Transfergerüchte in der Bundesliga:Spekulieren und halluzinieren

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Spekulationsobjekt: Lewis Holtby

(Foto: AFP)

Holtby nach Dortmund? Draxler zum FC Arsenal? Kurz vor Ende des Winter-Transferfensters gibt es an der Fußball-Wechselbörse wilde Gerüchte. Nicht alle dieser Meldungen sind seriös.

Von Philipp Selldorf

Unter den vielen "Breaking News", die am Mittwoch vom brodelnden Transfermarkt kamen, war auch die Meldung, dass der FC Arsenal an eben diesem Tag eine Delegation nach Gelsenkirchen entsandt habe, um mit Vertretern von Schalke 04 die Konditionen des Wechsels von Julian Draxler nach London zu besprechen.

Quelle dieser Information war die Nachrichtenabteilung des britischen Fernsehsenders Sky, die um zwölf Uhr mittags von "laufenden Verhandlungen" berichtete. Doch bis zum Nachmittag hatte sich die sagenhafte Reisegruppe bei den zuständigen Schalker Autoritäten weder vorgestellt noch angemeldet, so dass einstweilen von einer Falschmeldung gesprochen werden darf. Aber auch nur einstweilen.

In Schalke hält man es nicht für ausgeschlossen, dass vor dem Schlussgong der Winter-Handelssaison - am Freitag müssen die Namen der Wechselkandidaten auf der offiziellen Transferliste stehen - tatsächlich noch eine Londoner Delegation auftauchen könnte. Zwar wäre ein aktueller Transfer für keine der drei beteiligten Parteien so richtig sinnvoll - unter anderem, weil Draxler zurzeit verletzt ist und sich im Frühjahr beim Bundestrainer für die WM empfehlen möchte -, aber was heißt das schon? Die hohen Summen, die im englischen Fußball zirkulieren, und der extreme Konkurrenzdruck in der Premier League schaffen irrationale Verhältnisse.

Die Schalker wurden darüber im Sommer belehrt. Kurz, nachdem der Verein im Mai mit seinem 20-jährigen (angehenden) Nationalspieler einen neuen Vertrag geschlossen hatte, in dem eine 45 Millionen Euro schwere Ausstiegsklausel vermerkt ist, meldeten sich mehrere Vereine, unter anderem der FC Chelsea, die zur sofortigen Zahlung der Summe bereit waren. Auch der FC Arsenal zeigte Interesse, wollte jedoch um den Preis feilschen.

Inzwischen haben sich die Londoner, wie beim 50-Millionen-Euro-Kauf von Mesut Özil zu erleben war, eine offensivere Geschäftspraxis angeeignet. Als also Manager Horst Heldt am Sonntag erklärte, er könne es "nicht ausschließen", dass Draxler zu Arsenal wechsle, hat er damit genau dies sagen wollen: Ich kann nichts ausschließen. In englischen Medien wurde die Äußerung jedoch als Einladung zum Verkaufsgespräch interpretiert, und seitdem wuchern die Spekulationen. Und die Halluzinationen.

Auch Lewis Holtby, 23, war dieser Tage schon das Objekt von Visionen. Schalke hatte ihn vor einem Jahr für zwei Millionen Euro an Tottenham Hotspur verkauft, inzwischen hat ihn sein Londoner Trainer aus dem Kader genommen und zum Verkauf freigegeben. Schalke hatte überlegt, ihn zurückzuholen, aber als man erfuhr, dass nun ungefähr der dreifache Preis für den Mittelfeldspieler fällig geworden wäre, hat man den Plan aus kaufmännischen Bedenken fallen lassen.

Jürgen Klopp ist "gut drauf"

Dafür kam Borussia Dortmund als Interessent ins Spiel. Diverse Medien verbreiteten, dass Holtby am Dienstagabend bei der Landung auf dem Düsseldorfer Flughafen gesichtet wurde, und am Mittwoch war er angeblich schon auf dem Weg zum Medizincheck im Knappschaftskrankenhaus in Dortmund-Bracke. Darüber hat man sich beim BVB mit Recht amüsiert, denn die Idee mit Holtby haben die Verantwortlichen zwar geprüft, aber - wie Kenner glaubhaft versichern - verworfen.

Sein Berater Marcus Noack sondiert nun weitere Möglichkeiten, laut Sky sagte er allerdings, eine Rückkehr in die Bundesliga sei "schwer zu realisieren". Angeblich ist der FC Fulham ein Thema.

Die Bundesliga wirtschaftet nun mal anders als die Premier League. In Leverkusen würde sich Sami Hyypiä zwar nach drei hintereinander verlorenen Spielen über eine Verstärkung freuen, aber der Klub übt sich in Zurückhaltung. Auch Schalke, von Verletzungen geplagt, wird wohl nur noch dann einen neuen Spieler verpflichten, wenn der ausgemusterte und kostspielige Routinier Jermaine Jones einen Abnehmer finden sollte.

Und Dortmund wird nach der schweren Verletzung von Jakub Blaszczykowski zwar höchstwahrscheinlich in den Kader investieren, aber vom Gedanken an eine große, teure Lösung scheint man Abstand genommen zu haben. Für die Heimkehr von Shinji Kagawa würde Borussia gern Geld ausgeben, doch der Japaner will, heißt es aus seinem Umfeld, bei Manchester United bleiben.

Offenbar präferiert der BVB eine schlichtere Variante zur Vergrößerung des Personalbestands. Trainer Jürgen Klopp sagte am Mittwoch: "Ich weiß, was wir machen und bin ganz gut drauf. Es wäre fahrlässig, nicht den Markt zu sondieren."

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