TSV 1860 München:Zu viel des Schlechten

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„Durch die letzten drei Spiele sind wir wieder in eine Situation gekommen, die scharf und brenzlig ist“: Argirios Giannikis. (Foto: Ralf Brück/Jan Hübner/Imago)

Die Löwen verlieren 0:4 in Saarbrücken und hinterlassen einen besorgniserregenden Eindruck, im Umfeld macht sich Endzeitstimmung breit. Die Frage stellt sich, ob Trainer Argirios Giannikis seiner Aufgabe noch gewachsen ist.

Von Sebastian Leisgang

Nach dem Spiel war die Rede von sogenannten Basiselementen. Argirios Giannikis nahm das Wort immer wieder in den Mund, einmal, zweimal, dreimal. In den zurückliegenden 90 Minuten hatte der TSV 1860 München einen ziemlich besorgniserregenden Eindruck hinterlassen, jetzt formte sein Trainer Sätze, die sich nach Krisenrhetorik anhörten.

Die Gegentore seien „viel zu einfach“ gefallen, kritisierte Giannikis bei der Pressekonferenz nach dem 0:4 in Saarbrücken und antwortete dann auf die Frage, wie er nun, nach der dritten Niederlage nacheinander, die Wende herbeiführen wolle: „Indem wir an den Inhalten arbeiten und uns auf die Basiselemente beschränken.“ Es geht also nur noch ums Kämpfen, Kratzen, Beißen. So weit ist es schon wieder bei Sechzig, und Giannikis, 44, wirkt überfordert.

„Durch die letzten drei Spiele sind wir wieder in eine Situation gekommen, die scharf und brenzlig ist“, sagte Sechzigs Trainer. Es sind zwar noch vier Punkte, die seine Mannschaft von der Abstiegszone der dritten Liga trennen; die 90 Minuten von Saarbrücken hatten aber eine derartige Wucht und ließen so tief blicken, dass sich im Umfeld Endzeitstimmung breitgemacht hat. Wie mangelhaft die Löwen verteidigten, wie reglos sie in einigen Szenen waren, wie selten sie sich in der Offensive in Szene setzten und vor allem, wie wenig nun schon seit Monaten von einer Entwicklung zu sehen ist, all das lässt die Alarmglocken in Giesing läuten.

Die Frage, ob Giannikis noch der Richtige ist, um diese Mannschaft anzuführen, wird im Umfeld schon seit Monaten diskutiert. Aber immer dann, als sich die Schlinge zuzuziehen schien, meldete sich Sechzig mit unerwarteten Siegen zurück und ließ die Debatten erst einmal wieder verstummen. Doch das Nullvier von Saarbrücken war ein Einschnitt, schlichtweg zu viel des Schlechten, eine Niederlage, die kein Weiter-so erlaubt.

„Natürlich habe ich die Kraft. Natürlich arbeite ich gerne mit der Mannschaft“, sagt Giannikis

Als Giannikis nach dem Spiel gefragt wurde, ob er überhaupt noch die Kraft habe, der es jetzt bedarf, um die Talfahrt aufzuhalten, entgegnete er: „Natürlich habe ich die Kraft. Natürlich arbeite ich gerne mit der Mannschaft.“ Giannikis schaffte es, diese beiden Sätze zu sagen, ohne besonders kämpferisch zu wirken. Oder war das Feuer in ihm bloß nicht zu sehen, weil ihm die Niederlage aufs Gemüt schlug und sich wie ein Schleier über all das legte, woraus Giannikis Mut hätte schöpfen können?

Dass Sechzig nach wie vor mit Personalproblemen zu kämpfen hat und auch in Saarbrücken ohne seine etatmäßigen Innenverteidiger Jesper Verlaat und Raphael Schifferl auskommen musste, kann keine Erklärung dafür sein, dass Giannikis in den 90 Minuten selbst das vermisste, was er Basiselemente nannte. Das gestand auch Sechzigs Trainer hinterher ein, er spulte im Wesentlichen aber bloß das Programm ab, das er bei Pressekonferenzen schon so oft abgespult hat.

Giannikis hält seine Medienrunden in aller Regel in einer einzigen Tonlage ab. Ob er über Siege oder über Niederlagen spricht; ob es um den Gegner geht oder um die Spieler, die ihm am Wochenende nicht zur Verfügung stehen: Giannikis’ Sound ist stets derselbe. Aber: Erfordern besondere Situationen nicht auch besondere Maßnahmen? Müsste Giannikis nach einer Abreibung wie in Saarbrücken nicht etwas daran gelegen sein, Kampfgeist zu zeigen und mit jeder Faser auszustrahlen, dass er bereit ist, das Blatt zu wenden? Zumal als nächster Gegner am Samstag (14 Uhr) im Grünwalder Stadion der Tabellen-17. VfB Stuttgart II ansteht.

Während Giannikis also auch in Saarbrücken Dienst nach Vorschrift machte, blieb seine Mannschaft selbst das schuldig. Noch vor dem 0:1 nach knapp einer halben Stunde durch Sebastian Vasiliadis hatte Julian Guttau zwar den Pfosten getroffen, aber sonst blieb Sechzig im Spiel nach vorn blass. Es folgten das 0:2 kurz vor der Pause durch Tim Civeja und das 0:3 nach dem Seitenwechsel durch Kasim Rabihic.

Es war zwar immer noch über eine halbe Stunde zu spielen im Ludwigspark, doch Giannikis hatte nach dem dritten Gegentor bereits mit der Partie abgeschlossen. „Irgendwann musst du anerkennen, dass in dem Spiel nicht mehr viel zu holen ist“, sagte Sechzigs Trainer später. Das war ehrlich, zeugte aber eben nicht gerade davon, dass da einer saß, der nichts unversucht lassen wollte, um es doch noch zurechtzubiegen. Andererseits, und das hatte Argirios Giannikis ja oft genug klargestellt: In Saarbrücken hatten seiner Mannschaft selbst die Basiselemente gefehlt. Und dann ist nun wahrlich kein Fußballspiel zu gewinnen.

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