Es war erfrischend ehrlich, was Sechzig-Coach Patrick Glöckner da nach dem Spiel von sich gab. Er sei froh, dass es beim Fußball nicht um einen Schönheitspreis gehe: „Den hätten wir heute nicht gewonnen“, bilanzierte er goldrichtig. Solch einen Preis hätte am Samstagnachmittag in der Tat keine der beiden Mannschaften verdient gehabt, so müde und chancenarm verlief der Kick im Aachener Tivoli-Stadion. Doch da es, wie Glöckner feststellte, im Fußball eben nicht um einen Schönheitspreis geht, sondern um das Ergebnis, ist festzuhalten: Ein guter Löwe brüllt nur so laut, wie er muss, um einen guten Saisonstart zu untermauern und auch nach drei Ligaspielen weiter ungeschlagen zu bleiben. Und auch wenn niemand in Giesing das böse „A-Wort“ in den Mund nehmen mag: Den Aufstiegsambitionen kann sich die Mannschaft nur schwer entziehen, wenn selbst ein schwacher Auftritt für ein 2:0 und drei Punkte reicht.
Am Ende war es Stürmer Patrick Hobsch, der den Ball mithilfe des Innenpfostens ins Tor beförderte. Jener Stürmer, der bei all dem Trubel um die namhaften Zugänge Kevin Volland und Florian Niederlechner oft vergessen wird. Hobsch war in der vergangenen Saison mit elf Treffern noch der Top-Torjäger im Team gewesen, ehe er durch die Transfer-Offensive in diesem Sommer von Stürmer Nummer eins zu Stürmer Nummer vier wurde und sich berechtigte Fragen zu seiner sportlichen Zukunft hätte stellen dürfen. Doch Hobsch blieb. Und während die Neuen – namentlich Kevin Volland, Florian Niederlechner und Sigurd Haugen – in Aachen über weite Strecken blass blieben, war es Hobsch, der in der 89. Minute das 1:0 erzielte. In der Nachspielzeit legte der ebenfalls eingewechselte David Philipp das 2:0 nach. Wenn die Sechziger-Stars nicht treffen, dann kommt der Sieg eben von der Bank – ein Zeichen, das im Lager der Löwen sehr positiv aufgefasst werden dürfte.
Dabei sah es bis zu Hobschs hübschem Treffer ganz und gar nicht danach aus, als würden die Löwen den Kartoffelkäfern – ja, das ist der Spitzname der Aachener Mannschaft – etwas anhaben können. Der Kampf Löwe gegen Kartoffelkäfer – in freier Wildbahn wohl mit das ungleichste Duell, das die Tierwelt zu bieten hätte – war über lange Zeit eines auf fußballerisch niedriger Augenhöhe. Glöckner hatte nach dem überzeugenden 3:1-Sieg gegen den VfL Osnabrück am vergangenen Spieltag von „70 guten Minuten“ gesprochen. Mit viel Fantasie waren es dieses Mal 15.
Das einstige FC-Bayern-Talent Gianluca Gaudino schafft ungewollt Abhilfe für die Münchner
Die erste Hälfte hatte keine nennenswert spannenden Szenen zu bieten, die Münchner agierten wie schon in der Schlussphase gegen Osnabrück ungewohnt passiv, hatten Probleme, sich aus dem hohen Angriffspressing der Gastgeber zu lösen. Nach nicht einmal 25 Minuten kramte Glöckner an der Seitenlinie zum ersten Mal die Taktiktafel hervor, so unzufrieden war er mit dem, was er von seinem Team sah: „Wir sind mit dem Spiel nicht zurechtgekommen“, sagte der Coach, auch wenn die Art und Weise des Auftretens der Aachener erwartbar gewesen sei. „Die spielerischen Elemente sind heute ein bisschen ausgeblieben, aber auch weil der Gegner gallig Eins-gegen-Eins über den ganzen Platz gespielt hat“, befand Glöckner am Sky-Mikrofon nach der Partie. Die zwei aufregendsten Momente in Durchgang eins hatte Niederlechner, der mit seinem Schuss an Aachen-Keeper Olchowsky scheiterte (33.) und sich bei einem missglückten Seitfallzieher-Versuch selbst anschoss (43.).
Vor der Moral und dem Kampf der Mannschaft könne man jedoch nur den Hut ziehen, fand Glöckner. Zur zweiten Hälfte sei das Team dann „ganz gut rausgekommen“ und habe das Spiel durch einige Umstellungen mehr in die eigene Richtung lenken können. Doch auch mit diesen Umstellungen änderte sich wenig am Stückwerk dieser Drittligapartie. Aachen, extrem ersatzgeschwächt in die Partie gegangen, hielt die Blauen vom eigenen Tor weg, ohne selbst wirklich gefährlich werden zu können.

Doch als man gerade dachte, Kartoffelkäfer und Löwe würden sich tatsächlich in die unendliche Langeweile neutralisieren, schuf das einstige FC-Bayern-Talent Gianluca Gaudino, mittlerweile 28 Jahre alt und Mittelfeldspieler in Aachen, ungewollt Abhilfe für die Münchner. Er sah in der 64. Minute nach einem Foul an Niederlechner die gelb-rote Karte. Die erste gelbe Karte gegen Gaudino war dabei durchaus umstritten. Doch selbst gegen zehn Aachener dauerte es bis zur 89. Minute, ehe die knapp 2500 mitgereisten Löwen-Fans jubeln durften. Der abgefälschte Schussversuch von Kevin Volland landete im Strafraum vor den Füßen von Hobsch, dann am rechten Innenpfosten und schließlich im Tor, ehe Philipp nach zwei Minuten auf 2:0 erhöhte.
So steht am Ende nicht nur der Auswärtssieg, sondern auch zum ersten Mal in dieser Saison die Null für 1860. Nachdem Patrick Glöckner vor dem Spiel erklärt hatte, zwei Gegentore in zwei Spielen seien ihm noch zu viel, lieferte seine Mannschaft in Aachen einen größtenteils sauberen Auftritt in der Defensive, wenngleich die Gefahr durch die Alemannia überschaubar blieb. Kapitän Jesper Verlaat hatte dabei Glück, als es für sein Foul an Aachens Stürmer Fabio Torsiello nur einen Freistoß gab (55.). Mit dem Videobeweis, den es in Liga drei nicht gibt, wäre womöglich auf Elfmeter entschieden worden.

