Tour de France:Pogacars psychologische Attacke

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Der nächste Stich für den Hauptkonkurrenten: Der Gesamtführende Tadej Pogacar setzt sich ab und Jonas Vingegaard kann nicht folgen. (Foto: Jerome Delay/AP)

Auf der ersten Alpenetappe versetzt Tadej Pogacar seinem Rivalen Jonas Vingegaard den nächsten Stich. Zwar baut er seinen Vorsprung nur um zwei Sekunden aus – doch er unterstreicht, dass er dieses Jahr der stärkste Fahrer ist.

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Das Ziel war schon ganz nahe, und die Zuschauer rechts und links der Straße klatschten wie wild auf die Sponsorenbanden, um den Radheroen einen würdigen Empfang zu verschaffen. Da war der Moment gekommen, in dem Tadej Pogacar noch einmal antrat. Es war keiner dieser Antritte, der dazu dienen soll, noch einen großen zeitlichen Vorsprung herauszufahren – dafür war die Ziellinie viel zu nahe. Aber es war einer dieser Antritte, der einem Rivalen einen psychologischen Stich versetzen kann.

Zwei Sekunden schneller als Vingegaard beendete Pogacar schließlich die 17. Etappe der Tour de France. In präzise messbaren Zahlen ausgedrückt beträgt sein Vorsprung vor den letzten vier Prüfungen 3:11 Minuten. In nicht ganz so präzise messbaren Kategorien ist er eher noch größer; zu stark wirkt Pogacar in diesem Jahr.

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Es hatten auf diesen knapp 178 Kilometern zwischen Saint-Paul-Trois-Châteaux und Superdévoluy mal wieder zwei Rennen in einem stattgefunden – wie so oft bei mittelschweren Etappen zu diesem Zeitpunkt einer Tour. Eine große Gruppe mit Fahrern, die im Gesamtklassement keine großen Ambitionen mehr haben, löste sich und machte den Sieg unter sich aus – diesmal erwies sich der Ecuadorianer Richard Carapaz als der stärkste. Und im Peloton schauten alle gespannt, was die beiden Hauptdarsteller Pogacar und Vingegaard so treiben würden.

Vingegaards Team Visma versucht der Überlegenheit von Pogacars mit mannschaftlicher Geschlossenheit beizukommen

Dabei zeigte sich einmal mehr, wie Vingegaards Team Visma daran arbeitet, der offenkundigen Überlegenheit Pogacars mit mannschaftlicher Geschlossenheit beizukommen. Im flachen Teil der Etappe versuchten sie, eine schwierige Windsituation auszunutzen. Und als Pogacar am schwersten Berg des Tages rund fünf Kilometer vor dem Ziel das erste Mal attackierte und Vingegaard um bis zu 20 Sekunden distanzierte, war auf einmal Christophe Laporte zur Stelle, um seinem Kapitän zu helfen. Der war extra in der Ausreißergruppe des Tages platziert worden, um für solche Situationen als Notfalllösung bereitzustehen.

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Aber es offenbarte sich auch: Ohne Hilfe des Kollegen wäre Vingegaard in der Situation nicht mehr herangekommen. Bei Pogacars Attacke auf den letzten Metern konnte Laporte natürlich auch nicht mehr helfen. Und so muss Vingegaard auf den letzten Etappen aufpassen, dass er in der Gesamtwertung nicht noch abrutscht. Der drittplatzierte Belgier Remco Evenepoel (Soudal) war nämlich noch ein paar Sekunden vor Pogacar ins Ziel gefahren und verringerte seinen Rückstand auf Vingegaard auf 1:58 Minuten.

Am Donnerstag steht auf dem Weg nach Barcelonnette eine hügelige Etappe mit fünf Bergwertungen der dritten Kategorie an; es dürfte ein Tag für die Ausreißer werden, nicht für die Spitzenkräfte des Pelotons. Doch danach warten noch zwei richtig schwere Alpenetappen mit Bergankünften auf dem Isola 2000 und dem Col de la Couillole – und zum Abschluss am Sonntag ein Einzelzeitfahren nach Nizza.

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