Trainer der Hinrunde:"Laufen können wir immer"

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Trainer der Hinrunde laut SZ-Votum: Cristian Streich, 53, der mit dem SC Freiburg erstaunliche Resultate lieferte.

(Foto: Thomas Kienzle/AFP)

Christian Streich überwintert mit dem SC Freiburg auf Rang elf und damit oberhalb von vielen Bessergestellten.

Von Christoph Ruf

Christian Streich sah sehr müde aus, als er erklärte, dass seine Elf "müde, müde" sei. Nicht gut gespielt hätten seine Freiburger deshalb in Nürnberg, nicht einmal so gut wie der Tabellenletzte, der ihm deshalb "fast ein bisschen leid" tat: "Wir waren heute nicht die Besseren."

Das stimmt, trotzdem haben sie ihr letztes Vorrundenspiel mit 1:0 gewinnen können. Wie es auch stimmt, dass diese Freiburger Mannschaft ihre 21 Punkte nicht gestohlen hat. Gegen Hoffenheim, Frankfurt, Bremen spielte sie bärenstark, holte aber nur einen Punkt. Zuletzt, gegen Düsseldorf, Hannover, Nürnberg spielte sie schwach, sammelte trotzdem derer vier - per Saldo gleicht sich da einiges aus.

Wobei das mit dem Schwach-Spielen so eine Sache ist. Spielerisch ging wenig gegen das Trio aus dem Tabellenkeller, aber gerannt sind sie halt doch wie die Berserker. Sechs Kilometer mehr als Hannover, zwei mehr als Nürnberg. Nicht blind, sondern so, dass der Gegner kaum Räume bekommt. "Selbst wenn der Kopf leer ist, laufen können wir immer", sagt Streich.

Dabei schätzt er destruktiven Fußball nicht sonderlich. Streich mag es, wenn die Jungs "kicken", also den zweiten Teil beim Fußball-Spielen erfüllen. Doch wenn das nicht geht, weil zu viele Spieler verletzt sind oder auf dem Zahnfleisch gehen, muss ein Trainer umschalten können. Streich kann das. Und er ist pragmatisch genug, auch Kampfspiele so minutiös vorzubereiten wie die berauschten Auftritte gegen Leipzig (3:0) oder Gladbach (3:1).

Man kann diese Trainerleistung eigentlich nicht genug würdigen, schon gar nicht, wenn man sich seinen Kader anschaut, der ja vor jeder Saison aufs Neue zerrupft und gefleddert wird. In diesem Sommer wechselte Caglar Söyüncü für circa zwanzig Millionen Euro zu Leicester City nach England; im Sommer zuvor gingen die Stammkräfte Maximilian Philipp (Dortmund) und Vincenzo Grifo (damals Gladbach, jetzt Hoffenheim) für hohe Summen. Wenn sie in Freiburg nur immer einen Teil davon - für fünf Millionen kam Stürmer Luca Waldschmidt vom Hamburger SV - reinvestiert haben, dann hoffen sie auf den bekannten Effekt: Dass ihr Trainer es schaffen werde, den nächsten Spieler zu entwickeln, der zweistellige Millionenbeträge einbringen kann.

Finanziell ungleich besser gestellte Vereine wie Hannover, Schalke, Stuttgart liegen in dieser Winterpause mal wieder hinter dem Sportclub, der vergangene Saison Köln, Wolfsburg und den HSV hinter sich lassen konnte. Dass der dienstälteste Bundesliga-Trainer (seit 2011 im Amt) ein bisschen was draufhat, hat sich herumgesprochen. Doch trotz einiger nicht uninteressanter Anfragen ist Streich immer noch bei dem Klub beschäftigt, bei dem er nach seinem Lehramtsstudium anheuerte. Weil es ihm Spaß macht, dafür zu sorgen, dass aus einem nicht ganz so talentierten Zwölfjährigen wie Christian Günter mit harter Arbeit einer der besten Linksverteidiger der Liga wird. Und weil ihn genau das antreibt, was er jüngst erzählt hat. Dass er es nach wie vor als sehr befriedigend empfindet, dafür zu sorgen, dass der SC Freiburg zu den besten 18 Teams des Landes zählt.

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