TSG Hoffenheim:Nagelsmann: 28 Jahre, Familienvater, Bundesliga-Trainer

FILE - 1899'S New Head Coach Julian Nagelsmann

An diesem Freitag soll Julian Nagelsmann vorgestellt werden.

(Foto: Matthias Kern)
  • Julian Nagelsmann übernimmt den Trainerposten bei der TSG Hoffenheim und wird damit jüngste Trainer der Bundesliga-Geschichte.
  • Der Einstieg für den Erstliganovizen könnte allerdings dramatischer nicht sein: Hoffenheim ist Tabellenvorletzter.
  • Die TSG beruft Nagelsmann auch zum Trainer, weil sie Angst hatten ihn zu verlieren.

Von Tobias Schächter, Sinsheim

Eigentlich hätte Julian Nagelsmann erst am 1. Juli 2016 Cheftrainer der TSG Hoffenheim werden sollen. Aber da im Profisport langfristige Planungen noch größeren Unwägbarkeiten unterliegen als im wahren Leben, darf sich der 28 Jahre junge Nagelsmann nun schon seit diesem Donnerstag mit dem Label "Jüngster Cheftrainer der Bundesliga-Geschichte" schmücken. Am Mittwoch hatte Huub Stevens, 62, seinen Rücktritt als Cheftrainer verkündet; Herzprobleme hatten den alten Fahrensmann zur Aufgabe gezwungen.

Nagelsmann war schon bei der Präsentation von Stevens im Oktober 2015 als dessen designierter Nachfolger präsentiert worden. Stevens wurde damals als Retter in der Not geholt, unter Vorgänger Markus Gisdol hatte die Elf nur eines von zehn Spielen gewonnen. Stevens sollte der TSG - und Nagelsmann - die Klasse halten. Nun aber muss der junge Trainer seinen Arbeitsplatz in der ersten Liga selbst retten, sein ab 1. Juli geltender Vertrag bis 2019 beginnt viereinhalb Monate früher.

Noch steckt er bis Mitte März in den Prüfungen seiner Fußballlehrer-Ausbildung. Mit DFB und DFL fand die TSG eine Regelung, die es Nagelsmann, der unter Marco Kurz und Markus Gisdol schon einmal kurz Assistenztrainer bei den Profis war, ermöglicht, vorzeitig bei den Profis einzusteigen. Nun als Feuerwehrmann.

Hoffenheim glaubt, dass Nagelsmann die optimale Besetzung ist

Der Einstieg für den Erstliganovizen könnte dramatischer nicht sein. Am Samstag muss der Tabellenvorletzte bei Werder Bremen antreten, das mit fünf Punkten Vorsprung auf Relegationsrang 16 steht. Verlieren die Badener, könnte die Rettungsmission von Nagelsmann schon gescheitert sein, bevor sie richtig begonnen hat.

Nagelsmann hat am Mittwoch angeblich keine Sekunde gezögert, seine neue Mission zu übernehmen. Hoffenheims Sportchef Alexander Rosen glaubt, der junge Trainer sei auch in der prekären Lage die optimale Besetzung: "Julian, der die Verantwortung nicht nur tragen will, sondern auch kann, wird dem Team noch einmal ganz neue Impulse geben."

Einen neuen Impuls braucht die extrem verunsicherte Mannschaft unbedingt, nachdem ihr unter Stevens nur ein Sieg in zehn Spielen gelang. Der neue Trainer wird am Freitag erstmals vor die Presse treten, vorab teilte er mit: "Ich freue mich darauf, mit der Mannschaft zu arbeiten und durch meine Art noch einmal neue Reize zu setzen."

Hoffenheim hatte Angst, Nagelsmann an andere Vereine zu verlieren

Der gebürtige Landsberger hat sich in den letzten Jahren im Nachwuchsbereich republikweit einen Namen gemacht. Zwei Mal führte er die U 19 der TSG ins Finale der Deutschen Meisterschaft, 2014 gewann er den Titel. Sein größter Fan im Klub ist Mäzen und Gesellschafter Dietmar Hopp, der sich vehement für ihn als Bundesligacoach ausgesprochen hat.

Nach Erfolgen mit den Junioren war Hopp stets einer der ersten, der Nagelsmann gratulierte. Auch wenn die Entscheider wissen, dass der junge Trainer bei einem Abstieg beschädigt werden könnte, erschienen ihnen nun die Chancen größer als die Risiken.

Nagelsmann musste seine Spielerkarriere nach vielen Verletzungen schon mit 19 Jahren bei 1860 München beenden. Erste Sporen verdiente er sich als Scout für den heutigen Trainer von Borussia Dortmund, Thomas Tuchel, der damals beim FC Augsburg in der Nachwuchsabteilung arbeitete. Zuletzt warben auch der FC Bayern und RB Leipzig um den eloquenten und für sein Alter sehr reif wirkenden Familienvater. Dass Hoffenheim ihm im Oktober schon die Bundesligamannschaft anbot, hatte auch mit der Angst zu tun, den als ehrgeizig geltenden Nagelsmann zu verlieren.

Nagelsmann gilt als Verfechter des in Hoffenheim unter Ralf Rangnick und Gisdol geprägten Fußballs, der auf frühe Balleroberung setzt. "Ich würde mir gerne in der Bundesliga selbst bestätigen, dass ich ein guter Trainer bin", sagte er kürzlich. Diese Chance bietet sich früher als geplant.

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