Kolumne „Am Straßenrand“:Die Macht der gelben Schilder

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Eine Herausforderung für sich: Bevor das Peloton heranrauscht, zwängt sich der Begleittross der Tour de France über Teile der Rennstrecke Richtung Ziel. (Foto: Zuma Press Wire/Imago)

Wer braucht schon ein Navigationsgerät, wenn die Tour de France den Weg weist? Niemand! Bis auf einmal die Zuschauer ausbleiben.

Von Johannes Aumüller

Bei der Tour de France helfen nur die Schilder am Straßenrand. Das Navi, Google Maps, dieser ganze KI-Kram, die können alle einpacken, wenn die Frankreich-Rundfahrt erst mal zeigt, was in ihr steckt. Bei der Tour muss ja nicht nur das Peloton jeden Tag von A nach B, sondern auch der ganze Begleittross. Und das ist gar nicht so einfach, weil für das Rennen etliche Straßen gesperrt werden müssen; und Gott bewahre, wenn es erst mal in die Berge geht, auf die kaum eine Straße hinaufführt.

Die Tour-Organisatoren entwickeln deshalb für jeden Tag eine präzise Route, auf der Autos aus dem Begleittross gut vom Start ans Ziel kommen können. Und um diese Route nachvollziehen zu können, helfen nur zwei Dinge: das sogenannte Roadbook mit allen Karten und allen wesentlichen Informationen – und die Schilder, die die Tour-Macher extra am Straßenrand aufhängen. Diese Schilder muss man wirklich sehr genau beachten. Dazu gehört es auch, ihren Anweisungen zu folgen, selbst wenn diese wie ein Umweg wirken – die Macher der Tour haben sich schon was dabei gedacht.

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Meist folgt man als Teil des Begleittrosses einem Pfad, der die Rennstrecke umfährt und der mit orangefarbenen Schildern ausgeflaggt ist. Manchmal fährt man auch ein Stück über die Strecke, auf der ein paar Stunden später das Peloton vorbeisaust und die mit vielen kleinen gelben Schildern markiert ist. Und manchmal wechselt die Route ständig zwischen Umfahrungsstrecke und Rennstrecke, also zwischen orangefarbenen und gelben Schildern – so wie in der finalen Tour-Woche auf dem Weg nach Superdévoluy in den Alpen.

Richtig schöne kleine Straßen sind das kurz vor dem Ziel. Ein Navi ist einfach überfordert bei so viel Hin und Her; es bleibt aber eingeschaltet, um den groben Überblick darüber zu haben, wie lange die Anreise noch dauert. Man folgt also brav den orangefarbenen Schildern beziehungsweise irgendwann den gelben Schildern. Da kann das Navi noch so oft der Meinung sein, man möge die nächste Straße scharf rechts abbiegen; wenn da vorne ein gelbes Tour-Schild geradeaus anzeigt, fährt man geradeaus.

Plötzlich geht das Navi doch zu weit

Ein wenig seltsam ist das dann aber schon, denn irgendwann zeigt das Navi eine frappierend wachsende Distanz zum Ziel an. Aber gut, hier ist eh alles etwas seltsam in der Nähe des Superdévoluy. Da steht auch kaum ein Zuschauer an der Rennstrecke, wie es sonst der Fall ist, je näher man dem Ziel kommt, allenfalls ein versprengter Wohnwagen. Ah, da vorne ist das nächste gelbe Schild.

Und plötzlich geht das Navi doch zu weit. Da verkündet es, man nähere sich einer Nationalstraße. Eine Nationalstraße? Hier, in dieser Ecke der Alpen? Ein Blick auf die Karte hilft: Diese gelben Schilder, die als Orientierung dienten, hatten die Organisatoren schon für die Etappe des nächsten Tages aufgehängt. Also einmal umgedreht und ab zurück Richtung Superdévoluy. Das Navi kennt schon den schnellsten Weg.

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