Tour de France:Die erste kleine Schwäche

Tour de France

Gefordert: Tadej Pogacar (in gelb) auf der elften Etappe

(Foto: Stephane Mahe/Reuters)

Beim Aufstieg zum Mont Ventoux kann der Gesamtführende Tadej Pogacar eine Attacke des Dänen Jonas Vingegaard nicht mitgehen - doch er hat Glück, dass die Etappe diesmal im Tal endet.

Von Johannes Aumüller, Malaucene

Um kurz nach neun haben sich Julen und Miguel auf den Weg gemacht. Der Tag, an dem die Tour de France auf den Mont Ventoux kommt, ist immer auch ein Tag, an dem sich besonders viele Hobbyfahrer daran machen, den berüchtigten Berg zu bezwingen. Aber wer bis um zwölf nicht im Anstieg ist, schafft es nicht mehr nach oben, weil wenig später die große Tour-Karawane anrollt. Zwei große baskische Fahnen wollen die beiden bei der Auffahrt des Pelotons in die Kameras halten, aus ihrer Heimatregion kamen stets hervorragende Kletterer, von Iban Mayo bis Joseba Beloki. In diesem Jahr ist Pello Bilbao bei Bergetappen stets ein Kandidat. Aber daneben ist noch ein anderer Baske in wichtiger Funktion dabei: Inigo San Millan, der Arzt des Teams UAE Emirates, für das der Gesamtführende Tadej Pogacar fährt.

Es war eine brutale Premiere, die sich die Streckenplaner für Mittwoch ausgedacht hatten: Gleich zweimal ging es den mythischen Mont Ventoux hinauf, erst auf der leichteren und danach auf der schwereren Seite - und das führte zu einem Rennmoment, wie er bei der diesjährigen Tour noch nicht zu sehen war. Denn beim Ausreißersieg des Belgiers Wout Van Aert (Jumbo-Visma) verlor der bisher so überragende Gelb-Träger Pogacar zwar keine Zeit auf seine härtesten Klassement-Rivalen. Aber zwischenzeitlich war der Slowene mal abgehängt.

Bei der zweiten Auffahrt auf den Ventoux attackierte der junge Däne Jonas Vingegaard, und nach ein paar Hundert Metern konnte Pogacar ihm nicht mehr folgen. Bis zum Gipfel erarbeitete sich Vingegaard sogar stolze 38 Sekunden Vorsprung, doch zum Leidwesen des Jumbo-Fahrers war an diesem Tag der doppelten Ventoux-Besteigung nicht oben Schluss - sondern stand noch eine 22 Kilometer lange Abfahrt nach Malaucène an. Der Teamkollege Van Aert vorne, ein begnadeter Tempomacher, konnte nicht warten, weil er sonst seinen Tagessieg hergeschenkt hätte. Also musste es Vingegaard alleine in der Abfahrt versuchen - und hatte keine Chance gegen das Verfolger-Trio, in dem sich neben Pogacar auch noch die Podiumsanwärter Richard Carapaz (Ecuador/Ineos) und Rigoberto Uran (Kolumbien/EF) versammelten. Kurz vor dem Ziel war Vingegaard eingeholt.

5:18 Minuten - der Führende baut seinen Vorsprung dennoch aus

"Es war superhart heute, superheiß, superanstrengend. Die Gegner waren superstark auf den beiden superschweren Anstiegen. Ich musste supertief an meine Leistungsgrenze gehen", sagte Pogacar: "Als ich Vingegaard ziehen ließ, habe ich versucht, ruhig zu bleiben, weil ich wusste, dass es nicht mehr lang ist bis zum Gipfel." Formal hat der Slowene seinen Vorsprung sogar ausgebaut, weil der bisherige Gesamtzweite Ben O'Connor wie erwartet ordentlich Zeit verlor; jetzt sortieren sich Uran (5:18 Minuten zurück), Vingegaard (5:32) und Carapaz (5:33) direkt hinter ihm ein. Weiter gute Chancen auf das Podium hat allerdings auch Wilco Kelderman, der Kapitän der deutschen Bora-Equipe, der in Malaucène nur 18 Sekunden nach der Pogacar-Gruppe ins Ziel kam und im Klassement nun 6:16 Minuten zurückliegt. Die französische Podiums-Hoffnung David Gaudu hingegen brach ein.

In den nächsten Tagen dürfen die Klassementfahrer darauf hoffen, dass sie nicht allzu stark gefordert werden. Das Profil ist etwas für Sprinter und Ausreißer. Aber von Sonntag an geht es in die Pyrenäen, und in der nächsten Woche stehen gleich zwei Etappen an, die wohl noch schwerer sind als der Ventoux-Tag. Einmal liegt das Ziel auf dem Col de Portet - und einen Tag später wartet das Doppel aus Tourmalet und Luz Ardiden.

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