Trainer Torsten Lieberknecht:Braunschweig oder nix

Eintracht Braunschweig v 1. FC Kaiserslautern - Second Bundesliga

Will aufsteigen, und zwar mit Braunschweig: Torsten Lieberknecht.

(Foto: Joachim Sielski/Getty)

Torsten Lieberknecht ist bei vielen Erstligisten ein begehrter Mann. Doch der Trainer will den Aufstieg unbedingt mit Eintracht Braunschweig schaffen.

Von Carsten Scheele

All die Prognosen, die über den Trainer Thorsten Lieberknecht angestellt wurden, dürfen im Nachhinein als falsch bezeichnet werden. Als Eintracht Braunschweig 2014 ehrenhaft aus der Bundesliga abgestiegen war, da hieß es, dass zumindest der Trainer bald wiederkehren werde. Einer wie Lieberknecht könne ja schlecht in Braunschweig bleiben. Die zweite Liga sei doch viel zu klein für ihn.

Zuletzt wurde Lieberknecht, 43, in Bremen gehandelt. Würde ja passen: Ein Traditionsverein wie Werder für den Traditionsklubliebhaber, der in Braunschweig seit Jahren in bescheidenen Verhältnissen viel leistet, dabei stets authentisch rüberkommt. Einer wie Freiburgs Christian Streich, nur etwas jünger und mit etwas anderer Sprachfärbung (Pfälzisch statt Alemannisch).

Doch Lieberknecht lächelte nur. Wiegelte ab. Verlängerte seinen Vertrag in Braunschweig sogar bis 2020, die Unterschrift leistete er live während einer Fanversammlung. Ein Wechsel sei nie ein Thema gewesen, sagte er kürzlich im NDR-Sportclub: "Weil ich es mit dem Herzen nicht wollte."

Vieles passt in Braunschweig in dieser Saison

Er sei sehr zufrieden mit seiner Situation in Braunschweig, beteuert Lieberknecht, und es ist ja nicht so, dass seine Entscheidung pro Braunschweig eine Entscheidung contra Bundesliga wäre. Macht sein Klub so weiter, wird sogar kaum ein Weg daran vorbeiführen, dass die Eintracht nach drei Jahren Abstinenz wieder in die Eliteklasse aufrückt: Braunschweig ist Tabellenführer, nach dem 1:0-Sieg am Sonntag gegen Greuther Fürth sogar mit fünf Punkten Vorsprung auf den Zweiten.

Treuebekenntnisse sind im Bundesligageschäft häufig die Zeit nicht wert, die es dauert, sie anzuhören. Doch wer Lieberknecht reden hört, der ahnt, dass er es tatsächlich so meint. Genauso selbstverständlich, wie er nach dem Abstieg in Braunschweig blieb und wie er die schwierige Phase in der vergangenen Saison meisterte, als man anfangs auf einem Abstiegsrang stand, gelobt der Pfälzer dem Klub nun die Treue, wenn es gut läuft und die Angebote anderer Vereine hereinwehen.

"Wer gesehen hat, was Aufstiege für Emotionen freilassen, der möchte das auch nochmal erleben", sagt Lieberknecht. Viel besser also, als nach Bremen zu wechseln und über Nacht Bundesligacoach zu sein. Braunschweig oder nix, würde Lieberknecht wohl sagen, wenn er Pep Guardiola wäre.

Die Zugänge passten gut in die Mannschaft

Lieberknecht hat natürlich registriert, dass in dieser Saison vieles passt. Abermals hat die Eintracht darauf verzichtet, wilde Dinge auf dem Transfermarkt anzustellen, viel Geld auszugeben. 2,4 Millionen Euro hat der Klub investiert, die drei wichtigsten Neuen haben sofort funktioniert: Aus Dresden kam der Sechser Quirin Moll, in der Innenverteidigung spielt jetzt der Norweger Gustav Valsvik, vorne stürmt der Schwede Christoffer Nyman. Neben dem ewigen Domi Kumbela, der zwischenzeitlich versuchte, bei Greuther Fürth und in der Türkei glücklich zu werden, der aber erst wieder verlässlich trifft, seit er zu Lieberknecht zurückgekehrt ist.

Doch noch ist der Weg in die erste Liga weit, das haben auch die vergangenen Spiele gegen Heidenheim (1:1), Kaiserslautern (1:0) und eben Fürth gezeigt. Die Gegner stellen sich gegen den Aufstiegsfavoriten gerne hinten rein, was den Braunschweigern merklich zusetzt. "Auch die Bayern haben Probleme, gegen eine Fünferkette zu spielen", sagt Lieberknecht nur. Auch dass es spielerisch manchmal nicht so läuft, wie man es von einem potentiellen Bundesligisten erwarten könnte, schockiert Lieberknecht keineswegs. Deshalb spiele man ja in der zweiten Liga.

"Der richtige Mann am richtigen Fleck"

In Braunschweig kommt das alles dermaßen gut an, dass es nicht verwunderlich wäre, würden sie Lieberknecht auf dem Burgplatz vor dem Braunschweiger Dom eine Statue errichten. Lieberknecht sei in den acht Jahren, die er nun den Klub trainiert, "zum Gesicht der Eintracht geworden", sagt Manager Marc Arnold. Beide haben ein besonderes Verhältnis, auch Arnold ist seit 2008 im Verein, beide haben viel miteinander durchgemacht. Sie treffen die Entscheidungen am liebsten im kleinen Kreis. Lieberknecht sei "der richtige Mann am richtigen Fleck", findet Arnold.

Als Lieberknecht 2013 mit Braunschweig den Sprung in die Bundesliga schaffte, stieg er nachts mit einer Dose Whiskey-Cola aus dem Mannschaftsbus. Als er 2014 abstieg, weinte er auf dem Feld. Wer weiß, ob all das bei einem anderen Klub genau so authentisch rüber käme wie in Braunschweig.

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