Trainer in der Champions League:Grand Prix der Fußball-Masterminds

Der Tüftlerfußball von van Gaal oder Mourinho zeigt: Ein Konzept, das Fußball als organisierten Gruppensport ausweist, ist heute unverzichtbar.

Moritz Kielbassa

Das Buchcover der neuen Biographie von Louis van Gaal zeigt, stilisiert, einen Fußball und einen Stempel mit Initialen (LvG). Das Bild sagt alles über sein Ego: Das Spiel - und ich, der Stempel-Aufdrücker!

van gaal, dpa

Louis van Gaal will jedes Spiel diktieren, soll der Gegner den Plan ruhig kennen!

(Foto: Foto: dpa)

15 Jahre ist es her, dass der FC Bayern jenem Trainer van Gaal in einem Halbfinale herabwürdigend unterlag, 2:5. Diese wunderbare Elf von Ajax Amsterdam hatte offensiven Esprit; man erkannte den Mut zur Arbeit mit Teenagern (Seedorf, Kluivert); und die Prinzipien des straff geplanten Spiels waren dieselben, die heute an der Säbener Straße gelehrt werden, auf einem Trainingsfeld mit 18 Rechtecken: Ballkontrolle und erlernte Bewegungsmuster; Pressing und Positions-Spielzüge mit strikter Raumaufteilung; Pässe im Zickzackmodus und viele Flügelwechsel, wobei das Querspiel den erhabenen, öffnenden Schrägpass vorbereitet.

Was nach einer staubtrockenen Bedienungsanleitung klingt, begeistert derzeit sogar die Sekt- und Schnittchenfans in Münchens Arena, die Querpässe bisher nur als Stilmittel von drögem 1:0-Fußball kannten. Der neue Lehrplan lässt auch Raum, mehr noch: Er verschafft Raum für Unterhaltungskünstler (Ribéry, Robben).

Der Tüftler- und Trainerfußball ist angekommen bei den Bayern, und nicht nur dort. Kaum ein Bundesligist hat noch Erfolg, dessen Trainer nur Schaum schlägt. Die Art der Betrachtung von Fußball - Unwort: Philosophie - kann völlig unterschiedlich sein. Unverzichtbar aber ist ein Konzept, das Fußball als organisierten Gruppensport ausweist.

Gerade läuft der Grand Prix der Masterminds. Im zweiten Halbfinale: Mourinho, Inter, der ewige Kreateur taktischer und verbaler Bosheiten, der bei van Gaal in die Lehre ging. Und van Gaals früherer Spieler Guardiola, der Hüter von Barcelonas Pressing- und Ballbesitzschule, die der Nährboden ist für Improvisation und Messis (in Mailand entzauberte) Magie.

Und im Titelkampf der Bundesliga, als Widersacher van Gaals: Felix Magath, Schalke, der Schachspieler, der seine Züge - psychologische Kriegslist inbegriffen - oft nach dem Gegner richtet. Der seine Strategie flexibel an die Stärken seines Teams anpasst. Und dessen muntere Rochaden die Theorie widerlegen, man müsse sich auf ein System, auf eine Stammelf festlegen.

Van Gaal ist Magath in manchem ähnlich (autokratischer Führungsanspruch, Jugendförderer, kauzige Ironie). Ein Schachspieler aber ist er nicht wirklich, auch wenn ihm gegen Lyon gute Züge gelangen, als er veränderte Spielsituationen regelte, Timoschtschuk in Unterzahl in die Mitte berief und eine Angriffsreihe ohne Mittelstürmer (Robben, Schweinsteiger, Müller) formte - nur Robbens Auswechslung war ein Rätsel.

Van Gaal will jedes Spiel diktieren, soll der Gegner den Plan ruhig kennen! Sein Denkansatz ist banal: Regeln sind heilig. Hält sich jeder Spieler an die Abmachungen, hat der Gegner ein Problem. Wenn nicht, dann wir.

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