Süddeutsche Zeitung

Trainersuche bei 1860 München:Von Köstner bis Funkel

Bei der Entlassung von Trainer Alexander Schmidt gab das neue 1860-Präsidium offenkundig die Schlagzahl vor. In die Suche nach einem neuen Übungsleiter ist auch Investoren-Vertreter Noor Basha eingebunden.

Von Markus Schäflein und Philipp Schneider

Es ist gerade einmal viereinhalb Monate her, dass Robert Schäfer oben auf einem Podium saß, um die Vertragsverlängerung mit Trainer Alexander Schmidt zu begründen. Keine einfache Aufgabe war dies, schließlich war allen Beteiligten und Zuhörern schon damals klar, dass der Geschäftsführer des TSV 1860 München mit der Maßnahme ja nicht nur das Verhältnis zu Investor Hasan Ismaik endgültig scheitern lassen - sondern damit indirekt auch die Lizenz des Fußball-Zweitligisten riskieren würde.

Doch Schäfers Worte waren derart voll des Lobes für den ehemaligen Trainer von Sechzigs U21, dass sie einer zusätzlichen Provokation Ismaiks gleichkamen. "Er ist ein Trainer mit der höchsten Reputation unter den jungen Trainern in Deutschland" sagte Schäfer, "zudem hat er eine sehr gute Ansprache an die Mannschaft und stellt sie taktisch immer sehr gut ein", das Team habe "mit Schmidt auch eine gewisse Spielphilosophie entwickelt". So sprach Schäfer am 16. April 2013.

Und so sah er das offenbar auch noch am Tag von Schmidts Entlassung. Da sagte Schäfer: "Alex hat fachlich sehr gute Arbeit geleistet und war absolut bestrebt, unsere Ziele zu erreichen." Sportdirektor Florian Hinterberger skizzierte nach der Trennung gar die Version eines Trainers, der gescheitert war wie der Held einer Tragödie - die eines schuldlos Schuldigen. Schmidt sei von den Fans nie akzeptiert worden, er habe keine Chance gehabt, "was da abgelaufen ist, ging unter die Gürtellinie. So etwas wäre Thomas Tuchel in Mainz nicht passiert", sagte Hinterberger. Er meinte die Pfiffe in der Arena, und auch die lauten Rufe, die Schmidts Demission gefordert hatten bei diesem fürchterlichen Spiel gegen Sandhausen am Freitag.

Zu den Rufern gesellten sich Ismaiks Cousin Noor Basha via Twitter ("Zeit zu handeln!") und Präsident Gerhard Mayrhofer per SMS aus seinem Urlaub in Dänemark ("Morgen werden wir uns dazu erklären"). Und Samstagfrüh war es dann so weit - Schmidt musste gehen. "Das war ja von vorneherein klar, dass wir was machen müssen. So geht's ja nicht weiter", sagt Vizepräsident Peter Helfer, der berichtete, auch Hinterberger und sogar Schäfer seien dieser Meinung gewesen.

Für Schäfer war das angesichts der Gemengelage in jedem Fall geschickter - denn das Präsidium ist gegenüber dem KGaA-Geschäftsführer ohnehin weisungsbefugt. Und die Meinung des Präsidiums war eindeutig. "Schmidt hat immer gesagt, die Spieler würden sein System nicht kapieren. Aber da war ja kein System in Sicht", sagt Helfer. Das Spiel gegen Sandhausen sei ein "Hilfeschrei von der Mannschaft" gewesen.

Nun führt Helfer mit Vorstandskollegen zahlreiche Gespräche, eine Reihe von Trainern stehe zur Auswahl, berichtet er. Am Sonntag war er mit dem Auto unterwegs, er führte ein Gespräch mit einem der arbeitssuchenden Trainer mit Wohnsitz in Bayern. Bei den Kandidaten wolle er "abklopfen, wie die das sehen: ob Sechzig überhaupt in der Lage ist, aufzusteigen". Und wenn ja: Wie wollen sie es ermöglichen? Auf schriftliche Exposés legt Helfer da keinen Wert: "Du musst da nichts aufzeichnen oder so, das ist ja ein Schmarrn. Du brauchst in der zweiten Liga einen Trainer, der der Mannschaft in den Arsch tritt."

Den Arschtritt mit dem größten Impakt verteilt zweifelsfrei Felix Magath, das gibt auch Helfer zu. Zudem wäre Magath ja auch Ismaiks Wunschkandidat. Er hat einen Namen, der auch in Abu Dhabi viele Treffer zeitigt, gibt man ihn in eine Suchmaschine ein. Helfer sagt: "Wenn der Herr Ismaik uns das Geld gibt, werden wir gerne mit Magath sprechen." Bisher klärten die Sechziger laut Helfer aber noch nicht einmal, was er überhaupt kosten würde; und Magath tat bereits demonstrativ sein Desinteresse kund. Ganz im Gegensatz zu Lorenz-Günther Köstner, der recht begeistert von der Idee wirkte ("Das wäre sehr interessant, ich würde mich freuen, wenn man mich anrufen würde").

Friedhelm Funkel, 59, findet Helfer "sehr interessant, weil er die zweite Liga aus dem Effeff kennt"; auch Norbert Meier und Heiko Vogel sind Kandidaten. Lothar Matthäus wurde 1860 von seinem Management per SMS angeboten; doch der passe nicht zu den Löwen, findet Helfer, "mit seinen Soaps und seinem ganzen Schmarrn".

Eingebunden in die Suche ist auch Basha, er hat bei Mayrhofer "das Gefühl, dass er mir zuhört" - was Basha nicht von allen 1860-Protagonisten behaupten würde. Ob sich 1860 einen Trainer leisten kann, der Ismaik zufriedenstellt, bleibt allerdings abzuwarten. Die Namen Funkel und Köstner werden in Abu Dhabi kein innerliches Beben verursachen. Der von Vogel schon eher, schließlich wirkte er als Trainer des FC Basel in der Champions League mit. Am Sonntagnachmittag twitterte Basha nochmals, sein Plan klang raffiniert: "Denken, denken, denken, denken und dann eine Entscheidung treffen."

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SZ vom 02.09.2013
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