Tour de France in der ARD:Öffentlich-rechtliche Bewährungshelfer
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Dass die ARD in diesem Jahr die Tour de France wieder überträgt, ist riskant. Die Rad-Szene hat bisher wenig Signale der Läuterung gezeigt. Immerhin unterstützt das Fernsehen so eine neue Generation deutscher Fahrer.
Kommentar von Klaus Hoeltzenbein
Es heißt, die Nachrichten aus dem Dezember hätten die Intendanten der ARD noch einmal zweifeln lassen. Kurz vor Weihnachten waren Dokumente aus der Staatsanwaltschaft Padua öffentlich geworden, die die Vorgänge um den italienischen Arzt Michele Ferrari beleuchten. Ferrari war bereits 2006 von Italiens Radsportverband, der gewiss nicht den besten Leumund hat, mit einer lebenslangen Sperre belegt worden.
Trotzdem konnte die Staatsanwaltschaft eine Liste mit den Namen von 38 Radprofis fertigen, die 2010 und 2011 Kontakt zu Ferrari (Künstlername: Dottore Epo) gesucht hatten. Darunter seien 17 Namen aus dem vom Staat Kasachstan alimentierten Astana-Team.
Nahezu zeitgleich kapitulierte der Radsport-Weltverband UCI vor seinen eigenen Regeln: Dem Astana-Team um den Tour-de-France-Sieger von 2014, Vincenzo Nibali aus Italien, wurde im Dezember die Lizenz für die kommende Saison erteilt. Trotz insgesamt fünf positiver Dopingtests, die sich im Vorjahr direkt auf das Astana-Gebilde beziehen ließen. Grund: Ein Lizenzentzug aufgrund jener Doping-Vergehen wäre zivil-juristisch nicht durchsetzbar gewesen. Allerdings, so UCI-Chef Brian Cookson, fahre Astana jetzt "auf Bewährung".
"Auf Bewährung", so lautet auch ein Baustein in den Rechtfertigungen der ARD vom Wochenende, werde die Tour de France 2014 wieder ins Programm gehievt. Nicht mehr als Rundum-Berichterstattung wie einst in der verklärten Ära des Jan Ullrich, sondern als Kompaktprogramm täglich zum Etappenfinale von 16 bis 17.30 Uhr.
Die ARD, die ein Solo ohne das ZDF startet und den Themenwechsel dem Gebührenzahler schmackhaft machen muss, argumentiert vorrangig mit der deutschen Radsport-Szene. Dort, so heißt es, seien die Anti-Doping-Anstrengungen größer als in anderen Disziplinen. Zudem wolle man eine Sportart nicht mehr ausblenden, in der eine neue Profi-Generation Erfolge feiere - repräsentiert durch Tony Martin, Marcel Kittel und André Greipel.
Das alles mag so sein, nur sind im Feld der Tour die sauberen und unsauberen Ausdauerleister nicht zu trennen. Da ist es gewagt, sich in ein Milieu zurückzuschalten, es öffentlich mitzufinanzieren, das seit dem Skandal um das Festina-Team bei der Tour 1998 nie den Eindruck stärken konnte, es habe Kraft und Wille zur Erneuerung. Man kann der ARD zu Gute halten, dass sie neben einer starken TV-Quote auch einen Job als Bewährungshelfer anstrebt. Nur ist eines nicht zu verdrängen: Nirgendwo ist die Rückfallquote höher als im Radsport.