Trainer Vrabec beim FC St. Pauli:Starkes Bewerbungsschreiben vom Glatzkopf

FC St. Pauli - 1. FC Köln

Vielleicht bald Cheftrainer: Roland Vrabec.

(Foto: dpa)

Eigentlich ist Roland Vrabec nur Interimstrainer beim FC St. Pauli. Doch weil der Kiezklub siegt und siegt, steigen seine Chancen auf eine Festanstellung. Auch der TSV 1860 München bekam St. Paulis neue Stärke zu spüren.

Von Dominik Fürst

Philipp Tschauner winkte ab. Der Torhüter des FC St. Pauli hatte soeben sein siebtes Zu-Null-Spiel in dieser Saison absolviert, nun kamen seine Mannschaftskameraden auf ihn zugelaufen, klatschten ab und gratulierten ihm. Es schien ihm leicht unangenehm zu sein, doch Tschauner musste sich das Lob einfach gefallen lassen.

2:0 (1:0) gewann St. Pauli am Montagabend bei Tschauners Ex-Klub, dem TSV 1860 München. Es war der Minigipfel der zweiten Fußball-Bundesliga, und St. Pauli kletterte durch den Sieg auf den Relegationsplatz. "Wir wollten unbedingt Platz drei erobern. Man sieht, dass die Mannschaft einen Schritt nach vorne gemacht hat", sagte der Keeper, der trotz des Lobes seiner Mitspieler an diesem Abend nicht im Mittelpunkt stand.

Eine wichtige Personalie überflügelt derzeit alle Diskussionen beim Kiezklub. Es handelt sich um Interimstrainer Roland Vrabec und die Frage, die sich nach vier Siegen in fünf Spielen unter seiner Regie aufdrängt: Wann erhält der Coach eine Festanstellung beim FC St. Pauli? "Ein besseres Bewerbungsschreiben gibt's ja wohl nicht", erklärte St.-Pauli-Stürmer Chris Nöthe am Montagabend.

Die Handschrift des Trainers war zuvor mal wieder ersichtlich geworden. Mit der kompakten Defensivleistung und dem gefährlichem Konterspiel der Hamburger taten sich die Sechziger sehr schwer, Nöthe (43.) und Fin Bartels (81.) schossen den verdienten Erfolg heraus. Die "Löwen" verzeichneten zwar mehr Ballbesitz, doch die deutlich besseren Torchancen gehörten St. Pauli: In der 75. Minute knallte ein Freistoß von Sebastian Maier an den Pfosten.

"Wir haben ein intensives, sehr packendes Spiel gesehen, in dem meine Mannschaft defensiv gut gestanden hat", sagte Vrabec, um anschließend die große Stärke seines Teams hervorzuheben: "Dass wir im Umschaltspiel unsere Tore machen, ist momentan so ein bisschen unser Markenzeichen. Insgesamt kann ich äußerst zufrieden sein."

Bleibt die Frage, ob auch die Vereinsverantwortlichen mit ihrem Trainer zufrieden sind - kaum etwas spricht derzeit dagegen. "Ich kann dazu nur das Gleiche sagen wie die letzten Wochen auch", sagte Vrabec: "Wir haben noch kein Gespräch geführt. Wir warten jetzt das letzte Spiel ab, und werden uns dann in Ruhe hinsetzen und alles besprechen."

Ein beinah gleichlautendes Statement gab es von Sportchef Rachid Azzouzi gegenüber dem Hamburger Abendblatt: "Wir haben verabredet, uns nach dem letzten Spiel vor der Winterpause zusammenzusetzen. Das behalten wir bei. Aber ich kenne den Anteil des Trainerteams am derzeitigen Erfolg."

Positive Signale von der Vereinsführung

Zuvor galt als ausgemacht, dass Vrabec die Mannschaft bis zur Winterpause übernimmt, bis ein neuer Coach kommt. Nun hat der 39-Jährige ziemlich gute Argumente auf seiner Seite, selbst der neue Chefübungsleiter zu werden. Das Spiel der Mannschaft sei "mutig und gut", sagte Azzouzi. Solche Worte fielen eher selten in den vergangenen Monaten.

Dass Vrabec die Vereinsführung überzeugt, deutete bereits vor einigen Wochen Präsident Stefan Orth an, als er nach dem 3:0-Erfolg gegen Cottbus sagte: "Wir wollen hier Angriffsfußball sehen, und das ist heute zum ersten Mal der Fall." Dabei handelte es sich auch um eine Spitze gegenüber Michael Frontzeck, der kurz zuvor als Trainer beurlaubt worden war, weil er sich in den Vertragsverhandlungen wohl im Ton und mit seinen Forderungen vergriffen hatte.

Vieles deutet damit auf ein längerfristiges Engagement von Vrabec als St.-Pauli-Trainer hin. Dass er nach Holger Stanislawski, André Schubert und Frontzeck ein weiterer Übungsleiter mit Glatze ist (auch wenn er die am Montagabend unter einer schwarzen Mütze versteckte), passt dabei nur zu gut ins Bild.

Es wäre der vorläufige Karriere-Höhepunkt des Sportwissenschaftlers, der in seiner aktiven Zeit lediglich im Amateurbereich Fußball spielte. Seine erste Trainerstation fand Vrabec im Jugendbereich des FSV Frankfurt, schließlich führte sein Weg über die U18-Nationalmannschaft zum FC St. Pauli, wo er zunächst Michael Frontzeck als Co-Trainer zur Seite stand.

Nun könnte er vom Interims- zum Cheftrainer aufsteigen. Doch Vrabec bleibt bescheiden: "Wenn die Entscheidung des Vereins pro Roland Vrabec ausfällt, dann freue ich mich", sagte er kürzlich: "Wenn nicht, dann werde ich wieder in die Co-Trainer-Rolle zurückrutschen. Das wäre auch okay."

Am Freitagabend trifft St. Pauli auf den Karlsruher SC, es ist das letzte Spiel des Fußballjahres. Ein Sieg wäre quasi die Signatur unter Vrabecs Bewerbungsschreiben.

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