Trainerwechsel beim VfB Stuttgart:Gegen die chronische Herbst-Winter-Depression

VfB Stuttgart - Thomas Schneider

Neuer Trainer beim VfB Stuttgart: Thomas Schneider.

(Foto: dpa)

Normalerweise entlässt der Fußball-Bundesligist VfB Stuttgart seine Trainer erst in den kalten Monaten, wenn der Markt schwierig und die Suche langwierig wird. Bruno Labbadia muss bereits im August gehen - richten soll es nun der lange ersehnte Coach mit Lokalbezug.

Ein Kommentar von Klaus Hoeltzenbein

Wenn endlich akzeptiert werden würde, dass Trainerwechsel nichts Verbotenes, nichts Inhumanes, nichts Ehrenrühriges sein müssen, sondern oft nur einfach unverzichtbar für die Branchenfolklore sind, dann würde sich der Bundesliga-Betrieb vielleicht ein bisschen entkrampfen. Und dann könnte man mit klarem Blick zu analysieren versuchen, was da beim VfB schief gelaufen und was dem VfB erspart geblieben sein könnte.

Erspart geblieben ist ihm jetzt vielleicht jene chronische Herbst-Winter-Depression, unter der dieser Klub wie kein Zweiter leidet. Und deren Wiederkehr er Jahr für Jahr fürchtet. Denn häufig wechselte der VfB seine Trainer erst, wenn es bitterkalt war - und nicht schon im August.

Seit Giovanni Trapattoni im Februar 2006 von Armin Veh abgelöst wurde, kamen deren Nachfolger Markus Babbel (November 2008), Christian Gross (Dezember 2009), Jens Keller (November 2010) und Labbadia (Dezember 2010) in jenen Monaten, in denen der Ligabetrieb auf Hochtouren lief. In denen die Trainersuche, da der Markt leer ist, schwierig und langwierig wird - und wie eine bundesweit verfolgte Fahndung läuft. So etwas prägt, das speichert ein Verein in seinem Großhirn. Das will er, wenn möglich, nicht noch mal erleben.

Aus diesem Grund kann getrost davon ausgegangen werden, dass der VfB, speziell dessen Manager Fredi Bobic, mit jenem Plan B, dem Wechsel zu Thomas Schneider, bereits in die Saison eingestiegen ist - für den Fall, dass sich das Klima um Labbadia nicht beruhigt.

Denn obwohl dieser den Klub 2011 zum Klassenerhalt führte, 2012 in die Europa League und 2013 gar in das gegen den FC Bayern achtbar verlorene Pokalfinale, hatte er nie die reizbaren Gemüter in der Kurve für sich gewinnen können. Die Forderung nach seinem Rauswurf war seit Monaten der Grundton, der jeden Spielfilm negativ überlagerte.

Labbadia selbst wiederholte häufig seine im Schwabenland als nölig empfundene Botschaft, dass mit dem zur Verfügung gestellten Kader kaum mehr zu erreichen sei. Wenn jener Kader dann aber im Sommer renoviert wird, und trotzdem eine Serie von vier Niederlagen folgt, dann hält so eine Manager/Trainer-Beziehung nicht mehr viel aus. Im juristischen Sinne kann man wohl auch im Fall von Bobic und Labbadia von Trennung durch Zerrüttung sprechen.

Zur sehr speziellen Betriebsfolklore der VfBler gehört jedoch auch, dass sie sich dort nach einem Trainer mit Lokalbezug sehnten. Von den Erfolgreichen aus der Region las man ja sonst nur in der Zeitung: Der Dortmunder Klopp ist in Stuttgart geboren, der Mainzer Tuchel ein bayerischer Schwabe, aus der Südwest-Ecke kommen Tüftler wie Gisdol, Rangnick, Dutt oder Löw.

Der Neue hat beim VfB gespielt, er trägt den roten Brustring im Herzen. Man darf gespannt sein, wie er durch den Winter kommt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: