Tour-de-France-Fahrer Buchmann:"Ich bin nun bei den Allerbesten angekommen"

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Schüchtern, aber nicht deplaziert: Emanuel Buchmann. (Foto: dpa)
  • Radprofi Emanuel Buchmann gilt als eines der größten deutschen Radsport-Talente.
  • Der 24-Jährige beendete das Criterium du Dauphiné als bester Nachwuchsfahrer, bei der deutschen Meisterschaft belegte er den zweiten Rang.
  • Bei der 104. Tour de France soll sein Aufstieg in die Weltelite des Radsports fortgeführt werden.

Von Johannes Knuth, München

Emanuel Buchmann wirkte schüchtern, fast ein wenig verloren, als habe er sich versehentlich auf dem Podium verirrt. Aber es kamen dann doch keine Sicherheitskräfte, die den schmächtigen Fahrer von der Siegerehrung beim Criterium du Dauphiné abführten. Buchmann hatte sich die Ehrung ja schon verdient. Er hatte das schwere, achtteilige Etappenrennen just als bester Nachwuchsfahrer beendet, er war in der Gesamtwertung auf Rang sieben vorgestoßen, die Spitzenkräfte in Sichtweite.

"Ich bin glücklich, dass ich mit den besten Fahrern mithalten konnte", sagte er so bescheiden, wie er die Prämierung über sich hatte ergehen lassen. Später richtete er aus: "Einfach unbeschreiblich, was da heute passiert ist." Als wolle er sicherstellen, dass er sich schon auch ordnungsgemäß freue über den bislang besten Ertrag seines jungen Radsportlerlebens.

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Die Generalproben für die 104. Tour de France sind weitgehend abgeschlossen, und es hätte in den letzten Tagen durchaus schlechter laufen können für die deutschen Fahrer und Teams. Vor allem für Bora-hansgrohe. Die Aufsteiger aus Raubling erleben im ersten Jahr ihrer WorldTour-Mitgliedschaft bislang eine beachtliche Saison, sie gewannen zuletzt sieben Rennen in acht Tagen, ihr Kapitän Peter Sagan (Slowakei) sicherte sich bei der Tour de Suisse zwei Etappen und das Trikot des besten Sprinters. Sprinter Marcel Kittel (Qickstep-Floors) schaffte derweil in den Niederlanden seinen neunten Saisonsieg, Phil Bauhaus (Sunweb) gewann bei der Dauphiné eine Etappe.

Einer der Allerbesten

Das Ressort der Sprinter war im deutschen Radsport zuletzt freilich immer stark besetzt, mit Kittel und André Greipel; auch um die Abteilungen für mittelschwere Etappen (John Degenkolb) und das Zeitfahren (Tony Martin) stand es gut. Recht neu ist, dass das Ressort Berg/Gesamtwertung vermehrt von sich reden macht, zehn Jahre nach Jan Ullrichs unrühmlichem Abschied. "Ich bin nun bei den Allerbesten angekommen", sagte Buchmann zuletzt, so nüchtern wie treffend.

Dass der 24-Jährige aus Ravensburg das irgendwann einmal von sich behaupten würde, damit hatten sie in seiner Auswahl gerechnet. Aber dass es schon so gut bei der Dauphiné klappt, das "war dann doch ein bisschen überraschend", sagt Sportdirektor Enrico Poitschke. Buchmann gestaltete die Rennen selbstbewusst mit, brach nie ein, attackierte, als die Konkurrenz nicht so sehr auf ihn achtete, noch nicht. Am letzten Tag traf er nach vier schweren Anstiegen vor Christopher Froome, Alejandro Valverde und Alberto Contador auf dem Plateau de Solaison ein. Vor den Allerbesten halt.

Ganz so schnell wird Buchmann sich in der Elite freilich nicht festbeißen, er soll langsam eingelernt werden, das ist ihnen bei Bora wichtig. Aber bald, in ein, zwei Jahren, hätten sie nichts dagegen, wenn er sich öfters bei bedeutsamen Siegerehrungen einfindet. Buchmann ist kein Freigeist wie sein Teamkollege und zweimaliger Weltmeister Sagan, der wenig von strikten Trainingsplänen hält, TV-Reporterinnen schon mal mitteilt, dass seine Kraft auf dem Rad aus seinen Lenden käme und auch sonst das Ressort Unterhaltung zuverlässig besetzt.

"Er ist ein ruhiger Typ, als Rennfahrer und privat", sagt Poitschke über Buchmann. Dafür fahre er clever, höre auf das, was man ihm vorgibt, im Rennen und im Training. Zuletzt setzten sie ihn vermehrt dem Höhentraining aus - offenkundig mit Erfolg. Er versuche, aus jedem Training das Beste herauszutragen, "locker durchrollen, das macht er nicht", sagt Poitschke. Und: "Er hat eine besondere Veranlagung." Buchmann, 62 Kilo, 1,81 Meter, könne über drei Wochen schnell regenerieren und wieder Höchstleistungen erschaffen, nicht nur am Berg, auch im Zeitfahren. "Solche Fahrer", sagt Poitschke, "haben wir nicht oft in Deutschland."

Niemand fährt den Berg schneller rauf, als er

Teammanager Ralph Denk findet gar: "Er ist im Moment der beste deutsche Bergfahrer, und es ist auch niemand in Sicht, der schneller den Berg rauffährt als er." Bei der diesjährigen Tour soll er diese Kompetenzen noch als Lehrling einbringen, er soll Rafal Majka zuarbeiten; der Pole will die Tour im Kreis der zehn besten Fahrer beschließen. Die Rundfahrt beginnt am 1. Juli in Düsseldorf, es ist der erste Auftakt in Deutschland seit 30 Jahren.

Ob das reicht, um beim deutschen Publikum eine neue Euphorie zu entfachen, wie es die Teams und Tour-Veranstalter ASO seit Jahren versuchen? Der Radsport, vor allem die Fahrer für die Gesamtwertung, zogen auch in den vergangenen Jahren viele Zweifel auf sich - was man Buchmann freilich schwer anlasten kann. Sein kontinuierlicher Aufstieg wirkt zumindest plausibel; im Vorjahr wurde er in Frankreich 21. in der Gesamtwertung.

Am vergangenen Wochenende wurde er in Chemnitz noch mal Zweiter bei den deutschen Meisterschaften und untermauerte damit seine Leistung von vor zwei Jahren, als er überraschend gewann. Jetzt also Düsseldorf, wo sie seit Wochen massiv die Tour bewerben. Buchmann ist jetzt ein Gesicht, so wie das nun mal ist, wenn man bei den Allerbesten angekommen ist, Helfer hin oder her. Der 24-Jährige sagt: "Ich freue mich sehr darauf."

© SZ vom 21.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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