Tadej Pogacar lächelte: „Ich bin super, super happy“, sagte er nach seiner taktischen und kämpferischen Meisterleistung in den Pyrenäen. Der Slowene im Gelben Trikot der Tour de France hat die jüngste Herausforderung seines Rivalen Jonas Vingegaard auf beeindruckende Weise gekontert.
Manche Buchmacher hatten sich nach Vingegaards überraschendem Tagessieg am Mittwoch im Zentralmassiv, keine 100 Tage nach seinem verheerenden Sturz, bereits auf ihn als neuen Favoriten auf den Toursieg geeinigt; doch Pogacar wollte sich das bei der ersten Bergankunft der diesjährigen Frankreich-Rundfahrt nicht bieten lassen. Er sicherte sich den Etappensieg und nahm dem Titelverteidiger 39 Sekunden ab. „Wir haben eine tolle Energie im Team. Ich bin sehr zufrieden und werde versuchen, diese Position zu halten“, verkündete er im Anschluss an das 14. Teilstück.
Pogacar setzt am letzten Anstieg eine explosive Attacke – auch dank seines Edelhelfers
Der Führende vom UAE Team Emirates liegt nach diesem Duell der Favoriten auf der Fahrt hinauf zum Pla d’Adet nun 1:57 Minuten vor seinem dänischen Kontrahenten vom Team Visma-Lease a bike. Remco Evenepoel (Belgien/Soudal Quick-Step) verlor beim Ausscheidungsrennen mit drei Anstiegen, darunter der legendäre Col du Tourmalet, 1:10 Minuten. Mit nun 2:22 Minuten Rückstand musste er seinen zweiten Platz in der Gesamtwertung an Vingegaard abtreten.
Pogacar hatte sieben Kilometer vor dem Ende seinen Edelhelfer Adam Yates in die Offensive geschickt, zweieinhalb Kilometer später setzte er dann selbst eine explosive Attacke. Wie so oft brachte er schnell einige Meter zwischen sich und seine Kontrahenten und ließ sich von Yates noch kurze Zeit lang den Anstieg hochziehen. „Das war Instinkt. Adam konnte mich dann ziehen, das war perfekt“, sagte Pogacar, die Teamtaktik am letzten Anstieg habe „fantastisch funktioniert. Anders als beim Duell im Zentralmassiv, als er nach Rückstand zurückkam und siegte, hatte Vingegaard dem nichts entgegenzusetzen.
Daher überwog im Team des Rivalen im Anschluss die Ernüchterung. „Wir wussten zu 100 Prozent, dass Pogacar angreifen wird, und haben gehofft, dass Jonas reagieren kann, aber da war heute jemand stärker und besser als er“, sagte Grischa Niermann, sportlicher Leiter bei Visma-Lease anerkennend: „Das muss man akzeptieren, die Verhältnisse sind gerade so.“
Das Corona-Virus grassiert im Fahrerfeld
Bereits auf dem Heimweg befand sich zu diesem Zeitpunkt der Brite Thomas Pidcock (Ineos Grenadiers). Der Mountainbike-Olympiasieger war einen Tag nach der Aufgabe von Pogacar-Helfer Juan Ayuso der nächste prominente Corona-Positive der Tour, er war zur Etappe nicht angetreten. Das Virus grassiert im Fahrerfeld, zahlreiche Teams haben reagiert und lassen ihre Fahrer vor und nach den Rennen Masken tragen.
Auch weil am Samstag wieder einige Fahrer entkräftet die Tour aufgaben, wächst die Sorge, dass sich die Corona-Problematik in der dritten Woche der Rundfahrt auch auf den Kampf ums Gelbe Trikot auswirken könnte. Dieser wird sich am Sonntag auf der 15. Etappe mit ihren 5000 Höhenmetern zuspitzen: fast 200 Kilometer, vier Anstiege der 1. Kategorie und schließlich das knüppelharte Finale auf dem berühmten Plateau de Beille stehen an. Ein weiteres Fest für Radsportfans und die Bergspezialisten im Peloton - für den großen Rest der Fahrer wohl eher ein Albtraum.