Trainerentlassung in der Bundesliga:Panik vor dem letzten Schuss

Die Beurlaubung von Hans Meyer beim 1. FC Nürnberg ist ein Beispiel für den Niedergang eines Klubs nach einem überraschenden Erfolg. Doch häufig setzt sich der Absturz fort.

Ein Kommentar von Thomas Hummel

Ob Armin Veh sich schon nach neuen Möglichkeiten der Freizeitgestaltung umsieht? Armin Veh ist zum Trainer des Jahres 2007 gewählt worden, er ist vor neun Monaten im offenen Wagen durch Stuttgart gefahren und wurde von so vielen Menschen geherzt, dass er drei Stunden zu spät zum Aktuellen Sportstudio kam. Insofern ist es eigentlich absurd, heute darüber zu diskutieren, ob Armin Veh der richtige Trainer für den VfB Stuttgart ist, weil der Verein heute auf Platz zehn steht. Könnte man meinen.

Trainerentlassung in der Bundesliga: Hans Meyer hat es geahnt: "Es ist das Normalste vond er Welt, dass eine Situation eintreten kann, bei der ich Ende Februar nicht mehr Trainer bin." Nun ging es noch schneller.

Hans Meyer hat es geahnt: "Es ist das Normalste vond er Welt, dass eine Situation eintreten kann, bei der ich Ende Februar nicht mehr Trainer bin." Nun ging es noch schneller.

(Foto: Foto: dpa)

Hans Meyer ist gestern vom 1. FC Nürnberg entlassen worden, und hätte dies jemand vor neun Monaten geweissagt, er wäre im besten Fall ausgelacht worden. Hans Meyer hatte mit den Franken eine Saison voll guten Fußballs, voll Euphorie, voll Leichtigkeit gespielt. Und einem 3:0-Sieg gegen den FC Bayern. Meyer führte den Club auf Rang sechs der Liga und zum Sieg im DFB-Pokal, dem ersten Titel seit 39 Jahren.

Meyer reiht sich mit seiner Beurlaubung in eine Trainerriege ein, die nach einem überraschenden Erfolg anschließend in einen Abwärtsstrudel gerissen werden, gegen den sie offenbar kein Mittel wissen. Man erinnert sich an Thomas Doll beim Hamburger SV, an, ja auch, Peter Neururer, der sich 2004 mit dem VfL Bochum für den Uefa-Cup qualifizierte, um in der kommenden Saison abzusteigen.

Das schönste Beispiel bietet der 1. FC Nürnberg selbst. Max Merkel errang mit dem Club 1968 die bisher letzte Meisterschaft und wurde im folgenden Spieljahr auf dem letzten Platz liegend entlassen.

Vermutlich eine Mischung aus Überanstrengung und mentalem Hochgefühl führt bei den Titelhelden danach zu einem prekären Druckabfall. Nürnberg wie Stuttgart beklagten in dieser Saison viele Verletzungen, Leistungsträger gerieten in ein Formtief. Dazu holen die Vereine für die folgende Europapokal-Saison neue (oft gut verdienende) Spieler, denen die Alten mit Neid begegnen. Der schöne Teamgeist ist auch dahin.

Die Vorstände schauen dem Niedergang meist fassungslos zu. Die Treueschwüre werden mit jeder Niederlage leiser und spätestens, wenn der Abstieg und ein finanzielles Desaster droht, ziehen viele die Reißleine. Der Zeitpunkt der Meyer-Entlassung ist dabei keinesfalls neu. Die Kluboberen gehen mit der Hoffnung in die Weihnachtspause, dass danach endlich alles besser wird. Ist das nicht der Fall, geraten sie in Panik. Vor einem Jahr wurden nach dem 18. Spieltag gleich drei Trainer gefeuert, Doll (Hamburg), Magath (Bayern) und Heynckes (Gladbach). In der zweiten Liga hat es im Jahr 2008 schon Rekdal (Kaiserslautern) und Fach (Paderborn) erwischt. Kaiserslauterns Sportchef Fritz Fuchs erklärte die Gemütslage: "Die Trainerentlassung ist unsere letzte Patrone, denn nach der Winterpause hat sich bei uns nichts geändert."

Doch trifft diese letzte Patrone wirklich ins Ziel? In Hamburg tat sie das zweifellos, in München und Mönchengladbach kaum. Und der 1. FC Nürnberg stieg 1969 auch ohne Merkel ab.

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