Süddeutsche Zeitung

TSG Hoffenheim:Die Gegenwart ist irritierend

Nach vielversprechendem Saisonstart ist Hoffenheim nur noch drei Punkte von den Abstiegsrängen entfernt. Trainer André Breitenreiter findet kritische Nachfragen dazu aber kontraproduktiv.

Von Ulrich Hartmann

Für den Trainer André Breitenreiter hätte es am Samstag vielerlei Gründe gegeben, sich aufzuregen: Dass seine TSG Hoffenheim auch ihr achtes Pflichtspiel binnen dreieinhalb Monaten nicht gewinnen konnte, dass es beim 1:4 gegen Borussia Mönchengladbach die höchste Bundesliga-Heimniederlage seit drei Jahren setzte, dass man harmlos spielte, viele Fehler machte und jetzt nur noch drei Punkte vom Relegationsplatz entfernt ist.

Dieses Konglomerat des Niedergangs wäre womöglich ein guter Zeitpunkt gewesen für eine Brandrede. Doch Breitenreiter echauffierte sich öffentlich nur über zwei Dinge: Dass die Reporter ihm provokant die Ankunft im Abstiegskampf bescheinigten und dass die eigenen Fans sich mit der Körpersprache der Mannschaft nicht einverstanden gezeigt hatten ("Wir woll'n euch kämpfen seh'n!").

Die Unkenrufer von den Medien beschied Breitenreiter lakonisch: "Ich weiß ja, worauf Sie hinauswollen" - so, als sei eine Abstiegsgefahr noch nicht einmal latent gegeben. Und über die Unzufriedenheit der Fans sagte er: "Das hilft der Mannschaft nicht, und ich empfinde das als völlig falschen Ansatz" - so, als dürfe zahlendes Publikum nicht unzufrieden sein mit dem Engagement des Teams.

In der Startaufstellung steht ein 17-Jähriger, die erfahrenen Profis wirken uninspiriert

Breitenreiter, 49, ist freilich ein erfahrener Trainer. Er pariert augenfällige Kritik, weil er weiß, dass der Mannschaft mit negativer Verstärkung nicht geholfen ist. Ohne Kevin Vogt, Kevin Akpoguma, Robert Skov, Grischa Prömel, Angelo Stiller, Dennis Geiger und Jacob Bruun Larsen musste Hoffenheim gegen Gladbach antreten. Tom Bischof, 17 Jahre alt, stand in der Startelf, Umut Tohumcu, 18, kam nach der Pause. Aber weder vermochten sie die etablierten Spieler zu inspirieren noch umgekehrt. Das irritiert insofern, als dieses Team eigentlich immer noch über viele starke Persönlichkeiten verfügt wie Sebastian Rudy, Christoph Baumgartner, Pavel Kaderabek, Angeliño sowie den soeben von Benfica Lissabon verpflichteten Bundesliga-Rückkehrer John Anthony Brooks als Abwehrchef.

Breitenreiter, im vergangenen Mai Schweizer Meister mit dem FC Zürich und mit dieser Referenz auch wieder interessant für die Bundesliga, hat in Hoffenheim einen starken Saisonstart hingelegt. Nach zehn Spieltagen stand die TSG mit 17 Punkten auf Platz vier. Mitte Oktober besiegte man noch zwei Mal Breitenreiters Ex-Klub Schalke erst in der Bundesliga mit 3:0 und dann im DFB-Pokal mit 5:1. Doch das sind bis heute die letzten Siege.

Nur zwei Punkte aus den nächsten acht Bundesligaspielen haben die TSG auf den 13. Platz abstürzen lassen. Jetzt sind es nur noch drei Punkte bis zum Drittletzten VfL Bochum, bei dem die Hoffenheimer nächsten Samstag gastieren. Breitenreiter sagt: "Wenn wir die Gegner weiter zu so leichten Toren einladen, dann werden wir auch richtig im Abstiegskampf sein." Doch ist das Futur hier kaum noch angemessen. Kommenden Samstag stecken sie bereits mitten im Abstiegskampf, so richtig direkt.

Zuvor erhalten sie am Mittwoch im Achtelfinale des DFB-Pokals erst noch die Gelegenheit, mit einem Erfolg jenen "Turnaround" einzuleiten, den Breitenreiter beschwört. Beim seit 16 Pflichtspielen unbesiegten RB Leipzig ist das zwar eine Herausforderung - aber so ein Turnaround ist halt kein Zuckerschlecken.

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