Trainerdiskussion bei 1860 München:Das Bekenntnis bleibt aus

Markus von Ahlen

Ungewisse Zukunft für Markus von Ahlen.

(Foto: dpa)

Nach dem ersten Heimsieg lässt Interims-Trainer Markus von Ahlen seine Zukunft bei 1860 München offen. Sportchef Gerhard Poschner führt Gespräche mit potentiellen Kandidaten - und hat bereits mit Bernd Schuster telefoniert.

Von Philipp Schneider

Markus von Ahlen hat also einen Onkel. So viel ist nun bekannt. Dieser Onkel besitzt zudem eine Hose, auf der das Logo des TSV 1860 München eingestickt ist, er hat sie im klubeigenen Fanshop erstanden, das ist jetzt ebenfalls überliefert. Besagte Buxe trug von Ahlens Onkel am Morgen nach dem großen Spiel seines Trainerneffens zufälligerweise öffentlich zur Schau, und zwar: irgendwo auf Gran Canaria, womöglich in Bahía Feliz oder Playa del Inglés, weil er derzeit urlaubt. "Er hat da die Hose an und wird darauf angesprochen", sagt Markus von Ahlen. Weswegen logisch herzuleiten sei: "1860 ist überall, 1860 ist präsent."

Für die Verhältnisse des eher introvertierten Trainers von Ahlen war diese Geschichte über Onkel und Hose eine ungewöhnlich persönliche. Wenngleich leider nicht diejenige, die nun sehr viele Fans seit dem 2:0 gegen die SpVgg Greuther Fürth am Freitagabend von ihm hören wollen: eine schöne Geschichte, die davon handelt, dass von Ahlen dem Klub noch sehr lange als Cheftrainer erhalten bleiben wird.

Der neue Übungsleiter hatte zwei Tage nach seinem inzwischen dritten Amtsantritt als Interimstrainer bei Sechzig eine Mannschaft zusammengestellt, die phasenweise jenen hinreißenden Offensivfußball spielte, den die Vereinsführung vor der Saison als Ziel ausgegeben hatte. Einen Fußball mithin, den sein Vorgänger Ricardo Moniz niemals orchestriert hatte.

Er wagte vier simple Änderungen, von denen zwei entscheidend waren: Kagelmacher raus, Leonardo raus, Kai Bülow rein, Daniel Adlung noch dazu. "Ich kenn' den Adi, schätz' den Adi. Er ist ein Spieler, der die zweite Liga absolut kennt. Das war für mich relativ schnell klar, dass ich ihn auf dem Flügel aufstellen würde", sagte von Ahlen am Samstag.

Bülow und Adlung, die kaum eine Rolle gespielt hatten in Moniz' Planungen, zeigten ein überragendes Spiel: Bülow verlor in der Innenverteidigung kaum einen Zweikampf, er entlastete das Mittelfeld mit Sanchez, Bedia und Weigl - die sich so guten Gewissens der offensiven Spielgestaltung widmen konnten. Und Adlung wuselte mit ungeahntem Ehrgeiz über die Flügel, meist über den rechten, und bereitete mit einem wunderbaren Pass auf Okotie Sechzigs frühe Führung in der sechsten Minuten vor. "Adi war super", lobte der Torschütze: "Ich genieße es, mit ihm zu spielen. Er ist ein Straßenfußballer wie ich. Er weiß, wie er mich einsetzen muss." Bleibt die Frage, weswegen Moniz nicht wusste, dass er Adlung einsetzen sollte.

Moniz kannte die Liga nicht

Dass er die Liga nicht gut kannte, das habe "dem Ricardo die Sache auch schwer gemacht", sagt von Ahlen: "Ich habe versucht, all mein Wissen, all meine Erfahrung dem Cheftrainer zur Verfügung zu stellen. Aber er war natürlich der Endverantwortliche, der die letzte Entscheidung getroffen hat." Sportchef Gerhard Poschner sah sich als Kaderplaner am Tag nach dem Spiel qua Amt angehalten, Adlungs bessere Leistung im Vergleich zu derjenigen Leonardos ein wenig zu relativieren. "Wir haben einen großen Kader mit vielen, vielen guten Spielern. Da ist es manchmal nicht einfach, die richtigen für das jeweilige Spiel auszusuchen", sagte er: "Es kann ja sein, dass im nächsten Spiel wieder fünf andere Spieler auf dem Platz stehen."

Kann allerdings ebenfalls sein, dass Markus von Ahlen bereits bei seinem Debüt eine Stammformation gefunden hat. Sechzigs erster Heimsieg hat schließlich "Freude gemacht", befand auch Poschner: "Jeder ist glücklich aus dem Stadion gegangen." Und wer das Stadion glücklich verlässt, der kehrt bekanntlich auch mal wieder dorthin zurück und zahlt Eintrittsgeld.

Ein klares Bekenntnis zur Sehnsucht nach einer dauerhaften Beförderung war Markus von Ahlen auch nach dem Sieg nicht zu entlocken. "Stand jetzt" sei er verantwortlicher Trainer, er bespreche die Angelegenheit gerade mit den Verantwortlichen, es sei genug geredet worden über die aus seiner Sicht leidige Thematik, ob er Assistent oder Chef sei: "Mein Anliegen ist, dass ich kontinuierlich für den Verein arbeite", sagte er.

Und Poschner meinte zwar: "Wir haben jetzt einen Cheftrainer." Allerdings relativierte auch er: "Markus wird uns hoffentlich noch sehr, sehr lange zur Verfügung stehen, in welcher Funktion auch immer." Und "natürlich" sei es "unsere Pflicht, ständig Augen und Ohren offen zu halten nach neuen Trainern". Laut Informationen des kicker hat Poschner unter anderem bereits mit Bernd Schuster gesprochen.

Ganz offensichtlich ist von Ahlen allein aus familiären Gründen ein dauerhaftes Anstellungsverhältnis in München wichtiger als die Chance auf eine glanzvolle Karriere. Auf den Einwand, er würde sicher ganz gerne eine Art Jobgarantie als Assistent aushandeln, für den Fall, dass er als Chef entlassen werden müsste, sagte er: "Das sind gute Gedanken, die hören sich gut an. Ich denke, dass wir zu solchen Gedanken ebenfalls kommen werden."

Gute Gedanken sind das eine, deren Umsetzung auf einem Vertrag das andere.

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