Bernd Schuster strebt seit Langem eine Trainerkarriere in der Bundesliga an. Dreimal hat der Trainer, der in der abgelaufenen Saison den FC Malaga betreute, in den vergangenen Jahren mit deutschen Klubs verhandelt - mit dem VfB Stuttgart, dem VfL Wolfsburg und dem Hamburger SV. Jedes Mal bekam stattdessen Armin Veh den Job.
Und als sich Schuster nun Eintracht Frankfurt anbot, wo Veh gerade gekündigt hatte, um wieder nach Stuttgart zu wechseln, machte er sich erneut große Hoffnungen. Noch am Mittwoch um 11.35 Uhr meldete die Deutsche Presse-Agentur von einem Interview Schusters mit dem TV-Sender Sky, in dem er schmunzelnd sagte, diesmal könne ihm der Armin ja nicht in die Quere kommen. Drei Minuten später kam, ebenfalls von dpa, eine Eilmeldung. Nicht Veh steht Schuster diesmal im Wege - sondern Thomas Schaaf, 53.
Ziemlich genau ein Jahr hat der Rekordtrainer von Werder Bremen, der seit 35 Jahren seinem Heimatklub angehört und die Profis dort exakt 14 Jahre und fünf Tage gecoacht hatte, die Auszeit genossen. Nun unterschrieb der Mann, der so gut erholt aussieht, als habe er eine gründliche Fitnesskur hinter sich, einen Vertrag bis zum 30. Juni 2016.
Die Frage, weshalb er sich gerade für die Eintracht entschieden habe, beantwortete er so: "Ich war sehr lange in einem Verein, jetzt kommt eine neue Auf- gabe. Ich freue mich darauf und bin gespannt." Man habe ja sehr gut verfolgen können, auf welchem Weg die Eintracht sei, meinte Schaaf: "Sie haben sich fußballerisch weiterentwickelt, spielen einen interessanten und offensiven Fußball. Dafür stehe ich ja auch." Er möchte weiter lieber "ein 4:3 als ein quälendes 1:0 erleben", sagte Schaaf bei seiner Vorstellung.
Es ist also tatsächlich die angekündigte große Frankfurter Lösung geworden, die von Vorstandchef Heribert Bruchhagen "hocherfreut" präsentiert wurde. Wobei: Schaaf war bei weitem nicht die einzige Option. Nachdem der von der Eintracht umworbene Salzburger Roger Schmidt Bayer Leverkusen den Vorzug gab, wurde auch mit Thorsten Fink, dem zögerlichen Ex-Chelsea-Trainer Roberto di Matteo und eben Schuster verhandelt.
Doch nach all diesen Gesprächen war Sportdirektor Bruno Hübner sicher: Schaaf erfülle perfekt das "Profil, das wir erstellt haben". Er stehe für Kontinuität, aggressiven Fußball, Talentförderung, Erfolg und habe auch Menschlichkeit.
In diesem Jahr der Abwesenheit, in dem Schaaf auf das Fußballgeschäft "von der Seite draufgeschaut" hat und nicht öffentlich auftreten wollte, wurde er fast zu einem Phantom. Natürlich tauchte sein Name immer auf, wenn irgendwo ein Arbeitsplatz zu vergeben war. Mal wurde gemutmaßt über den Posten des Nationaltrainers in Bahrain, dann gab es Anfang des Jahres Spekulationen mit Schalke 04.
Und auch bei Bayer Leverkusen wurde er angeblich als Nachfolger von Sami Hyypiä gehandelt. Anfang April, so berichtete damals die Frankfurter Rundschau, sei er im Eintracht-Mannschaftshotel in Bad Homburg gesehen worden. Es war die Zeit, als Schaaf nach einigen Einsätzen für die Uefa (er leitete etwa einen Trainerkurs in Nyon) die Distanz zum Profifußball langsam wieder aufgegeben hatte.
Davor war er nur zweimal öffentlich aufgetreten - mit seinen früheren Werder-Profis. Anfang September 2013 kam er beim Abschiedsspiel von Torsten Frings erstmals ins Weserstadion zurück, Anfang Mai war er dort beim Jubiläum jener Elf, mit der er vor zehn Jahren das Double nach Bremen geholt hatte. Fragen zu seiner Zukunft ließ er da noch nicht zu. Er sagte nur: "In verantwortlicher Position zu sein, das muss ich im Moment nicht haben." Es war eine kleine Lüge.
Nun muss der Mann, der als Trainer neben der Meisterschaft dreimal den DFB-Pokal gewann und sechsmal mit den Bremern an der Champions League teilnahm, eine schwierige Aufgabe übernehmen. Pirmin Schwegler (Hoffenheim) und Sebastian Rode (FC Bayern), zwei der wichtigsten Profis, fehlen in der nächsten Saison. Der Verbleib der bislang nur ausgeliehenen Josélu (aus Hoffenheim) und Tranquillo Barnetta (aus Leverkusen) ist fraglich. Zudem gilt seit Mittwoch der Wechsel von Nationalspieler Sebastian Jung zum VfL Wolfsburg als fixiert. Die Ablöse von geschätzt 2,5 Millionen Euro erweitert den finanziellen Spielraum der Eintracht. Der Etat von knapp über 30 Millionen Euro soll jedoch kaum angehoben werden.
Nur einen Spieler kennt Schaaf persönlich. Den bislang einzigen Zugang, den serbischen Nationalspieler und Rode-Ersatz Aleksandar Ignjovski, holte er 2011 noch zu Werder. Aber ein bisschen Heimatgefühl bringt er doch noch mit: Seine ehemaligen Werder-Assistenten Wolfgang Rolff und Matthias Hönerbach werden ihm ebenso wie Torwart-Trainer Michael Kraft wieder zur Seite stehen.