Trainerentlassung bei Hertha BSC:Fehleinschätzungen eines Lehrlings

Favre, Funkel, Babbel und jetzt Skibbe - besonders der jüngste Trainerrauswurf kommt Hertha BSC teuer zu stehen. Manager Michael Preetz wird es ab sofort schwer haben, den Berlinern zu erklären, warum weder für eine erstligataugliche Innenverteidigung Geld da ist, noch für spielstarkes Mittelfeldpersonal.

Claudio Catuogno

Bevor Michael Preetz im Sommer 2009 Hertha-Manager werden durfte, hat ihn der Verein von einem Assessment Center auf seine Managertauglichkeit hin überprüfen lassen. Da war der ehemalige Stürmer schon sechs Jahre lang eine Art Manager-Lehrling bei den Berlinern gewesen. Aber sicher ist sicher. Unter anderem musste Preetz vor externen Gutachtern ein Referat halten.

Hertha BSC - Hamburger SV

Kein glückliches Händchen bei der Trainerwahl: Michael Preetz sucht den nächsten Coach für Hertha BSC.

(Foto: dapd)

Und da kann man jetzt mal sehen, wie weitsichtig diese moderne, in der Liga bisher unterschätzte Form der Personalakquise ist. Denn Referate muss Michael Preetz nun ja einige halten in der neuen Rolle. Das letzte an diesem Sonntag. Thema: "Warum ich schon wieder den falschen Trainer geholt habe."

Natürlich kann Michael Preetz für sich in Anspruch nehmen, auch einiges richtig gemacht zu haben in den letzten zweieinhalb Jahren. Nach dem Abstieg 2010 hat er Klub und Mannschaft stabilisiert - und die Hertha zusammen mit dem Coach Markus Babbel zurück in die erste Liga geführt.

Allerdings war eine Kombination aus Fehleinschätzungen erst die Ursache dafür, dass sich Preetz mit dem Unternehmen Wiederaufstieg profilieren konnte: In der Katastrophensaison 2009/2010 hat der Manager erst den Trainer Lucien Favre überhastet entlassen - und dann, weil ihm das nicht noch mal passieren sollte, an Friedhelm Funkel festgehalten, bis es zu spät war. Schon damals ahnte man: Wenn es um Trainer geht, fehlt es Michael Preetz an Gespür. Der richtige war bisher jedenfalls nicht dabei.

Dass sich Markus Babbel kurz vor Weihnachten - offenbar vor allem privat motiviert - aus Berlin verabschiedet hat, kann man Preetz nicht vorwerfen. Wohl aber das abstruse Theater aus Lügenvorwürfen, das die Trennung öffentlich begleitete. Für Michael Skibbe hat Preetz dann sogar eine Ablösesumme an den türkischen Provinzklub Eskisehirspor überwiesen.

Nun kommt fast in Rekordzeit eine Abfindung dazu. Preetz wird es ab sofort schwer haben, den Berlinern zu erklären, warum weder für eine erstligataugliche Innenverteidigung Geld da ist, noch für Mittelfeldpersonal, mit dem man auch mal ein Spiel gestalten kann.

Dieser Verantwortung stellt sich Michael Preetz jetzt. Sich der Verantwortung stellen, das bedeutet für ihn, dass er seine "Fehleinschätzung" mit Skibbe rasch "korrigiert" hat. In Berlin wächst derweil der Druck auf den Klub, ebenfalls über das Korrigieren einer Fehleinschätzung nachzudenken: über jene Personalentscheidung, bei der die Hertha-Führung 2009 alles besonders weitsichtig und modern machen wollte.

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