TSG 1899 Hoffenheim:"Ich bin kein Abramowitsch"

Hoffenheims Mäzen Dietmar Hopp über den Aufstieg, Sozialneid und die Furcht der Bundesliga-Konkurrenz.

Moritz Kielbassa

Dietmar Hopp, 68, hat sich einen Lebenstraum erfüllt - mal wieder. Der Selfmade-Unternehmer und Mitbegründer des Softwareriesen SAP ( geschätztes Privatvermögen: 6,3 Milliarden Euro) hat den Fußballverein TSG 1899 Hoffenheim als Mäzen in die Bundesliga geführt. Hopp, wegen seines bodenständig-uneitlen Auftretens "Vadder Hopp" genannt, kickte in der Jugend selbst für die TSG. Vor 18 Jahren begann sein Engagement für den Dorfverein im nordbadischen Kraichgau. Hoffenheim hat seinen Turbo-Durchmarsch in der Kreisliga begonnen, das 5:0 am Sonntag gegen Fürth brachte den Erstliga-Aufstieg. Hopp, der auch andere Sportarten (Eishockey-Adler Mannheim, Rhein-Neckar-Löwen-Handballer), diverse Jugendförderzentren sowie zahlreiche Sozialprojekte unterstützt, hat für seine Millionen-Investitionen bei Hoffenheim auch Neid und Kritik geerntet. Die TSG gilt als Symbol des galoppierenden Fußball-Kommerzes, als Retortenklub ohne Fankultur und Tradition. Dabei stehen hinter dem Investment nachhaltige Sportkonzepte. Hopp selbst sagt: "Unsere Tradition ist die Zukunft."

TSG 1899 Hoffenheim: Im Kreise seiner Spieler: Hoffenheims Mäzen Hopp.

Im Kreise seiner Spieler: Hoffenheims Mäzen Hopp.

(Foto: Foto: AP)

SZ: Herr Hopp, es gab Bilder, wie Sie im blauen Aufstiegs-T-Shirt (Aufschrift: 1899 % erstklassig) auf dem Rasen sitzen und mit den Spielern feiern. Die Fans sangen: "Dietmar, wir danken Dir"...

Hopp: Es war ein umwerfender Tag für mich. Der Jubel war überschäumend, über 10.000 Menschen haben sich in die Messehalle von Sinsheim (benachbarte Kreisstadt, d. Red.) gedrängt, wo wir alle gefeiert haben. Ein tolles Erlebnis.

SZ: Wie wichtig ist das Projekt Hoffenheim für die Menschen in Ihrer Region?

Hopp: Die Begeisterung ist viel größer, als ich mir das je ausgemalt hatte. Mir geht es um die gesamte Metropolregion Rhein-Neckar, da sprechen wir über Mannheim, Heidelberg, Heilbronn, die Pfalz, den Odenwald, bis nach Hessen rein. Ich sehe überall Fan-Potenzial.

SZ: Die Bundesliga erwartet Sie mit Respekt und Furcht. Hoffenheim gilt wegen der Geldquelle Hopp bereits als "neue Macht" im deutschen Fußball, als künftige Konkurrenz für Bayern München. Welche konkreten Schritte sind jetzt nach dem Aufstieg zu erwarten?

Hopp: Ab sofort planen wir, aber spruchreif ist bis jetzt nur, dass wir die Heimspiele der Vorrunde in Mannheim austragen, das war für den Fall des Aufstiegs intern geklärt. Aber Bayern? Ach was, Unsinn! Unser Ziel heißt nächstes Jahr: Klassenerhalt, ohne Zittern.

SZ: Das jetzige Dietmar-Hopp-Stadion (6.350 Zuschauer) ist zu klein für die Bundesliga, die "Rhein-Neckar-Arena" in Sinsheim ist erst im Januar 2009 bezugsfertig: ein schmuckes Bauwerk für 50 Millionen Euro und 30.500 Fans, mit 40 Vip-Logen und 1.200 Business-Seats.

Hopp: Sehen Sie! Wir haben deutlich über 100 Millionen Euro in Infrastruktur gesteckt: für ein Stadion, ein Trainingszentrum (16 Hektar, im Bau) und mehrere Jugendzentren. In Relation dazu waren die Kosten für die Mannschaft bisher verschwindend gering. Die 20 Millionen, die wir im vorigen Sommer für neue Spieler eingesetzt haben, sehe ich außerdem nicht als Ausgaben, sondern als Anlagen.

SZ: Weil alle Neuen - Carlos Eduardo, Gustavo, Vorsah, Obasi und Ba - noch jung sind, zwischen 18 und 23. Trotzdem: Für Zweitliga-Verhältnisse waren 20 Millionen sehr wuchtig. Wie viel Geld holen Sie für die erste Liga aus dem Säckel?

Hopp: Wir haben eine junge Mannschaft, die noch steigerungsfähig ist. Wir planen nur mit zwei bis vier neuen Spielern - jungen Spielern, auch im Hinblick auf Transfer-Erlöse. Denn ich sage klar - der Klub soll sich irgendwann selbst tragen, schwarze Zahlen schreiben und finanziell von mir unabhängig werden. Die 20 Millionen im Vorjahr waren ein Vorgriff auf die Zukunft. Dieses Budget hatte ich für mehrere Jahre geplant - dann haben wir es aber vorgezogen. Und das war goldrichtig. Spieler wie Ba und Obasi sind inzwischen bei großen Klubs gefragt, für dieses Investment kann man sich also auf die Schulter klopfen.

Auf der nächsten Seite: Warum Hoffenheim seine Top-Spieler nicht verkaufen will, was Hopp über den Vergleich mit Öl-Multi Abramowitsch denkt und wie er Trainer Rangnick in die Regionalliga gelockt hat.

"Ich bin kein Abramowitsch"

SZ: Ist es tatsächlich ein Gedanke, solche Top-Spieler zu verkaufen?

Hopp: Ich weiß, dass bei potenten Vereinen, etwa in England, die Begierde groß ist. Aber alle haben Verträge. Wir brauchen sie und wollen alle behalten.

SZ: Für 20 Millionen hätten Sie Nationalspieler kaufen können - Sie holten Talente, die keiner kannte. Meint Trainer Ralf Rangnick genau das, wenn er sagt: Einige "Schlaumeier" hätten "nicht geschnallt", dass Hoffenheim anders sei als Chelsea oder Red Bull Salzburg?

Hopp: Wir haben eine ganze Heerschar junger Spieler. Es geht bei uns um Konzepte, nicht um große Namen. Und wir haben mal ganz unten angefangen.

SZ: Für Neider ist Hoffenheim "Bonzenfußball". Gegnerische Fans spotteten: "SG Neureich Bimbeshausen", Sie selbst wurden in Auswärtsstadien angefeindet.

Hopp: Die Ewiggestrigen werden weiter so denken, es gibt viel Neid den Wohlhabenden gegenüber. Wenn ich mir vorstelle, welche Leute sich den Mund über uns zerrissen haben - peinlich. Wenn uns Fans auf der Tribüne nicht mögen, ist das okay, so lange es nicht unter die Gürtellinie geht. Aber bei Offiziellen anderer Vereine ärgert mich das. Die sollen darauf achten, was sie selbst vorzuweisen haben. Es ist im Sport wie in der Wirtschaft: Es kommen neue Firmen hoch - und die sollte man akzeptieren.

SZ: Sie mit Oligarch Roman Abramowitsch zu vergleichen, ist Unfug?

Hopp: Ich glaube, das hat der Letzte begriffen. Abramowitsch hat das x-fache in Chelsea gesteckt. Aber er hat nie für diesen Klub Fußball gespielt, und schaut sich wohl auch keine Jugendspiele an.

SZ: Sie selbst haben zwei Drittel ihres Vermögens in eine Stiftung umgeleitet. Sie unterstützen Biotech-Firmen, Kliniken, Altersheime und Ausbildungszentrem (Anpfiff ins Leben e.V.). Den früheren Topverein der Region, Waldhof Mannheim, retteten Sie vor der Insolvenz und spendeten ihm drei Millionen Euro für ein Talentzentrum. Warum?

Hopp: Mir ist es wichtig, die Menschen der Region mitzunehmen. Über meine Stiftung sind schon über 130 Millionen Euro in diverse Projekte geflossen. Auch das Verhältnis zum Waldhof ist freundschaftlich, wir unterstützen dort mit Geld und Know-how. Ich sehe das auch ein Stück als Sozialarbeit an, im Mannheimer Norden ist das besonders nötig.

SZ: Mischen Sie sich bei der TSG ins operative Tagesgeschäft ein?

Hopp: Nein, gar nicht. Dafür haben wir andere erstklassige Leute

SZ: Wie kamen Sie 2006 darauf, den früheren Schalker Trainer Rangnick in die Regionalliga zu locken?

Hopp: Dass ich so einen Supertrainer gekriegt habe, wundert mich selbst. Ohne unsere Jugendarbeit wäre er nie gekommen. Heute ist er froh darüber.

SZ: Stimmt es, dass in Ihrem Hoffenheimer Elternhaus eine Döner-Bude ist?

Hopp: Nee, das glaube ich nicht, aber Moment, ich frag mal den Fahrer (...). Er sagt: Ja. Das habe ich noch gar nicht gesehen. Ich habe zu dem Haus schon deshalb keine Beziehung mehr, weil der schöne Garten dort schon lange weg ist.

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