Transfer von Sasa Kalajdzic:Kalajdzic wählt den Umweg

Transfer von Sasa Kalajdzic: Viele wollten ihn haben, die Wolverhampton Wanderers bekommen ihn: Stürmer Sasa Kaljdzic.

Viele wollten ihn haben, die Wolverhampton Wanderers bekommen ihn: Stürmer Sasa Kaljdzic.

(Foto: Heiko Becker/Imago/HMB-Media)

München? London? Rom? Bei zahlreichen europäischen Elitevereinen wurde VfB-Stürmer Sasa Kalajdzic gehandelt, nun wechselt er nach Wolverhampton. Fußballerisch könnte er dort genau reinpassen.

Von Felix Haselsteiner

Es war noch nicht einmal Sommer, als an der Garageneinfahrt des FC Bayern an der Säbener Straße in München ein dunkler Volkswagen vorfuhr. Münchner Boulevardjournalisten hatten schnell erkannt, dass in dem Auto Sascha Empacher saß, in der Szene bekannt als Entdecker von Mohamed Salah und als Berater von Sasa Kalajdzic, und dass es an jenem 18. Mai 2022 wohl darum gehen würde, wer die Nachfolge von Robert Lewandowski in München antritt. Damals, im Mai, sprach einiges dafür, dass diese Rolle dem Stuttgarter Stürmer Kalajdzic zufallen könnte.

Einer der "besten Stürmer Europas" sei sein Klient, sagte Empacher seinerzeit dem Sportbuzzer, und es dauerte nicht lange, bis neben dem FC Bayern andere Vereine Interesse zeigten, die derartige Stürmer normalerweise verpflichten: Manchester United, Borussia Dortmund, FC Chelsea, AS Rom. Die Liste der Vereine, die sich bei Empacher und dem VfB erkundet haben sollen, ist recht elitär - weshalb es am Ende fast ein wenig unspektakulär klingt, dass Kalajdzic nicht in eine der Fußball-Hauptstädte Europas wechselt, sondern in eine Kleinstadt in der Nähe von Birmingham: zu den Wolverhampton Wanderers.

Für eine Summe von 18 Millionen Euro wurde der Transfer am Mittwochnachmittag fixiert, dem Vernehmen nach könnte der Betrag mit Bonuszahlungen noch steigen. Die ursprünglich geforderten 25 Millionen Euro bekamen die Stuttgarter also nicht, ein gewinnbringender Verkauf ist es dennoch: Kalajdzic kam 2019 für 3,5 Millionen von Admira Wacker Mödling aus der österreichischen Liga, auch sein Jugendverein wird nun an der Transfersumme beteiligt.

In Stuttgart ist auch Borna Sosa umworben

Mit Kalajdzics Weggang war spätestens seit dem Wochenende zu rechnen, als er VfB-Trainer Pellegrino Matarazzo darum bat, in der Bundesliga gegen Köln nicht im Kader zu stehen. Er fühle sich nicht ausreichend fokussiert, ließ der 25-Jährige ausrichten, und brachte damit in Stuttgart genau das Thema in Gang, das der Verein tunlichst hatte vermeiden wollen: Unruhe um die, die gehen könnten und dürfen.

Auffällig offen und besonnen hatte VfB-Sportdirektor Sven Mislintat zuletzt über die schwäbische Finanzpolitik gesprochen und darüber, dass er im Falle des Stürmers und seines kongenialen Flankenpartners Borna Sosa (ebenfalls weiterhin umworben) bis zum letzten Transfertag für Wechsel offen sei: "Gerade aus England kommen immer erst ganz zum Schluss die Angebote, wenn die ersten Vereine in der Krise sind", orakelte Mislintat vor einigen Wochen nach dem ersten Bundesligaspiel gegen Leipzig. Nun gab ihm Wolverhampton recht.

Transfer von Sasa Kalajdzic: VfB-Sportdirektor Sven Mislintat (links) wartet auf späte Angebote aus England - etwa für Flankenkünstler Borna Sosa (rechts).

VfB-Sportdirektor Sven Mislintat (links) wartet auf späte Angebote aus England - etwa für Flankenkünstler Borna Sosa (rechts).

(Foto: Hansjürgen Britsch/Imago/Baumann)

Kalajdzics neuer Arbeitgeber ist deutlich schlechter als erwartet in die Premier League gestartet und steht nach dem vierten Spieltag mit zwei Punkten auf dem 19. Platz der Tabelle. Die Hauptproblematik der Wolves soll nun der Österreicher beheben und fehlende Tore beisteuern, vor allem aus dem Strafraum heraus: Dort fehlt der Mannschaft des portugiesischen Trainers Bruno Lage bislang eine Anspielstation, erst zwei Tore hat Wolverhampton erzielt, dafür aber die meisten Schüsse von außerhalb des Strafraums abgegeben.

Fußballerisch erscheint der Transfer daher absolut sinnvoll, Kalajdzic passt genau in die Lücke, die für ihn bereitsteht. Fußball allerdings war in der Karriere des Stürmers noch nie das Problem, vielmehr könnte es für den verletzungsanfälligen Zwei-Meter-Mann darum gehen, fit zu bleiben - und mutig im Kopf. Kalajdzic ist ein höflicher, zurückhaltender junger Mann, der realistisch und abwägend über seine Karriere nachdenkt, vielleicht manchmal zu sehr: "Man muss immer abwägen, mein Berater wird mich nicht irgendwo hinlocken, wo man am meisten verdienen kann - sondern wir wollen das Beste für mich finden", sagte Kalajdzic im Juni bei der österreichischen Nationalmannschaft, als es noch darum ging, ob der FC Bayern vielleicht eine Nummer zu groß sein könnte.

Aus dem Umfeld der Nationalmannschaft war zuletzt zu hören, dass Kalajdzic ohne Frage höchst talentiert sei, aber durchaus Zeit brauche, um sich an neue Abläufe zu gewöhnen. Man konnte das als leise Kritik verstehen, aber auch als Zugeständnis an den nachdenklichen Kopf-Stürmer Kalajdzic, über den zuletzt einige sagten, dass der Schritt aus Stuttgart hinaus womöglich ein kleinerer sein sollte. Einer, der nicht direkt in die Tiefgarage in München führt, sondern auf einen Umweg über eine englische Kleinstadt.

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