Bei Simon wird an Tag 12 eine Knochenreizung im Knie diagnostiziert, er fällt vier Wochen aus. Karger muss wegen freischwebender Gelenkkörper im Sprunggelenk operiert werden. Die Verbleibenden machen am Nachmittag einen Ausflug nach Lissabon und posten Fotos bei Twitter und Instagram. Präsident Cassalette geht am Meer spazieren.

Tag 11

Die Mannschaft fährt erneut nach Lissabon - diesmal, um das Spiel zwischen Benfica und Boavista Porto zu besuchen. Als "Anschauungsunterricht", wie die Löwen auf ihrer Twitter-Seite schreiben, woraufhin Benfica zurückschreibt: "Genießt die Lehrstunde." Das Team liegt schon nach 25 Minuten 0:3 zurück. Immerhin schafft es noch ein 3:3. Geschäftsführer Power kommt im Trainingslager an, wie zu nachtschlafender Zeit bekannt wird.

Tag 12

Auf Ismaik wird weiter gewartet, er befindet sich noch in London. Ein laut dem investorennahen Blog dieblaue24.de für den Abend geplantes Treffen mit den Fans fällt daher wohl aus. Immerhin ist Geschäftsführer Power hellwach. Er unterhält sich in der Hotellobby intensiv mit dem Abwehrspieler Milos Degenek, der noch einen Vertrag bis zum Saisonende besitzt, aber sofort gehen will - vermutlich für eine größere Ablöse nach China. Ersatztorwart Vitus Eicher darf nach wochenlangem Hin und Her um eine mögliche Ablöse doch ablösefrei nach Heidenheim wechseln. Währenddessen kommt ein Tross aus älteren und einem jüngeren Mann im Hotel an, was zu Spekulationen führt, ob es sich bei dem jüngeren um den ersten Zugang handelt. Offenbar ist er nur ein Physiotherapeut.

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