Süddeutsche Zeitung

Trump und die WM 2026:Chance für Marokko

Der US-Präsident könnte über die Fußball-WM 2026 entscheiden. Beworben hat sich das Konsortium USA/Kanada/ Mexiko. Abstimmen werden auch Länder, die in Trumps Gattung ("Dreckslöcher") fallen. Mitbewerber Marokko darf hoffen.

Von Thomas Kistner

Victor Montagliani ist nicht zu beneiden. Er ist noch weniger zu beneiden als das Bewerberkonsortium, das sein kanadischer Fußballverband mit den Vereinigten Staaten und Mexiko für die Fußball-Weltmeisterschaft 2026 bildet. Dabei galt die Vergabe des Turniers an das nordamerikanische Dreigestirn bisher als Selbstläufer - ebenso galt es als folkloristische Fußnote, dass Marokko noch ins Rennen einstieg.

Und jetzt das: The Donalds Plapperzwang hat den Weltfußball erreicht. Unter den 208 Mitgliedsverbänden der Fifa sind ja viele, sehr viele, die sich von der jüngst geäußerten Trump'schen Ländergattung "Dreckslöcher" angesprochen fühlen dürften. Neben den 54 Staaten Afrikas, die vergeblich eine Entschuldigung forderten und nun die US-Botschafter einbestellen, sind das auch viele Staaten in Asien, nicht wenige in Osteuropa - und klar, auch das Gros in Lateinamerika und der Karibik. Namentlich Haiti und El Salvador. Letztlich aber fallen auch Großkaliber darunter wie Mexiko, das Trump trotz gemeinsamer WM-Bewerbung mit einer Mauer abgrenzen will.

Unter Funktionären können solche Fehltritte fatal sein

Victor Montagliani ist jetzt also doppelt dumm dran. Einerseits als Fußballchef Kanadas, der um die WM 2026 buhlt und dem jetzt die Felle davonschwimmen. Andererseits als Präsident des Nord- und Mittelamerikaverbandes Concacaf, dem die Mitglieder aufs Dach steigen; denn in der Concacaf versammeln sich Haiti, El Salvador, Kuba und andere von Trump geschmähte Länder. Und sollten bis zur Wahl im Juni nicht mal mehr diese hinter der Bewerbung USA/Kanada/Mexiko stehen, braucht das Trio gar nicht erst zur WM-Vergabe zu reisen.

Das Problem ist dieses: Erstmals wird der komplette Fifa-Kongress über den WM-Veranstalter entscheiden. Die Kungel-Runden des Fifa-Vorstandes sind abgeschafft worden, eingedenk anhaltender FBI-Ermittlungen - jetzt dürfen also alle an die Wahlurne. Niger, Kongo und Tschad, Haiti, Birma und Bhutan, Kirgisien, Montserrat und die Mongolei.

Alles, um in Trumps Wertekanon zu bleiben, "Dreckslöcher"?

Es wird sich nicht klären lassen, wen der US-Präsident so alles unter dieser Rubrik zu versammeln beliebt. Ohnehin hat er gleich wieder bestritten, das böse Wort benutzt zu haben. Haben sich halt alle anderen wieder mal verhört. Das prompte Leugnen aber macht es ihm nun unmöglich, doch noch kräftig Pardon zu sagen.

Deshalb gilt: Wäre morgen WM-Abstimmung, hätte der krasse Außenseiter Marokko eine Riesenchance. Unter Sportfunktionären, man kennt das auch aus anderen engen Geschäftsfamilien, ist das Ehrgefühl stark ausgeprägt. Da können solche Fehltritte fatal sein.

Hinzu kommt ein weiterer Faktor: Einer unüberschaubaren, rasant wachsenden Anzahl von Funktionären in aller Welt wird sowieso mulmig beim Gedanken, zu einer Weltmeisterschaft in die USA reisen zu müssen. Die US-Justiz ist ob ihres zupackenden Wesens zunehmend unbeliebt in Sportkreisen. In Marokko dagegen mögen vielleicht keine besonders komfortablen Verhältnisse oder gar hochklassige Stadien auf die erstmals auf 48 Teilnehmer aufgepumpte WM warten. Aber den Ehrenmännern wird es da gnadenlos gut gehen. Und sicherer ist es auch. Für sie.

Marokko hat sich übrigens jetzt die Lobbydienste der Londoner Agentur Vero gesichert. Die bewegt sich erfolgreich durch die Untiefen des globalen Bewerbungsgeschäfts. Zuletzt half sie, den Sieg für Katar 2022 an Land zu ziehen, davor machte sie Rio 2016 glücklich. Bewerbungen, mit denen sich heute Strafermittler befassen, aber das muss selbstverständlich nichts über die nächste Bewerbung sagen. Sorry, Victor. Danke, Donald.

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SZ vom 18.01.2018
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