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Trainer Heynckes und Klopp:Einer kann gewinnen, einer muss gewinnen

Der eine kapselt sich völlig ab, der andere lässt sich Eigenhaar transplantieren: Jupp Heynckes und Jürgen Klopp, die zwei prägenden Figuren der Bundesliga und Champions League, könnten unterschiedlicher kaum sein. Doch gemeinsam ist beiden der große Einfluss auf ihre Teams.

Ein Kommentar von Claudio Catuogno

Jupp Heynckes wird, wenn dieses Finale von Wembley überstanden ist, wohl noch ein Spiel lang Fußballlehrer sein, den DFB-Pokal muss er ja auch noch gewinnen für den FC Bayern und für sich selbst. Danach? Vorausgesetzt, er erträgt die Ruhe, wird Heynckes wohl mit Hund Cando über die Wiesen am Niederrhein schlendern und das Leben als emeritierter Trainer genießen; so hat er das in Barcelona wieder angedeutet. 68 ist er dann.

Man muss allerdings vermuten: Wie befriedigend sich der Ruhestand dann anfühlt, wird stark davon abhängen, ob Heynckes am 25. Mai diesen Henkelpokal gewinnt oder nicht. Der Champions-League- Titel wäre die ersehnte Krönung einer Karriere, in der Heynckes fast alles gewann - für die man ihm die ganz große Wertschätzung aber oft vorenthielt.

Jürgen Klopp wird, wenn dieses Finale von Wembley überstanden ist, Trainer von Borussia Dortmund bleiben, irgendwann wird er dann Bundestrainer oder Coach von Real Madrid. Der Einzug in dieses Endspiel hat Klopp, 45, längst zur attraktivsten Personalie des europäischen Trainergewerbes gemacht. Man muss vermuten: Sein Karriereweg wird nicht so sehr davon abhängen, ob er am 25. Mai diesen Pokal gewinnt oder nicht.

Bayern muss gewinnen. Dortmund kann nur gewinnen. Diese Ausgangslage, sie gilt in dreieinhalb Wochen auch für die beteiligten Trainer.

Heynckes, Klopp, zwei prägende Figuren der Bundesliga. Die Unterschiede überwiegen, was man nicht nur daran festmachen kann, dass sich Heynckes niemals Eigenhaar transplantieren lassen würde, um besser auszusehen (wie Klopp vor einigen Monaten), oder daran, dass Klopp sich niemals derart abkapseln würde für den Erfolg (wie Heynckes seit einigen Monaten). Am 25. Mai kommt ein weiterer Unterschied dazu: Einer der beiden wird der erst zweite deutsche Trainer werden, der mit einer deutschen Mannschaft die Champions League gewinnt. Bisher gelang das nur Ottmar Hitzfeld: 1997 mit Dortmund, 2001 mit den Bayern. Heynckes gewann die Trophäe 1998, mit Real Madrid.

Doch bei allen Unterschieden: Gemeinsam ist beiden der prägende Einfluss auf ihre Teams. Beide Finalisten sind Trainermannschaften, auf ähnliche Weise: Die feinen Füße in ihren Teams haben beide nicht nur gehegt und gepflegt, sondern durch bemerkenswerte Robustheit ergänzt - erst das kollektive Belästigen des Gegners schuf die Basis für die Erfolge. Wenn man so will, haben Heynckes und Klopp die einst berüchtigten, später belächelten "deutschen Tugenden" in die Moderne geführt.

Das ist besonders beachtlich, wenn man die Störfaktoren bedenkt: Als Jupp Heynckes im Winter von der bevorstehenden Ablösung durch Pep Guardiola erfuhr, hat ihn das zum Einzelkämpfer gemacht - aber nie zur Lame Duck. Seine Autorität blieb unumstritten. Klopps Dortmundern haben sie vor der Saison den Schlüsselspieler Kagawa weggekauft, Tage vor den Halbfinals wurde der Mario-Götze-Wechsel nach München publik. Aber die gruppendynamischen Prozesse hatten da längst ein so stabiles Fundament, dass Klopps Jungs sogar davon unbeeindruckt blieben.

Nur einer kann ihn gewinnen. Verdient hätten ihn beide, den Henkelpokal.

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SZ vom 03.05.2013/sonn
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