Transferschluss in der Bundesliga:Fußballer als Spekulationsobjekte

Europas Fußballerbörse ist tückisch geworden - das zeigt sich besonders, da am Freitag das Transferfenster schließt. Einige Vereine haben sehr viel, die meisten Klubs sehr wenig Geld zur Verfügung. Komplizierte Fristen, Klauseln und Rückkaufoptionen erschweren die Transfers - manche sind sogar dazu geeignet, eine komplette Anwaltskanzlei zu beschäftigen.

Philipp Selldorf

Die Legende besagt, dass Anthony Annan verwundert aus dem Fenster geguckt hat, als das Flugzeug an einem trüben Nachmittag im Januar 2011 landete. Er vermisste den wärmenden Sonnenschein und die Orangen an den Bäumen und staunte, dass die Leute Deutsch statt Spanisch sprachen. Was daran lag, dass das Flugzeug nicht, wie er erwartet hatte, in Sevilla, sondern in Düsseldorf gelandet war. Denn sein alter Verein Rosenborg Trondheim hatte ihn nicht, wie er erwartet hatte, an den FC Sevilla im sonnigen Spanien, sondern an den FC Schalke im kalten Ruhrgebiet verkauft.

Medienbericht: Leverkusen an Rensing als Ersatztorwart interessiert

Als Ersatztorhüter bei Leverkusen im Gespräch: Kölns Michael Rensing. 

(Foto: dapd)

Okay, das ist nur die Legende, die sich aus falsch übersetzten Interviews und Kolportagen ergeben hat. In Wahrheit war es so, dass sich der ghanaische Nationalspieler Annan tatsächlich schon auf Spanien gefreut hatte, als Rosenborg mit Sevilla verhandelte, dass der Handel aber nicht zustande kam, was dann dem damaligen Schalker Generalimporteur Felix Magath Gelegenheit gab zuzugreifen, denn es nahte der Tag, an dem das Transferfenster schließen sollte, und in dieser Zeit wird Magath traditionell unruhig und greift zu in alle Richtungen.

Diese herrliche Zeit ist nun gekommen, die Transferperiode geht in ihre letzte Woche, neue Legenden werden erzählt. So hieß es am Montag, dass Bayer Leverkusen bereit sei, den 1. FC Köln um seinen ehemaligen Stammtorwart Michael Rensing zu erleichtern, dabei aber verlangen würde, dass sich der FC am Gehalt beteiligt. Das hörte sich nach einem Witz an: Die Kölner wollen Rensing ja vor allem deshalb loswerden, weil sie nicht fähig sind, in der zweiten Liga sein Erstligagehalt zu bezahlen. Und nun kommt der reiche Werksklub und lässt sich vom bitterarmen Nachbarn den Ersatztorwart finanzieren?

Wahr ist auch daran bloß die Hälfte. Ja: Bayer will Rensing übernehmen - aber zu den Gehaltskonditionen eines Ersatztorwarts. Was Rensing im Falle des Wechsels an Gage entginge, müssten die Kölner kompensieren. Für sie ein trauriges Geschäft. Statt wie erhofft eine Ablöse für den erstklassigen Torwart einzunehmen, müssten sie Rensing abfinden. Was aber immer noch besser ist, als ihm bis zum Vertragsende das Gehalt zu überweisen.

Happy End für Annan

Europas Fußballerbörse ist tückisch geworden. Einige Vereine haben sehr viel, die meisten Klubs sehr wenig Geld zur Verfügung. Deshalb greifen Leih- und Verrechnungsgeschäfte um sich, Transfers werden zu komplexen Optionsspekulationen. Die Kölner etwa haben ihren vormaligen Kapitän Geromel für drei Jahre an RC Mallorca verpachtet, mit Fristen und Klauseln für den Verkauf, Rückkauf und Weiterverkauf und der Beteiligung von Investoren. Der Verteidiger Geromel hat sich in ein Finanzprodukt verwandelt. Sein Vertragskonstrukt ist geeignet, eine komplette Anwaltskanzlei zu beschäftigen.

Das mag sich kalt und grausam anhören, aber der Fußballer-Handel lässt schon noch Platz für Menschliches. Nachdem Magath weg war, hat Schalke Anthony Annan nach Arnheim verliehen. Dort waren sie zufrieden mit seiner Leistung und hätten ihn gern dauerhaft übernommen. Doch dann kam der ehemalige Schalker Trainer Fred Rutten ins Amt und stornierte den Deal - er wollte dem Klub keinen Gefallen tun, der ihn schmählich entlassen hatte.

Vielleicht ist auch das nur eine Legende. Definitiv wahr ist, dass die Geschichte ein Happy End hat. Schalke hat Annan jetzt zum subventionierten Tarif an CA Osasuna verliehen. Nach Spanien.

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