Kevin Trapp:Fußballtorwart, und trotzdem kein seltsamer Mensch

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Eigentlich dachte er, ihn würden die Tränen überwältigen. Aber so weit kam es dann doch nicht - Kevin Trapp nach dem Sieg in Sevilla. (Foto: Alex Pantling/Getty Images)

Nach dem Sieg im Europa-League-Finale: wie der Frankfurter Hauptdarsteller auf den Abend blickt.

Von Philipp Selldorf

In jüngster Zeit ist sehr viel geheult worden auf deutschen Fußballplätzen. In Gelsenkirchen, Stuttgart, Darmstadt, Bielefeld und sogar in Leverkusen weinten Spieler, Trainer und grauhaarige Manager, weil ihre Klubs auf- oder abgestiegen oder doch noch dringeblieben waren oder weil es für sie selbst den Abpfiff in den Ruhestand gegeben hatte. Die Stadien waren Bühnen für ein Festival der Melodramatik, und auch Kevin Trapp hatte am Mittwochabend fest damit gerechnet, dass ihn die Tränen überwältigen würden, nachdem er mit Eintracht Frankfurt das Europa-League-Finale in Sevilla gewonnen hatte. "Aber irgendwie ist gar nichts passiert", berichtete er später, belustigt von sich selbst.

An Ausgelassenheit und Hochgefühlen hat es nach dem Sieg keineswegs gefehlt, aber der 31 Jahre alte Torwart brauchte sich nicht durch Tränen seiner Anspannung zu entledigen. Trapp hatte im Elfmeterschießen als Hauptdarsteller auf dem Platz gestanden, aber er ließ sich durch seine Rolle nicht in eine existenzielle Situation verstricken. Stress? Welcher Stress? Bevor die große Lotterie begann, sah man ihn lächeln, als ob die Veranstaltung bloß ein amüsanter Zeitvertreib wäre. Halb Glasgow und halb Frankfurt waren zum Finale nach Südspanien gereist, während die daheimgebliebenen Bevölkerungsteile hysterisch vor dem Fernseher saßen - bloß Trapp lächelte heiter dem ungewissen Ausgang des Abends entgegen. Auf die Informationen seines Trainers über die Schusstechniken der gegnerischen Schützen verzichtete er dankend. Er wollte sich im Lockerbleiben nicht stören lassen.

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Fußball-Torhüter sind bekanntlich seltsame Menschen. Oliver Kahn wehrte einst im Tor des FC Bayern zwei Elfmeter im Champions-League-Finale gegen den FC Valencia ab, zuvor hatte er einen spiegelglatt daliegenden See in einer unberührten Gebirgslandschaft imaginiert. Damit habe er sich geistige Freiheit verschafft, wie er später berichtete. Auch Trapp hat jetzt von einer spirituellen Komponente gesprochen, vom "Karma", das der Eintracht bei diesem Sieg beigestanden habe, doch er klang dabei ganz anders als sein stets angestrengter und auf sich selbst fixierter Münchner Torwartvorfahr.

Coolness, Sprungkraft, Reichweite, Reaktionsstärke

Kahns Leitmotiv als Profi war der alles beherrschende Leistungsdruck. Trapp hält den todernsten Ansprüchen des Profifußballs durch ein genussvolles Privatleben und eine entspannte Haltung stand. Letztere hat ihn nun in die Lage versetzt, durch seine herausragende Leistung als Held des fußballhistorischen Abends ausgezeichnet zu werden, doch das Kompliment gab er mit verliebten Blicken auf die im Stadion feiernden Eintracht-Fans und die umeinander tanzenden Mitspieler sofort weiter. "Schau dir das an, schau dir das an", rief er dem TV-Reporter ins Ohr: "Es gibt nicht einen Helden, wir alle sind Helden."

Dass Trapp im Elfmeterschießen einen Ball abwehren würde, das durfte man beinahe erwarten. Er hat dafür die nötige Coolness, die Sprungkraft, die Reichweite und die Reaktionsstärke. Die größere Tat vollbrachte er dennoch kurz vor dem Schlusspfiff in einer Szene, die seine besondere Klasse zeigte. Nicht nur, weil er einen aus nächster Nähe abgefeuerten Schuss abwehrte, sondern weil er den klugen Verstand besaß, auf den Beinen zu bleiben, als zuvor der Pass hereinkam. Trapp berechnete die Situation richtig - und wurde zum Gewinner. Kurz darauf, so sagte er, kam ihm das besagte Karma in den Sinn. Da habe er gedacht: "Wir sind heute an der Reihe, das Ding nach Hause zu holen, es muss einfach passieren, dass wir den Lohn für unsere Arbeit bekommen."

Sechs Länderspiele hat Kevin Trapp bisher für Deutschland bestritten, im Juni könnte ein weiterer Einsatz hinzukommen. Durch die Abwesenheit von Marc-André ter Stegen, der sich vorübergehend vom Ersatztorhüterdasein hat befreien lassen, ist Trapp vorerst die deutsche Nummer zwei. Manuel Neuers Vorrang ist kein Problem für ihn, Ehrgeiz verwechselt er nicht mit Verbissenheit.

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