TSG Hoffenheim:Die Macht des guten Freundes

Er berät acht Hoffenheim-Profis, doch wie groß ist der Einfluss von Roger Wittmann auf die Personalpolitik des Vereins tatsächlich? Bei einem Treffen mit Fans verteidigt Mäzen Dietmar Hopp seine Beziehung zu dem Spielerberater.

Tobias Schächter

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1899-Mäzen Dietmar Hopp trifft sich mit Berater Roger Wittmann nicht nur in Hoffenheim, sondern auch in einer Loge in Sandhausen.

(Foto: dapd)

Als die Veranstaltung vorbei war, gab es in der Mensa nebenan Freibier und Würstchen für rund 200 Fans von 1899 Hoffenheim. Die Protagonisten gaben sich im "Building 3" des Software- konzerns SAP in St. Leon-Rot volksnah. Spielerberater Roger Wittmann plauderte an einem Stehtisch mit den Klubanhängern - mit anwesenden Reportern wollte der Inhaber der Agentur Rogon aus dem nahen Ludwigshafen nicht reden. Das tat dann Dietmar Hopp, der Mäzen der TSG, der zusammen mit Wittmann zuvor zwei Stunden mit den Fans diskutiert hatte. Die Presse war zu dieser Unterredung nicht zugelassen. Weil es zuletzt "Irritationen" um Wittmanns Rolle in Hoffenheim gegeben habe, so die offizielle Formulierung, wurde auf Hopps Initiative das Treffen am Montag organisiert. Im Kern geht es um die heikle Frage: Wie groß ist der Einfluss des Spielerberaters Wittmann auf die Vereins- und Kaderpolitik des Bundesligisten?

Wittmann berät acht Hoffenheimer Profis. Gerede über Interessenkollisionen war zum Beispiel aufgekommen, als sein Klient Tim Wiese im Sommer aus Bremen verpflichtet wurde und dafür Torwart und Publikumsliebling Tom Starke gehen musste - oder auch, als Hoffenheim kürzlich Andreas Müller als Manager vorstellte. Müller war einst in Schalke tätig, dort standen viele Rogon-Spieler unter Vertrag. Müller war bei Schalke in Medienberichten Nähe zu Wittmann unterstellt worden. Als Müller nun bei 1899 anfing, erklärte er, seit dem Aus in Gelsenkirchen keinen Kontakt mehr zu Wittmann gehabt zu haben. Wittmann habe ihm zum Engagement in Hoffenheim gratuliert, zustande gekommen sei der Kontakt jedoch über einen anderen Geschäftsmann: Jürgen Harder, einen Unternehmer aus dem Rhein-Neckar-Raum, der mit der früheren Schwimmerin Franziska von Almsick liiert ist - und auch mit Hopp gut bekannt. Wie Wittmann, der ohne Zweifel die Gunst des Milliardärs hat.

Von einer Einflussnahme Wittmanns auf solche Personalien bei 1899 könne keine Rede sein, erklärte Hopp. Wieses Transfer habe Wittmann auf Wunsch des Trainers Markus Babbel forciert, der damals auch Manager war. Babbel sei stolz gewesen, einen Nationaltorwart zu holen. Und dass Wittmann und Müller sich kennen - klar; aber zu behaupten, Wittmann beeinflusse Müller, der ein gestandener Mann sei, sei "lächerlich". Hopp redete 20 Minuten zur Presse, es war eine Verteidigungs- rede für Wittmann, seinen "Freund".

Hopps Schilderung seiner Beziehung zu Wittmann sprach für sich: "Man spielt Golf, telefoniert und erzählt sich Geschichten - er seine, ich meine." Bei der Vermittlung von Spielern zu 1899 habe der "sehr erfolgreiche Berater" hervorragende Arbeit vorzuweisen: "Wenn man die Tops und Flops bei uns vergleicht, gleicht seine Bilanz unsere Flops in etwa aus", so Hopp, von Wittmann sei er "in 20 Jahren noch nie enttäuscht" worden. Alleine durch die Verkäufe der Rogon-Profis Carlos Eduardo zu Rubin Kasan und Luiz Gustavo zum FC Bayern, die einst als Nobodys kamen, nahm die TSG fast 40 Millionen Euro ein.

Loge und Business Seats für Wittmann

Gekränkt und empört hatte den Mäzen jüngst eine Illustrierten-Story zum Thema Hoffenheim/Wittmann. Dabei räumte Hopp, wie in dem Bericht geschrieben, ein, dass Wittmann am Transfer von Stephan Schröck (zuvor Greuther Fürth) zur TSG im Sommer beteiligt gewesen sei, obwohl Schröck gar nicht bei Rogon unter Vertrag steht. Hopp berichtete: "Ich habe mir sagen lassen, 50 Prozent aller Transfers laufen gemeinsam ab. Also alles Business as usual!" Manchem Fan, glaubt Hopp, seien am Montag die Augen aufgegangen: "All diese Märchen aus Schalke, Kaiserslautern, Waldhof (über Wittmann, d. Red.). Ich habe es hier im Golfklub erlebt: Die ganze Spitze von Schalke war da - und sie umarmten den Roger Wittmann, sie sind allerbeste Freunde. Es ist vieles leider erlogen und erfunden. Ich bin sehr gut mit Clemens Tönnies (Schalker Aufsichtsratschef, d. Red.) befreundet. Man sagt mir, dass Roger Wittmann ausgezeichnete Arbeit geleistet hat und mit dazu beigetragen hat, dass Schalke heute so dasteht."

Wittmann hat laut Hopp eine Loge und vier Business Seats in der 1899-Arena in Sinsheim: "Er macht uns Beziehungen." In der Vorwoche wurde auch bekannt, dass Hopp zusammen mit Wittmann und einem Geschäftsmann eine Loge beim Zweitligisten SV Sandhausen erworben hat: "Ein Freundschaftsdienst an einen Nachbarklub", sagt Hopp, von solchen Aktionen lasse er sich "nicht von der öffentlichen Meinung abhalten". Der 72-Jährige klang gekränkt, er nimmt die Kritik persönlich: "Wenn man in Hoffenheim und Umgebung nicht zufrieden ist, wenn hier Bayern, Dortmund, Stuttgart und Frankfurt antreten, verstehe ich die Welt nicht mehr."

Doch darum geht es in der Diskussion um die Rolle Wittmanns nicht. Dass dessen Rat bei ihm sehr gefragt ist, zeigte auch eine Anekdote Hopps am Montag. Auf Wittmanns Empfehlung hin sei 2006 Trainer Ralf Rangnick verpflichtet worden: "Er war letztlich der, der den Ausschlag gegeben hat, dass Rangnick kam - und der hat ja nun unsere Erfolgsstory geschrieben. Aber das wird alles vergessen."

Die Statements der Fans nach dem Treffen reichten von "nicht ergiebig" bis zu "wichtig" und "klasse". Einer meinte: "Jetzt wissen wir, dass Wittmann kein Phantom ist." Genau das sagte Hopp später auch zu den Reportern.

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